Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Gewinnerzielungsabsicht des Erben einer von der Erblasserin dauerhaft als Verlustbetrieb geführten Reitanlage ohne Änderungen in der Art der Betriebsführung
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung: Auch wenn bei einem Betrieb eine unentgeltliche Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge die für die Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche Betrachtungsperiode nicht unterbricht, in der ein Steuerpflichtiger die Erzielung positiver Einkünfte beabsichtigt, ist gleichwohl die Gewinnerzielungsabsicht gesondert für jeden Steuerpflichtigen und für jeden Veranlagungszeitraum, und damit nach dem Tod des bisherigen Betriebsinhabers auch gesondert für den Rechtsnachfolger, zu untersuchen.
2. Nur im Falle der Übernahme und Fortführung eines Gewinnbetriebes oder eines wirtschaftlich bereits derart aufgestellten Betriebes, dass in der Totalperiode von der Erzielung positiver Einkünfte auszugehen ist, ist eine Gewinnerzielungsabsicht des Rechtsnachfolgers ohne weiteres anzunehmen. Übernimmt ein Steuerpflichtiger indessen einen Verlustbetrieb, der seiner Art nach oder nach seiner bisherigen unternehmerischen Führung nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann (im Streitfall: von der verstorbenen Ehefrau in einem Zeitraum von rd. 12 Jahren mit einem Gesamtverlust von rd. 3,5 Mio Euro betriebene Reitanlage), kann eine Gewinnerzielungsabsicht des Übernehmers nur angenommen werden, wenn er die unternehmerische Führung oder die Art des Betriebes unter Renditegesichtspunkten ändert oder solche Änderungen konkret vorbereitet.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; EStG § 15 Abs. 2 Sätze 1-2, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 4 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Antragsteller die Reitanlage H. im Streitjahr mit Gewinnerzielungsabsicht betrieb und daraus Verluste aus Gewerbebetrieb erzielte.
Der Antragsteller ist Alleinerbe seiner 2006 verstorbenen Ehefrau. Mit dieser zusammen erwarb er im Herbst 1994 ein verpachtetes landwirtschaftliches Anwesen in G. im V.. Der Pächter betrieb dort ein landwirtschaftliches Unternehmen mit Pferdeeinstellung. Zum 01.01.1995 meldete die Ehefrau beim Gewerbeamt den Betrieb einer Reiterpension mit Reithalle an. Ebenfalls ab dem 01.01.1995 verpachteten der Antragsteller und seine Ehefrau die miterworbenen landwirtschaftlichen Grundstücke für weitere 12 Jahre an den bisherigen Pächter. Am 07.03.1995 beantragte die Ehefrau die Umnutzung des Landwirtschaftsbetriebes in einen Reiterhof, die Neuerrichtung einer Reithalle, den Teilabbruch und die Sanierung des Rinderstallgebäudes zur Nutzung als Stallung im Erdgeschoss und zur Wohnnutzung im Ober- und Dachgeschoss sowie den Teilabbruch und die Sanierung des Schweinestalles zur Nutzung als Lagerraum im Erdgeschoss und zur Wohnnutzung im Obergeschoss. Ab dem 01.07.1995 wurde mit dem bisherigen Pächter ein bis zum 31.12.2006 laufendes Mietverhältnis über ein Stallgebäude begründet. Über den gleichen Zeitraum vermietete die Ehefrau des Klägers 22 weitere Pferdeboxen samt Mitbenutzung der neu zu errichtenden Reithalle und des zugehörigen Reitplatzes an den bisherigen Pächter. 1996 kündigten der Kläger und seine Ehefrau alle Miet- und Pachtverhältnisse mit dem bisherigen Pächter fristlos und setzten gerichtlich die Räumung durch. Fortan führte die Ehefrau des Antragstellers die „Reitanlage H.” insgesamt selbst.
Neben erheblichen positiven Einkünften beider Ehegatten aus nichtselbständiger Arbeit und zum Teil auch aus Kapitalvermögen aus der Z. GmbH erklärte die Ehefrau in den Jahren 1994 bis 2005 Verluste aus dem Gewerbebetrieb „Reitanlage H.” in Höhe von insgesamt gut 3,5 Mio. EUR. Die erklärten Verluste wurden mit Bescheiden über die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1995 bis 2004 vorläufig hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht und 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgestellt. Aufgrund einer Außenprüfung änderte der Antragsgegner am 22.05.2006 die Feststellungsbescheide und erkannte mangels Gewinnerzielungsabsicht keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb mehr an. Den dagegen gerichteten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 15.07.2008 als unbegründet zurück. Die am 15.08.2008 erhobene Klage wird unter dem Aktenzeichen 8 K 1506/08 geführt.
Am 18.01.2010 erklärte der Antragsteller, vertreten durch seine Tochter, für 2007 Verluste aus dem Gewerbebetrieb „Reitanlage H.” in Höhe von 116.819,65 EUR. Mit Bescheid für 2007 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 26.02.2010 stellte der Antragsgegner wiederum mangels Gewinnerzielungsabsicht keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Dagegen hat der Antragsteller am 22.03.2010 Einspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig hat er Aussetzung der Vollziehung beantragt, die vom Finanzamt mit Bescheid vom 25.03.2010 abge...