Leitsatz

Einen Steuerpflichtigen trifft kein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden steuerrelevanter Tatsachen oder Beweismittel, wenn die amtlichen Steuerformulare unübersichtlich gestaltet sind und sich die steuerliche Relevanz der Sachverhalte daher nicht aufdrängt. Dies kann auch dann gelten, wenn in den Erläuterungen zu den Steuerformularen zwar Hinweise enthalten sind, diese aber erst ganz am Ende einer Anlage zu finden sind.

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte in seiner Einkommensteuerklärung für 2008 Unterhaltsleistungen an die mit ihm zusammenlebende Mutter seines Sohnes nicht als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33a Abs. 1 EStG deklariert. Nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides beantragte er nachträglich die steuerliche Geltendmachung der Unterhaltsleistungen. Der Antrag wurde vom Finanzamt mit der Begründung zurückgewiesen, dass den Kläger am nachträglichen Bekanntwerden ein grobes Verschulden treffe. Hiergegen brachte der Kläger vor, dass er weder § 33a EStG gekannt habe, noch ihm bewusst war, dass er zu den Unterhaltszahlungen verpflichtet war. Zudem seien im Mantelbogen 2008 im Gegensatz zu den Erklärungsvordrucken für 2003 keine detaillierten Fragen zu Unterhaltszahlungen aufgeführt.

 

Entscheidung

Das Gericht gab dem Kläger Recht und erlaubte einen nachträglichen Abzug der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastungen. Gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO können Steuerbescheide nachträglich zugunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, wenn diesen am verspäteten Bekanntwerden der Tatsachen oder Beweismittel kein grobes Verschulden trifft. Ein Steuerpflichtiger handelt zwar grob schuldhaft, wenn er eine ausdrücklich im Steuererklärungsformular gestellte Frage nicht beantwortet. Sowohl der Mantelbogen 2008 als auch der Hauptvordruck für das Elsterformular 2008/2009 enthält bezüglich Unterhaltszahlung an bedürftige Personen aber lediglich den Hinweis auf die Anlage U. Da in der Hilfe zur Anlage U keine Hinweise auf eine Absetzbarkeit von Zahlungen an die Mutter eines gemeinsamen Kindes enthalten sind, habe für den Kläger kein Anlass bestanden, die gesamte Anlage U genau zu lesen. Eine steuerliche Abzugsfähigkeit der Unterhaltsleistungen hatte sich für den Kläger daher nicht aufdrängen müssen.

 

Hinweis

Verwendet ein Steuerpflichtiger zur Erstellung seiner Steuererklärung dagegen nicht amtliche Steuersoftware und unterlässt er aufgrund einer unübersichtlichen Menüführung die Angabe steuerrelevanter Sachverhalte, ist eine Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide zu seinen Gunsten allerdings nicht möglich (Vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.8.20113, K 2674/10).

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil vom 27.09.2011, 1 K 43/11

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?