Entscheidungsstichwort (Thema)
Einwendungen gegen die Höhe des Einkommens einer Organgesellschaft nur durch Organträger im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung
Leitsatz (redaktionell)
- Einwendungen gegen die Höhe des Einkommens der Organgesellschaft kann nur die Organträgerin im Rahmen ihrer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung vorbringen.
- Die entgegenstehende Auffassung, wonach der gegenüber der Organgesellschaft erlassene Körperschaftsteuerbescheid hinsichtlich der Ermittlung und Zurechnung des der Organträgerin zuzurechnenden Einkommens einen Grundlagenbescheid für die Besteuerung der Organträgerin bildet, übersieht, dass Grundlagenbescheide nur vorliegen, wenn die Bindungswirkung ausdrücklich durch das Gesetz angeordnet ist. Das ist bei einer Organschaft aber weder in § 14 KStG noch in den §§ 179 ff. AO der Fall.
Normenkette
KStG § 16
Streitjahr(e)
1995, 1996
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Klägerin aufgrund von im Dezember ausgegebenen Dienstleistungsgutscheinen Verbindlichkeiten oder Rückstellungen in ihren Bilanzen ausweisen durfte.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Friseursalons betreibt. Seit 1992 besteht ein gewerbesteuerliches und seit 1995 ein körperschaftsteuerliches Organschaftsverhältnis zu der Firma K Holding GmbH & Co. KG als Organträgerin. Diese streitet im noch nicht entschiedenen Verfahren…ebenfalls um die Anerkennung der Rückstellungen bei der Organgesellschaft und eine entsprechend niedrigere Einkommenszurechnung.
Im Dezember 1995 hat die Klägerin erstmals im Rahmen einer Werbeaktion Gutscheine im Wert von 10,00 DM verteilt, wobei jeder Kunde pro Besuch einen Gutschein erhielt. Die Gutscheine konnten im folgenden Monat auf das Entgelt für eine beliebige von der Klägerin zu erbringende Friseurdienstleistung angerechnet werden. Pro Besuch konnte nur ein Gutschein eingelöst werden. Eine Barauszahlung war ausgeschlossen.
Im Dezember 1996 weitete die Klägerin die Werbeaktion aus. Pro Friseurbesuch wurden jeweils zwei Gutscheine an die Kunden verteilt, von denen jeweils einer im Januar und einer im Februar des Folgejahres eingelöst werden konnte.
Im Hinblick auf die zu erwartenden Erlösminderungen bildete die Klägerin Rückstellungen in Höhe von…DM auf den 31. Dezember 1995 und in Höhe von ... DM auf den 31. Dezember 1996. Im ersten Fall ging sie von dem Betrag der im Jahr 1996 tatsächlich eingelösten Gutscheine, im zweiten Fall von dem Gesamtbetrag der gedruckten und an die Filialen weitergeleiteten Gutscheine aus.
Nach einer Außenprüfung, vertrat die Prüferin die Ansicht, dass die Rückstellungsbildung zu Unrecht erfolgt sei. Die mit der Ausgabe der Gutscheine verbundenen Erlösminderungen seien wirtschaftlich nicht dem Ausgabe-, sondern dem Einlösejahr zuzurechnen. Auf Grundlage dieser Rechtsansicht erließ das Finanzamt (FA) unter dem 9. Juni 1999 geänderte Steuerbescheide.
Gegen die Nichtberücksichtigung der Rückstellungen wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Sie macht zunächst geltend, dass die durch die Ausgabe der Gutscheine begründeten Verpflichtungen als Verbindlichkeiten zu passivieren seien. Verbindlichkeiten seien alle Verpflichtungen gegenüber Dritten, die nach Grund und Höhe feststünden und eindeutig quantifizierbar seien. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt. Bei den ausgegebenen Gutscheinen handele es sich zivilrechtlich um Wertpapiere (Inhaberpapiere) im Sinne des § 807 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), die dem Inhaber den Anspruch auf Einräumung eines Preisnachlasses gewährten. Die den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegende Auffassung des FA, dass Gegenstand einer Leistungsverpflichtung nach § 807 BGB nur eine Sachleistung sein könne, stehe im Widerspruch zu den zivilrechtlichen Gegebenheiten. Tauglicher Gegenstand eines nach § 807 BGB verbrieften Anspruchs könne jedes bestimmte oder bestimmbare Verhalten, also auch die Gewährung eines Preisnachlasses, sein. Unerheblich sei auch, dass der Anspruch auf den Preisnachlass erst im jeweiligen Folgejahr geltend gemacht werden könne. Dies betreffe lediglich die Fälligkeit, nicht aber die Entstehung des Anspruchs.
Doch selbst wenn man die Entstehung der Verbindlichkeit in das Folgejahr verlagere, sei jedenfalls eine entsprechende Rückstellung zu passivieren. Eine Verbindlichkeitsrückstellung sei immer dann zu bilden, wenn zum Bilanzstichtag eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten entweder rechtlich entstanden oder zumindest wirtschaftlich verursacht sei und damit gerechnet werden müsse, dass der Steuerpflichtige hieraus in Anspruch genommen werde. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall vor.
Entgegen der Auffassung des FA könne die Rückstellungsbildung nicht deshalb versagt werden, weil die Ausgabe der Gutscheine auf die Gewinnung von Kunden im Folgejahr gerichtet sei. Verbindlichkeiten seien nicht deshalb von der Passivierung ausgeschlossen, weil sie mit dem Ziel der Ste...