Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuchs. Einkommensteuer 1996
Leitsatz (redaktionell)
1. Die formellen Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch dürfen nicht überspannt werden. Entscheidend ist vielmehr, dass mit Hilfe der Aufzeichnungen – gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren Belegen – durch das Finanzamt und das Finanzgericht nachvollzogen werden kann, wann, zu welchem Zweck und in welchem Umfang der Steuerpflichtige das Kraftfahrzeug dienstlich und wann und in welchem Umfang er es privat genutzt hat.
2. Daher ist ein Fahrtenbuch nicht schon deswegen nicht ordnungsgemäß, weil der Steuerpflichtige nicht bezüglich jeder einzelnen Fahrt die Kilometerstände zu Beginn und zum Ende notiert hat. Es kann ausreichen, wenn der Steuerpflichtige tagtäglich zunächst die gefahrenen Kilometer auf einem Klebezettel vermerkt hat und sodann zeitnah die Abfahrts- und Ankunftszeiten von und zu seiner Wohnung, die Städte, in die er gefahren ist, ein Stichwort zum Anlass seiner Reise, sofern es sich nicht um eine Fahrt Wohnung – Arbeitsstätte gehandelt hat, und die an dem jeweiligen Tag insgesamt dienstlich und privat gefahrenen Kilometer in einer Monatsübersicht notiert hat.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 Sätze 4, 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2; LStR Abschn. 31 Abs. 9 Nr. 3
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1996 vom 21. Januar 1998 in der Fassung vom 02. März 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 09. Juni 2000 werden dahingehend geändert, dass bei der Berechnung der Steuer um 7.113,72 DM verminderte Einkünfte des Klägers zu 1) aus nichtselbständiger Arbeit zugrunde gelegt werden.
2. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden erstattungsfähigen Kosten der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des anzusetzenden geldwerten Vorteils für die private Nutzung des durch den Arbeitgeber des Klägers zu 1) gestellten Kraftfahrzeuges.
Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger zu 1) erzielte im Streitjahr u.a. als Geschäftsführer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Gegenstand des Unternehmens der Arbeitgeberin des Klägers zu 1) ist die Durchführung von Außenwerbung. Im Streitjahr hatte sie Werbenutzungsverträge mit verschiedenen Städten und Verkehrsbetrieben in allen fünf neuen Bundesländern abgeschlossen. Zu einem wesentlichen Aufgabenbereich des Klägers zu 1) gehörte die Betreuung der Vertragspartner unmittelbar vor Ort. Ferner fanden im Streitjahr mehrere Abstimmungsgespräche an dem Sitz des Unternehmens der Muttergesellschaft der Arbeitgeberin des Klägers zu 1) in F. statt. Darüber hinaus besuchte der Kläger zu 1) diverse Tagungen, Kongresse, Konferenzen und Seminare in verschiedenen Städten der Bundesrepublik Deutschland. U.a. zur Durchführungen der insoweit erforderlichen Reisen stellte die Arbeitgeberin dem Kläger zu 1) ein Kraftfahrzeug zur Verfügung, das er auch privat nutzen durfte. Insgesamt fuhr der Kläger mit diesem Fahrzeug im Streitjahr 34.325 Kilometer und der bei der Arbeitgeberin für das Fahrzeug entstandene Gesamtaufwand betrug 21.196,21 DM. Darüber hinaus verfügten die Kläger noch über einen eigenen PKW. Aus verwaltungstechnischen Gründen unterwarf die Arbeitgeberin bezüglich des Klägers zu 1) 1 % des Listenpreises des zur Verfügung gestellten Fahrzeuges und damit 661,25 DM monatlich der Lohnsteuer.
Diese Werte legte der Beklagte auch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1996 zugrunde. Aufgrund des von den Klägern gegen den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 21. Januar 1998 in der geänderten Fassung vom 05. August 1998 wegen anderer Punkte eingelegten Einspruchs setzte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 09. Juni 2000 die Einkommensteuer auf 49.698 DM herab. Im übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück.
Im Rahmen der daraufhin erhobenen Klage machen die Kläger nach Klärung weiterer nicht mehr strittiger Punkte nunmehr geltend, dass der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung des durch die Arbeitgeberin dem Kläger zu 1) gestellten Kraftfahrzeuges sich im Streitjahr nicht auf 12 × 661,25 DM – also 7.935 DM –, sondern nur auf 821,28 DM belaufen habe. Sie begründen dies damit, dass nur Privatfahrten im Umfang von 1.330 Kilometern unternommen worden und unter Berücksichtigung der insgesamt angefallenen Kosten sowie der insgesamt gefahrenen Kilometer lediglich Fahrzeugkosten pro gefahrenem Kilometer in Höhe von 0,6175 DM anzusetzen seien. Dass lediglich Privatfahrten im Umfang von 1.330 Kilometern unternommen worden seien, ergebe sich aus den zeitnah gemachten Aufzeichnungen des Klägers zu 1). Er habe zum einen eine Übersicht geführt, in welche er täglich seine Termine notiert habe. Z...