Leitsatz

Das FG hat einem Kläger für ein Verfahren, in dem strittig ist, ob Rentenversicherungsbeiträge vorweggenommene Werbungskosten darstellen, Prozesskostenhilfe gewährt.

 

Sachverhalt

Das FG hatte darüber zu entscheiden, ob dem Kläger für ein Hauptsacheverfahren, in dem die Frage der Berücksichtigung von Rentenversicherungsbeiträgen als vorab veranlasste Werbungskosten strittig ist, Prozesskostenhilfe gewährt werden kann. Diese Frage ist im Hauptsacheverfahren von zentraler Bedeutung, da bei Annahme vorweggenommener Werbungskosten negative sonstige Einkünfte vorliegen, die letztlich dazu führen, dass der für die Gewährung des Kinderfreibetrags maßgebende Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 EStG zusammen mit den anderen Einkünften des Kindes nicht überschritten wird.

 

Entscheidung

Das Gericht gewährte die beantragte Prozesskostenhilfe, weil bei summarischer Prüfung die Klage nicht mutwillig erhoben wurde und sie hinreichend Aussicht auf Erfolg hat. Nach der Überzeugung des Gerichts ist nämlich ernsthaft in Betracht zu ziehen, dass die von Arbeitnehmern gezahlten Rentenversicherungsbeiträge bei der Ermittlung des Einkommens nicht nur als (beschränkt) abziehbare Sonderausgaben, sondern als (unbeschränkt) abzugsfähige Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Dieses gilt jedenfalls dann, wenn schon heute feststeht, dass nach der gesetzlichen Neuregelung auf Grund des Alterseinkünftegesetzes der Rentenbezug zu 100 % steuerpflichtig sein wird. Nach der für die Streitjahre geltenden Fassung des EStG sind Sonderausgaben nämlich (nur) Aufwendungen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, so dass (rechtslogisch) vorrangig zu prüfen ist, ob Rentenversicherungsbeiträge (vorab veranlasste) Werbungskosten sind. In diesem Zusammenhang führt nach der Überzeugung des Gerichts auch der Hinweis auf die BFH-Rechtsprechung, wonach das Bundesverfassungsgericht die Einordnung der Rentenversicherungsbeiträge als (beschränkt abzugsfähige) Sonderausgaben nicht beanstandet hat zu keiner anderen Würdigung, weil der Beschluss des Verfassungsgerichts zur alten Rechtslage (vor 2005) ergangen ist.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

 

Hinweis

Die Prozesskostenhilfe wird lediglich auf Grund einer summarischen Prüfung gezahlt. Ob der Beschluss damit eine Signalwirkung hat, bleibt abzuwarten.

Wendet man die ab Veranlagungszeitraum 2005 geltenden Regelungen nach dem Alterseinkünftegesetz an, wachsen die Bedenken an der Richtigkeit des steuersystematischen Ansatzes. Unabhängig von der Frage, ob für die strittigen Aufwendungen rechtslogisch bereits ein Werbungskostenabzug zu gewähren ist, können unter Geltung des neuen Sonderausgabenabzugs nach dem Alterseinkünftegesetz die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zwar in wesentlich größerem Umfang nach § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG aber immer noch nur in beschränktem Maß als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Zum Ausgleich für die vom Gesetzgeber angeordnete größere Steuerfreistellung wird allerdings jährlich steigend die nachgelagerte Besteuerung für die Rentenzahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt, so dass im Jahre 2040 diese Renten im Gegensatz zum bisherigen Recht voll nachgelagert besteuert werden. Festzuhalten bleibt: Allein der Umfang der als Sonderausgabe abziehbaren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung passt nicht zum Ausmaß der nachgelagerten Besteuerung in der Auszahlungsphase.

Beim BFH ist unter dem Az. X R 11/05 mittlerweile ein entsprechendes Parallelverfahren anhängig. Bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache sollten vergleichbare Fälle vorsorglich mit dem Einspruch angefochten werden, soweit die Finanzverwaltung den entsprechenden Einkommensteuerbescheid nicht von sich aus in dieser Frage gem. § 165 AO vorläufig erteilt hat.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Beschluss vom 23.05.2005, 7 S 4/03

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