Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG bei entgeltlichem Erwerb selbstgenutzten Wohnungseigentums gegen kaufmännisch ermittelte Rente oder dauernde Last. Leibrente als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG
Leitsatz (redaktionell)
Werden anlässlich einer – auf die Lebenszeit einer Bezugsperson zeitlich getreckten – privaten Vermögensumschichtung gleichbleibende wiederkehrende Leistungen vereinbart, die einem unter fremden Dritten nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelten Kaufpreis entsprechen, so liegt kein Fall der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen vor, der unter dem Gesichtspunkt des „vorbehaltenen Vermögensertrages” einen Abzug des Ertragsanteils der wiederkehrenden Leistung als Sonderausgaben rechtfertigen würde. Es bleibt in diesen Fällen vielmehr bei den allg. Grundsätzen der Nichtabziehbarkeit von Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung und dem Verbot des Abzuges von privaten Schuldzinsen.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a
Nachgehend
Tenor
Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Abzugsfähigkeit von Rentenzahlungen als Sonderausgaben.
Die Kläger (Kl.) wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kl. erwarb durch notariell beurkundeten Vertrag vom 26. Juli 1989 das bebaute Grundstück in A, Ahornweg 1 (… qm), sowie das Grundstück in A, Birkenweg (… ha … ar … qm). Als Gegenleistung verpflichtete sich der Kl. neben einer Barzahlung in Höhe von y DM zu einer Rentenzahlung in Höhe von x DM ab Oktober 1989 an Frau Anna März bis zu deren Lebensende (vgl. Punkt 2 in § 3 des Vertrages vom 26. Juli 1989).
Das Grundstück Ahornweg ist mit zwei Gebäuden bebaut, in denen sich mehrere Wohnungen befinden. Seit 1. Oktober 1989 nutzten die Kl. zunächst eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken, während die übrigen Wohnungen vermietet wurden. Ab 1992 wurde die Selbstnutzung auf eine Anliegerwohnung erweitert. Nach den Wohnflächen entfällt auf die eigengenutzten Wohnungen ein Anteil von 46,89 % bzw. ab 1992 61,01 %.
Für das Streitjahr 1990 erließ das Finanzamt (FA) am 27. September 1991 einen ESt-Bescheid. Gegen diesen Bescheid erhoben die Kl. Einspruch in einem hier nicht interessierenden Streitpunkt und beantragten darüber hinaus erstmals einen Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe des Ertragsanteils (… %) der aufgrund des Kaufvertrags gezahlten Rente, soweit sie auf die eigengenutzte Wohnung entfiel (2,1x DM). Das FA erließ am 16. März 1995 einen hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) geänderten Steuerbescheid. Die gezahlte Rente berücksichtigte das FA nicht als Sonderausgaben.
Für das Streitjahr 1991 erging der erstmalige Steuerbescheid mit Datum vom 10. September 1993, in dem das FA die nunmehr bereits in der Erklärung anteilig als Sonderausgaben geltend gemachte Rentenzahlung (2,1x DM) nicht berücksichtigte. Hiergegen erhoben die Kl. fristgerecht Einspruch. Auch im Änderungsbescheid vom 16. März 1995 verblieb es bei der Nichtanerkennung der Rente als Sonderausgaben.
Für die Streitjahre 1992 und 1993 erließ das FA jeweils am 29. November 1994 erstmalige Steuerbescheide, in denen ebenfalls abweichend von den Steuererklärungen ein entsprechender Sonderausgabenabzug der Rentenzahlungen (1992: 2,7x DM; 1993: 3x DM) unterblieb. Gegen diese Bescheide erhoben die Kl. mit Schreiben vom 27. Dezember 1994 Einspruch. Für beide Jahre ergingen am 5. Januar 1995 Änderungsbescheide, in denen das FA die Steuerfestsetzung in Punkten änderte, die hier nicht von Bedeutung sind.
Sämtliche Einsprüche der Streitjahre 1990 bis 1993 wies das FA in inhaltsgleichen Entscheidungen vom 4. April 1995 als unbegründet zurück. Es führte insoweit folgendes aus:
Als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG seien abziehbar die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften im Zusammenhang stünden, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben würden. Mit Beschluß vom 15. Juli 1991 (Bundessteuerblatt -BStBl- II 1992, 78) habe der Große Senat (GrS) des Bundesfinanzhofs (BFH) dazu entschieden, daß in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbarte wiederkehrende Leistungen – auch abänderbare Geldleistungen – Hauptanwendungsfall der in vollem Umfang abziehbaren dauernden Lasten seien. Bei dem im Streitfall zu beurteilenden Vertrag würden sich fremde Dritte gegenüberstehen, die den Kaufpreis nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelt hätten. Es handele sich daher nicht um einen steuerrechtlich eine Sonderstellung einnehmenden Vermögensübergabevertrag gegen Versorgungsleistung. Aus diesem Grund würden die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechtes gelten. Zu diesen gehörten der hier anzuwendende Grundsatz der Nichtabziehbarkeit von Leistungen ...