Leitsatz (amtlich)

1. Die in einem Immobiliardarlehensvertrag mit fester Zinsbindung enthaltene Angabe zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung ist dann fehlerhaft im Sinn des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB und steht einem Anspruch der Bank auf Zahlung einer solchen bei vorzeitiger Ablösung des Darlehens entgegen, wenn darin auf die Wiederanlage in "kongruenten Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner" abgestellt wird.

2. Es genügt ferner nicht den Anforderungen des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn bei der Angabe über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auf die "Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens" abgestellt wird.

3. Gleiches gilt, wenn sich den Angaben des Kreditinstituts nicht entnehmen lässt, dass die berechtigte Zinserwartung und damit der Zinsschaden auch durch vereinbarte Sondertilgungsrechte beeinflusst werden.

Anm.: Der Senat hat die Revision zugelassen im Hinblick auf divergierende Entscheidungen in Bezug auf die von dem Senat beanstandeten Formulierungen in der Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung (anders als hier etwa OLG Frankfurt Urteil vom 13. August 2021 - 24 U 270/20 -, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Februar 2022 - 9 U 168/21 -, juris). Eine Revision ist jedoch nicht eingelegt worden, so dass das Urteil rechtskräftig ist.

 

Normenkette

BGB § 500 Abs. 2 S. 2, § 502 Abs. 1-2; EGBGB Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3; EGRL 48/2008 Art. 10 Abs. 2 Buchst. r; PfandBG § 20

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 24.09.2021; Aktenzeichen 1 O 363/20)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24.09.2021 - 1 O 363/20 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt die Rückzahlung eines im Zuge einer vorzeitigen Darlehensablösung geleisteten Betrags von 13.768,05 EUR.

Die Parteien schlossen am 16.02.2017 zu der Nummer ... einen Immobiliardarlehensvertrag über eine Nettodarlehenssumme von 136.000,- EUR mit einem bis zum Ende der Vertragslaufzeit gebundenen Sollzinssatz von 1,64% (Bl. 45 ff. GA). Das Ende der Vertragslaufzeit ist in Ziffer 4 des Vertrages mit dem 28.02.2030 angegeben.

Der Vertrag enthält unter anderem folgende weitere Regelungen:

"7. Vorzeitige Rückzahlung

Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten im Zeitraum der Sollzinsbindung nur ganz oder teilweise vorzeitig zurückführen, wenn ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht. Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung fällt eine Vorfälligkeitsentschädigung nach Ziffer 8 an.

8. Angabe zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (Ablöseentschädigung)

Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung (vergleiche Ziffer 7 dieses Vertrages) oder im Fall der außerordentlichen Kündigung auf der Grundlage eines berechtigten Interesses (vergleiche Ziffer 8 Satz 2 der Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen) hat der Darlehensnehmer der Bank denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht. Der Berechnung dieses Schadens wird der Darlehensgeber die vom Bundesgerichtshof für zulässig befundene Aktiv-Passiv-Methode zugrunde legen, welche davon ausgeht, dass die durch die Rückzahlung frei gewordenen Mittel laufzeitkongruent in Kapitalmarkttiteln angelegt werden. Danach wird berücksichtigt

. Der Zinsverschlechterungsschaden als der finanzielle Nachteil aus der vorzeitigen Darlehensablösung, das heißt, die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht. Die Differenz zwischen dem Vertragszins des abzulösenden Darlehens und der Kapitalmarktrendite ist um angemessene Beträge sowohl für ersparte Verwaltungsaufwendungen als auch für das entfallende Risiko des abzulösenden Darlehens zu kürzen. Die auf der Grundlage der so ermittelten Nettozinsverschlechterungsrate für die Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens sich ergebenden Zinseinbußen werden dann auf den Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abgezinst. Dabei wird auch hier der aktuelle Wiederanlagezins, das heißt, die Renditelaufzeit kongruenter Kapitalmarkttitel öffentlicher Schuldner zugrunde gelegt.

Daneben wird der Darlehensgeber ein angemessenes Entgelt für den mit der vorzeitigen Ablösung des Darlehens verbundenen Verwaltungsaufwand verlangen.

Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung im Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, um die Rückzahlung zu sichern oder im Ve...

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