Rz. 7
Der Lieferzeitpunkt ist ausschließlich nach umsatzsteuerlichen Gesichtspunkten zu bestimmen. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt, zu dem dem Abnehmer die Verfügungsmacht am Liefergegenstand verschafft wird. Dieser Zeitpunkt fällt in den meisten Fällen mit der bürgerlich-rechtlichen Übereignung zusammen. Beim Haupttatbestand der Übereignung beweglicher Sachen, dem in § 929 BGB definierten Eigentumsübergang durch Einigung und Übergabe, wird Verfügungsmacht dort verschafft, wo Einigung und Übergabe stattfinden. Werden diese zeitgleich vollzogen, können Ort und Zeitpunkt der Lieferung bestimmt werden. § 3 Abs. 7 S. 1 UStG gilt allerdings nicht für die Fälle, in denen der Abnehmer oder ein von ihm beauftragter Dritter (Angestellter, selbstständiger Spediteur) oder eine Betriebsstätte oder eine Organgesellschaft den Gegenstand beim Lieferer abholt (Abholfälle), denn der Abholung des Liefergegenstands durch den Abnehmer folgt regelmäßig ein Transport des Gegenstands, also eine Beförderung oder Versendung. Deshalb werden Abholfälle als Beförderungs- oder Versendungsfälle beurteilt, deren Ortsbestimmung sich nach § 3 Abs. 6 UStG richtet (§ 3 Abs. 6 UStG Rz. 10). Die umsatzsteuerliche Beurteilung des Lieferorts und -zeitpunkts dürfte aber in Abholfällen sowohl nach § 3 Abs. 6 UStG als auch nach § 3 Abs. 7 UStG zum selben Ergebnis führen.
Rz. 8
Bei der Eigentumsübertragung können Einigung und Übergabe zeitlich auseinander fallen z. B. wenn die Übergabe ersetzt wird durch
- Vereinbarung eines Besitzkonstituts (§ 930 BGB),
- Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB) oder
Übergabe von Traditionspapieren.
Im Lager- oder Frachtgeschäft wird das Eigentum an Gegenständen häufig durch Übergabe von Traditionspapieren übertragen, z. B. durch Übergabe von Ladescheinen (§ 444 HGB), Lagerscheinen (§§ 475c ff. HGB), Konossementen (§§ 648, 656 HGB). Keine Traditionspapiere sind Frachtbriefe, Lieferscheine sowie Blankoavis (§ 3 Abs. 1 UStG Rz. 160).
In den vorgenannten Fällen wird dem Käufer/Abnehmer neben dem Eigentum am Gegenstand auch die umsatzsteuerrechtliche Verfügungsmacht verschafft. Der Zeitpunkt der Lieferung stimmt mit dem Zeitpunkt der Verwirklichung des Ersatztatbestands überein. Er entspricht also dem Zeitpunkt der Vereinbarung des Besitzkonstituts, der Abtretung des Herausgabeanspruchs bzw. der Übergabe des Traditionspapiers. Der Ort der Lieferung wird in derartigen Fällen nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG bestimmt, da es sich insoweit um ruhende, d. h. nicht bewegte Warenlieferungen handelt; der Ort liegt dort, wo sich der Gegenstand bei der Verwirklichung des Ersatztatbestands befindet.
Der ausländische Unternehmer A hat eine Maschine seit dem 1.1.01 an die inländische Firma B zur Benutzung im Inland vermietet. Er verkauft die Maschine am 10.08.01 an die Gesellschaft C, die das Mietverhältnis mit B fortsetzt.
Der Ort der Lieferung wird nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG bestimmt, weil die Maschine bei der Lieferung nicht befördert oder versendet wird. Die für die Bestimmung von Lieferort und -zeitpunkt maßgebende Verfügungsmacht wird der C durch Abtretung des Herausgabeanspruchs am 10.08.01 verschafft. Der Ort liegt im Inland, weil sich die Maschine zu diesem Zeitpunkt der Lieferung dort befindet.
Rz. 9
Der Ort der Lieferung von Gas, Elektrizität, Wärme oder Kälte wird durch die Sondervorschrift des § 3g UStG geregelt. Bei Lieferung von Gas, Elektrizität, Wärme oder Kälte an Wiederverkäufer gilt als Lieferort der Ort, wo der Abnehmer sein Unternehmen betreibt. Bei Lieferung an Abnehmer, die keine Wiederverkäufer sind, gilt als Lieferort der Ort, wo der Abnehmer das Gas, den Strom, die Wärme oder die Kälte nutzt oder verbraucht (i. d. R. der Ort, wo sich der Zähler des Abnehmers befindet). Einzelheiten s. in der Kommentierung zu § 3g UStG.
Rz. 10–12 einstweilen frei