Leitsatz
Ein portugiesisches Unternehmen hat nur dann in Deutschland einen ständigen Vertreter i.S.d. Art. 5 Abs. 5 DBA Portugal, wenn sich eine für das Unternehmen tätige Person mehr als nur vorübergehend in Deutschland aufhält. Das ist nicht der Fall, wenn eine solche Person jeweils für zwei bis fünf Tage nach Deutschland einreist und sich hier bis zu 60 Tagen im Kalenderjahr aufhält.
Normenkette
Art. 5 Abs. 5 DBA-Portugal
Sachverhalt
Die Klägerin war eine in der Baubranche tätige Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Portugal. Sie arbeitete seit 1994 u.a. im Inland als Subunternehmerin für verschiedene Auftraggeber. Dabei führte sie in der Zeit vom 3.11.1996 bis zum 20.12.1998 ohne Unterbrechung Bauausführungen durch, von denen nur eine – in den Jahren 1996/1997 – länger als sechs Monate dauerte. Als Betriebsleiter wurden auf den Baustellen wechselnde Personen eingesetzt, die auch die Aufmaße für die Gewerke erstellten. Für die Unterbringung der von der Klägerin eingesetzten Arbeitnehmer sorgten die jeweiligen Auftraggeber.
Die Klägerin hatte im Streitjahr drei Geschäftsführer, u.a. A. Dieser reiste in den Jahren 1995 bis 1998 acht (1995), zehn (1996), dreizehn (1997) und vierzehn Mal (1998) für jeweils zwei bis fünf Tage nach Deutschland ein und hielt sich hier im Streitjahr 43 Tage lang auf.
Seine Inlandsaufenthalte dienten dem Abschluss von Verträgen mit Auftraggebern der Klägerin, der Anwerbung neuer und der Kontaktierung bestehender Vertragspartner sowie der Kontrolle der Baustellen.
Das FA ging davon aus, dass die im Inland erzielten Einkünfte der Klägerin der beschränkten Steuerpflicht unterlägen, da A als ständiger Vertreter der Klägerin im Inland aufgetreten sei.
Das FG gab der anschließenden Klage statt (EFG 2004, 1498).
Entscheidung
Der BFH hat das FG bestätigt:
Zwar könne der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft ständiger Vertreter i.S.v. Art. 5 Abs. 5 DBA Portugal sein. Dann müsse er seiner Funktion als abschlussbevollmächtigter Vertreter der Gesellschaft aber "gewöhnlich" nachkommen, was eine gewisse zeitliche Verfestigung seiner Aufenthalte erfordere.
Bei gelegentlicher Einreise von max. 14-mal jährlich und einer Gesamtanwesenheit von max. 60 Tagen sei das nicht der Fall.
Hinweis
Das Aktenzeichen dieses Urteils ist Ihnen möglicherweise schon vertraut. Sie fanden es bereits bei der Lektüre des Zwischenurteils vom 25.1.2005 (BFH-PR 2005, 304) zu einer vorgelagerten Zuständigkeitsfrage. Nunmehr ist die eigentliche Sachentscheidung ergangen.
1. Das Urteil ist insofern praxisrelevant, als es erstmals den (abkommensrechtlichen) Begriff des ständigen Vertreters näher bestimmt und diesen zum Begriff der Betriebsstätte abgrenzt. Dieser Begriff findet sich in nahezu allen DBA und führt dort regelmäßig zur Freistellung der entsprechend erzielten Einkünfte im Ansässigkeitsstaat zugunsten des Quellenstaats (vgl. Art. 23A, Art. 7 Abs. 1 Satz 2 OECD-Musterabkommen). Umgekehrt begründet der ständige Vertreter mittels inländischer Einkünfte eine beschränkte Steuerpflicht, vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.
Beide Anknüpfungen zeigen zugleich: Betriebsstätte wie ständiger Vertreter erweitern zwar den Steuerzugriff im Quellenstaat, treffen vice versa indes nicht nur ausländische Unternehmen im Inlandseinsatz, sondern gleichermaßen inländische Unternehmen im Auslandseinsatz; Besteuerungssubstrat geht dann verloren. Das wird häufig beim "Kampf um die Steuerquelle" und hierbei bei dem Bemühen um ein weites Begriffsverständnis von Betriebsstätte ebenso wie von ständigem Vertreter übersehen.
2. Nach § 13 Satz 1 AO (= maßgeblich für die Begründung der beschränkten Steuerpflicht) ist ständiger Vertreter, wer nachhaltig Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Nach Art. 5 Abs. 6 OECD-Musterabkommen surrogiert der ständige Vertreter das Fehlen einer Betriebsstätte. Voraussetzung hierfür ist, dass für das Unternehmen in dem betreffenden Staat eine Person tätig wird, die dort eine Vollmacht zum Abschluss von Verträgen im Namen des Unternehmens besitzt und diese Vollmacht gewöhnlich ausübt. In einem solchen Fall wird regelmäßig das Bestehen einer Betriebsstätte in jenem Staat fingiert.
3. Fraglich ist, ob auch der Geschäftsführer, also das gesetzliche Organ einer Kapitalgesellschaft, zugleich als deren "ständiger Vertreter" überhaupt in Erscheinung treten kann. Diese Frage wird kontrovers erörtert. Vorwiegend wird vertreten, dass sich ein derartiger "Antagonismus" zwischen Gesellschaft und gesetzlichem Vertreter von vornherein verbiete, teilweise wird das als jedenfalls möglich erachtet. Der BFH gibt darauf im Urteilsfall keine abschließende Antwort. Er entgeht dem, weil er für den in Rede stehenden, im Inland tätigen Geschäftsführer einer portugiesischen Kapitalgesellschaft bereits die Merkmale einer "Ständigkeit" der (unterstellten) Vertretung verneint.
4. Konkret widmet sich der BFH hierbei dem Merkmal der "gewöhnlichen" Ausübung einer der betreffenden Person erteilten Vo...