Leitsatz (amtlich)
1. Für die Begründung eines dinglichen Ankaufrechts des Erbbauberechtigten gem. § 2 Nr. 7 ErbbauRG ist es nicht erforderlich, dass das Recht als solches im Erbbaugrundbuch ausgewiesen ist; es genügt gem. § 14 Abs. 1 S. 3 ErbbauRG die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung.
2. Zur Auslegung eines notariellen Vertrages, wenn zwischen den Parteien im Streit steht, ob das vereinbarte Ankaufsrecht dinglicher Natur ist.
Normenkette
ErbbauRG §§ 2, 14
Verfahrensgang
LG Detmold (Aktenzeichen 2 O 25/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 09.07.2021 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Detmold abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, der Übertragung des Grundstücks G01, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Detmold für A, Bl. Bl01, Gemarkung A, Flurstück Flst01, Flur F01, Größe: 502 qm, auf die Kläger zu je 1/2 ideellem Miteigentumsanteil zuzustimmen (Auflassung) und die Eintragung der Kläger als Eigentümer im Grundbuch, lastenfrei in Abt. 3 und in Abt. 2 nur mit den Rechten Nr. 1 und 2. belastet, zu bewilligen, Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 74.231,36 EUR.
Die Beklagte trägt die Kosten I. und II. Instanz.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Kläger wegen der Kosten des Rechtsstreits durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten. Im Übrigen darf die Beklagte die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110.000 EUR abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Ausübung eines Ankaufsrechts über das im Tenor näher bezeichnete Grundstück durch die Kläger.
Im Erbbaurechtsvertrag vom 22.10.2010 (UR-NR. 502/2010 des Notars B in A), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 7 ff. GA), hat der damalige Eigentümer des streitgegenständlichen Grundbesitzes G01 in Ziff. II § 13 den damaligen Erbbaurechtsberechtigten ein Ankaufsrecht für das Grundstück nach 10 und nach 20 Jahren eingeräumt.
Im Jahr 2012 ließ der damalige Eigentümer - der Ehemann der Beklagten - das Grundstück auf die Beklagte auf.
Am 24.08.2018 kauften die Kläger von den damaligen Erbbauberechtigten das Erbbaurecht. § 7 dieses Vertrages, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 23 ff. GA), regelt, dass die Kläger sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Erbbaurechtsvertrag übernehmen.
Die Beklagte stimmte dem Erwerb des Erbbaurechts durch die Kläger nur mit der Maßgabe zu, dass die Übernahme der ihrer Ansicht nach rein schuldrechtlichen Vereinbarung gem. § 13 des Erbbaurechtsbestellungsvertrags vom 22.10.2010 ausgenommen blieb (Bl. 38 GA).
Die Kläger stellten am 22.10.2020 schriftlich ein Kaufverlangen, welches die Beklagte ablehnte.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Verkaufsverpflichtung im notariellen Vertrag sei nicht auf die Beklagte übergegangen. Diese Verpflichtung habe nicht den jeweiligen Eigentümer verpflichten sollen. Dies ergebe sich aus der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) des Erbbaurechtsvertrages. Der Wortlaut spreche gegen eine dingliche Wirkung, da in Ziff. II. § 13 von "Eigentümer" und "Erbbauberechtigten" und - im Unterschied zu Ziff. I § 7 - nicht von "jeweiliger Eigentümer" und "jeweiliger Erbbauberechtigter" gesprochen werde. Zudem sei das in Ziff. I § 7 vereinbarte Vorkaufsrecht grundbuchlich abgesichert worden, die Verkaufsverpflichtung des Eigentümers aber gerade nicht.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes inkl. der erstinstanzlichen Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge vollständig weiter. Das Landgericht habe keine Hinweise erteilt, zu welcher Auslegung es tendiere. Bei einem entsprechenden Hinweis hätten sie die Eheleute C (vorherige Erbbauberechtigte) zu ihrem Verständnis der Klausel als Zeugen benannt. Diese hätten die Klausel so verstanden, dass das Ankaufsrecht auch etwaigen Rechtsnachfolgern zustehen sollte. Das Landgericht habe nicht gewürdigt, dass die ursprünglichen Erbbauberechtigten ihre (sämtlichen) Rechte an die Kläger abgetreten hätten. Die Auslegung des Landgerichts sei unvollständig. Es habe nur den Wortlaut gewürdigt. Das Landgericht habe die Interessen der ursprünglichen Erbbaurechtsberechtigten nicht hinreichend gewürdigt. Diese hätten ein Interesse daran gehabt, auch ein übertragbares Ankaufsrecht zu erhalten. Zudem hätte der Eigentümer bei einer nur schuldrechtlichen Wirkung sich - wie erfolgt - des Ankaufsrechts durch Übertragung des Grundstücks entledigen können. Er habe noch am Tage der Beurkundung des Erbbaurechtsvertrages das Grundstück übertragen. Das Landgericht habe bei der Auslegung auch ihren Vortrag übergangen und rechtsfehlerhaft die Ab...