Bis 31.12.2021 galt, dass der – ganz oder teilweise – Verkauf von mit einer Photovoltaikanlage erzeugten Strom ein wirtschaftliches Handeln darstellt. Diese Tätigkeit ist steuerlich als ein Gewerbebetrieb zu werten. Der aus diesem Betrieb erzielte Gewinn oder Verlust führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG, denn der Betreiber einer Photovoltaikanlage ist selbstständig und nachhaltig tätig. Zudem beteiligt er sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, da er nach außen hin in Erscheinung tritt und das erzeugte Produkt einer – wenn auch begrenzten – Allgemeinheit anbietet. Damit ist grundsätzlich der Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschritten.
3.1 Steuerbefreiung
Daran hat sich auch aktuell nichts geändert. Jedoch sind die mit einer kleineren Photovoltaikanlage erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb nunmehr steuerfrei.
Denn mit steuerlicher (unechter) Rückwirkung ab 1.1.2022 hat der Gesetzgeber eine neue Steuerbefreiung in § 3 Nr. 72 EStG geschaffen. Diese Norm regelt, dass ab 2022 Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer kleineren Photovoltaikanlage von der Einkommensteuer befreit sind.
Betroffene Einnahmen und Entnahmen
Die Steuerfreiheit gilt für alle Einnahmen und Entnahmen einer begünstigten (kleineren) Photovoltaikanlage. Dabei ist es unerheblich, ob der Strom ganz oder teilweise ins Netz eingespeist oder selbst verbraucht wird, zum Aufladen eines privaten oder betrieblich genutzten E-Autos verbraucht oder von Mietern genutzt wird. Denn die Steuerbefreiung gilt unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms. Irrelevant ist auch, ob das Haus bzw. eine Wohnung vermietet oder selbst zu Wohnzwecken genutzt wird.
Zu den Einnahmen gehört die Verwendung des erzeugten Stroms für betriebsfremde Zwecke, z. B. in zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen oder in unentgeltlich überlassenen Räumen. Auch wenn der Strom in Räumen verwendet wird, die der Erzielung von Einkünften aus einer anderen Einkunftsquelle dienen (z. B. ein häusliches Arbeitszimmer), liegt eine Entnahme vor. Als Entnahme gilt auch, wenn der erzeugte Strom für das Aufladen eines privaten Elektro- oder Hybridfahrzeugs verwendet wird.
Neben diesen laufenden Erträgen aus einer Photovoltaikanlage sind auch einmalige Gewinne oder Verluste aus einer Veräußerung oder Entnahme der Anlage steuerbefreit, sofern der Betrieb nur steuerfreie Einnahmen und Entnahmen i. S. d. § 3 Nr. 72 EStG erzielt hat.
Keine Entnahme liegt vor, wenn das Fahrzeug zum Betriebsvermögen des die Photovoltaikanlage betreibenden Betriebs gehört. Es liegt auch keine Entnahme vor, wenn die Stromlieferung in einem Arbeitnehmer überlassene Räume des Betriebs der Photovoltaikanlage erfolgt.
Betroffene Betriebsausgaben
Mit der Steuerfreiheit der Einnahmen bzw. der Entnahmen geht zugleich ein Abzugsverbot für die Betriebsausgaben einher.
Danach können Ausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Betroffen davon sind alle Aufwendungen für eine Photovoltaikanlage – auch die Abschreibung (AfA) für die Anlage.
Sonderproblematik: nachlaufende Betriebsausgaben
Ob der Grundsatz – kein Betriebsausgabenabzug bei steuerfreien Einnahmen – auch für sog. nachlaufende Betriebsausgaben gilt, ist strittig. In der Praxis sind hiervon z. B. Steuerberatungskosten für 2021 oder Umsatzsteuerzahlungen für 2021 betroffen, die erst in 2022 bezahlt worden sind und damit auch erst in 2022 als Betriebsausgaben berücksichtigt werden könnten. Die Finanzverwaltung verneint eine steuerliche Berücksichtigung, da nach § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG für eine steuerbefreite Photovoltaikanlage kein Gewinn zu ermitteln ist und damit auch keine Betriebsausgaben mehr geltend gemacht werden können.
Einige Finanzgerichte sehen dies jedoch anders, da diese Aufwendungen im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen aus früheren Jahren stehen und sich auch aus § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG kein Betriebsausgabenabzugsverbot ergebe.
Deshalb sollten solche nachlaufenden Betriebsausgaben geltend gemacht und ein ablehnender Bescheid mit Einspruch offen gehalten werden. Aufgrund der beim BFH anhängigen Revisionsverfahren (BFH-Az.: X R 30/24 und III R 35/24) ruhen die Einsprüche jetzt kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.
Sonderproblematik: Investitionsabzugsbetrag
Bedingt durch die Steuerfreiheit und das damit einhergehende Abzugsverbot für Betriebsausgaben kann in einem nach dem 31.12.2021 endenden Wirtschaftsjahr kein Investitionsabzugsbetrag (IAB) gemäß § 7g Abs. 1 EStG mehr in Anspruch genommen werden. Da ein Gewinn für den Betrieb nicht mehr zu ermitteln ist, gilt dies als unstrittig.
Wurde ein IAB jedoch bereits in einem vor dem 1.1.2022 endenden Wirtschaftsjahr in Anspruch genommen, vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass dessen Abzug nach § 7g Abs. 3 EStG wieder rückgängig zu machen ist, sofern der IAB bei e...