Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Strukturiert ein Schweinezüchter durch auf Dauer angelegte planmäßige Maßnahmen seinen landwirtschaftlichen Betrieb so um, dass die für einen landwirtschaftlichen Betrieb zulässige Vieheinheitengrenze um mehr als 10 % nachhaltig überschritten wird, führt dies zur sofortigen Entstehung eines Gewerbebetriebs. Dieser beginnt grundsätzlich mit der ersten Vorbereitungshandlung, die auf die nachhaltige Kapazitätserweiterung gerichtet ist (Fall des sofortigen Strukturwandels).
Sachverhalt
Neben der Erzeugung und dem Handel mit landwirtschaftlichen Produkten züchtete eine KG Schweine. Dabei hielt sie mit ihren Nutzflächen und ihrem damaligen Sauenbestand die im BewG vorgesehenen Grenzen für einen landwirtschaftlichen Betrieb ein. Als die von ihr erzeugten Ferkel nicht mehr den Qualitätsanforderungen des Abnehmers genügten, veräußerten der Kommanditist und die Komplementärin die Hälfte ihres jeweiligen Anteils an eine Ferkelerzeugergemeinschaft. Die neue Gesellschafterin sollte in die vorhandenen Gebäude investieren und diese für eine moderne Sauenhaltung vorbereiten. Zugleich wurde der alte Sauenbestand verkauft und ein neuer zugekauft. Daraufhin erhöhte sich bei nahezu gleichbleibendem Bestand der landwirtschaftlichen Nutzflächen der Sauenbestand von 857 Stück auf 2.028. Damit überschritt die KG die im BewG vorgesehenen Grenzen. Deshalb veräußerte sie ihren hälftigen Sauenbestand an die neue Gesellschafterin und vermietete ihr einen Teil der Ställe. Die KG meint, das Überschreiten der vorgesehenen Tierbestandsgrenzen beruhe nicht darauf, dass sie eine Strukturänderung ihres Betriebs geplant habe. Vielmehr habe sie ihren Betrieb nur modernisieren wollen. Es sei von Anfang an geplant gewesen, die Stallanlagen für eine Betriebsteilung vorzubereiten und ihrer neuen Gesellschafterin einen Teil davon zu verpachten.
Entscheidung
Die Richter entschieden, dass die Klägerin mit ihrem Tierbestand die im BewG vorgesehenen Grenzen überschritten habe und somit ein Gewerbebetrieb vorliege. Normalerweise komme es darauf an, ob die Vieheinheitengrenze so nachhaltig überschritten wird, dass ein Gewerbebetrieb anzunehmen ist. Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei ein Beobachtungszeitraum von 3 Wirtschaftsjahren (BFH, Urt. v. 19.2.2009 IV R 18/06, BStBl 2009 II S. 654). Davon zu unterscheiden sind jedoch Fälle des sofortigen Strukturwandels, in denen der Landwirt durch auf Dauer angelegte planmäßige Maßnahmen seinen Betrieb bewusst so umstrukturiert, dass die Vieheinheitengrenze nachhaltig überschritten wird. Neben der Planung komme es auch auf die Durchführung an. Bei der Durchführung aber können - schon wegen der notwendigen Abgrenzung zum allmählichen Strukturwandel - bei Art und Umfang allein die zum fraglichen Zeitraum wenigstens schon eingeleiteten Maßnahmen Berücksichtigung finden und nicht etwa auch die möglicherweise bestehenden weitergehenden Absichten für die Zukunft. Daher sind bei tatsächlicher Aufstockung des Tierbestandes bloße Pläne für eine künftige Anmietung zusätzlicher Ausgleichsflächen nicht zu berücksichtigen. Entsprechendes müsse für die Absicht gelten, die schädlichen Tierbestände einem Dritten für dessen eigenen Betrieb zu überlassen.
Im vorliegenden Fall lag in den von der Klägerin eingeleiteten und in der Folgezeit umgesetzten Maßnahmen nach Überzeugung des Gerichtes ein sofortiger Strukturwandel. Das ursprüngliche Konzept sei darauf angelegt gewesen, dass die Vieheinheitengrenze um mehr als 10 % überschritten und dadurch zugleich ein zusätzlicher Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen von mehr als 10 % erforderlich wird, ohne dass dieser zusätzliche Flächenbedarf schon in irgendeiner Weise hinzuerworben worden wäre. Ein derartige Erhöhung um mehr als 10 % lasse darauf schließen, dass die Maßnahmen auf einen sofortigen Strukturwandel hin angelegt waren (BFH, Urt. v. 19.2.2009, IV R 18/06, BStBl 2009 II S. 654).
Hinweis
Strukturelle Handlungen stellen sich i. d. R. als ein Bündel von Einzelmaßnahmen dar, deren erste vor und deren letzte nach der Wandlung des Betriebs liegen können (BFH, Beschl. v. 7.10.1974, GrS 1/73, BStBl 1975 II S. 168) und die erst in ihrem Zusammenhang erkennen lassen, ob und von welchem Zeitpunkt an sie zu einer neuen selbstständigen Erwerbsquelle führen. Im Falle eines solchen allmählichen Strukturwandels lässt sich bei Beginn der Entwicklung noch nicht erkennen, ob sie zu einer nachhaltigen Änderung des Betriebs führen wird (BFH, Urt. v. 4.2.1976, I R 113/74, BStBl 1976 II S. 423). Der allmähliche Strukturwandel ist vielmehr gerade dadurch gekennzeichnet, dass strukturelle, auf Dauer angelegte Maßnahmen fehlen, die zu einer wiederholten Überschreitung der Vieheinheitengrenze geführt haben. Deshalb wird es in derartigen Fällen zumindest in den ersten Jahren regelmäßig an einem Willen des Landwirts zum nachhaltigen Strukturwandel fehlen. Stattdessen werden häufig Gründe der laufenden Wirtschaftsführung, wie etwa der Ablauf von Pachtverträgen, kurzfristige Absatzschwankungen ode...