Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Führt ein ausländischer Unternehmer im Inland steuerbare und steuerpflichtige Leistungen aus, kann die Steuerschuldnerschaft unter weiteren Voraussetzungen auf den Leistungsempfänger übergehen (Reverse-Charge-Verfahren). Dies betrifft die folgenden Leistungen:
- Werklieferungen oder sonstige Leistungen gegenüber einem Unternehmer oder einer juristischen Person sowie
- Lieferungen von Gas, Elektrizität, Fernwärme oder -kälte gegenüber einem Unternehmer.
Ein ausländischer Unternehmer ist dabei ein Unternehmer, der im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem in § 1 Abs. 3 UStG aufgeführten Gebiet (Freihäfen und Küstenstreifen zwischen der jeweiligen Strandlinie und der Hoheitsgrenze) weder einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat.
Der Unternehmer ist auch dann als ausländischer Unternehmer anzusehen, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland hat, seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Ausland hat.
Ist es zweifelhaft, ob es sich bei dem leistenden Unternehmer um einen ausländischen Unternehmer handelt, schuldet der Leistungsempfänger unter den weiteren Voraussetzungen nur dann nicht die Umsatzsteuer für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung, wenn der leistende Unternehmer ihm durch eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Finanzamts nachweist, dass er kein ausländischer Unternehmer nach dieser Regelung ist. Im Ergebnis ist dadurch die Umkehr der Beweislast zugunsten des Finanzamts umgesetzt.
Für die Frage, ob es sich um einen ausländischen Unternehmer handelt, kommt es immer auf den Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes an.
Das BMF hat das Vordruckmuster USt 1 TS, mit dem das zuständige Finanzamt einem Unternehmer bescheinigt, dass es sich nicht um einen ausländischen Unternehmer handelt, neu herausgegeben. Es handelt sich bei der Herausgabe des neuen Vordrucks im Wesentlichen um redaktionelle Änderungen, die die in den vergangenen Monaten eingetretenen gesetzlichen Änderungen mit aufnehmen.
Konsequenzen für die Praxis
Für einen Unternehmer ist es oftmals schwierig zu erkennen, ob der Unternehmer, der an ihn eine Leistung erbringt, ein ausländischer Unternehmer ist oder nicht. Da in Zweifelsfällen davon auszugehen ist, dass es sich bei dem leistenden Unternehmer um einen ausländischen Unternehmer handelt, sollte der Leistungsempfänger sich die Bescheinigung USt 1 TS von dem Leistungserbringer vorlegen lassen.
In der Bestätigung wird unterschieden, ob der leistende Unternehmer im Inland ansässig ist – in diesem Fall gilt der leistende Unternehmer grundsätzlich nicht als ausländischer Unternehmer – oder ob er eine Betriebsstätte im umsatzsteuerrechtlichen Sinne im Inland unterhält.
Wird die Leistung von einem Unternehmer ausgeführt, der zwar seinen Sitz im Ausland hat, im Inland aber über eine Betriebsstätte verfügt, gilt der leistende Unternehmer dann nicht als ausländischer Unternehmer, wenn an der Ausführung der Leistung die inländische Betriebsstätte beteiligt ist.
Eine Betriebsstätte alleine macht einen ansonsten im Ausland ansässigen Unternehmer aber nicht grundsätzlich zu einem "inländischen" Unternehmer. Führt der Unternehmer eine Leistung von seinem ausländischen Sitz aus, wird aber die Leistung unter der USt-IdNr. der inländischen Betriebsstätte abgerechnet, gilt die inländische Betriebsstätte als an dem Umsatz beteiligt, sodass der Leistungsempfänger nicht zum Steuerschuldner nach § 13b UStG wird (Art. 53 MwStSystRL-DVO).
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 10.12.2013, IV D 3 – S 7279/10/10002, BStBl 2013 I S. 1623