Leitsatz
Die Umsätze einer freiberuflich tätigen Supervisorin sind nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei, wenn die Bescheinigung der zuständigen Bezirksregierung unzureichend ist
Sachverhalt
Die Klägerin ist Diplom-Psychologin und erklärte für die Streitjahre 2002 bis 2005 Umsätze als freiberufliche Supervisorin. Mit Datum v. 13.11.2000 hatte ihr die Bezirksregierung A auf Widerruf eine "Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG" erteilt, in der insbesondere Folgendes bescheinigt wurde: "Ihrer Einrichtung" werde bescheinigt, dass folgende berufliche Bildungsmaßnahme/n i. S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ordnungsgemäß durchgeführt wird/werden: Supervision, personenzentrierte Gesprächsführung, Weiterbildung zur Eltern-Kind-Kursleiterin, berufsbegleitender Unterricht für Erzieherinnen”.
Nach einer durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung versagte das Finanzamt die Steuerbefreiung für die Umsätze der Klägerin. Es verwies darauf, dass solche Leistungen, die nicht als Unterrichtstätigkeiten nach festliegendem Lehrprogramm und Lehrplänen unmittelbar Ausbildungs- und Fortbildungszwecken gedient hätten, nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei seien. Einzelne Vorträge oder Vortragsreihen fielen nicht unter die Steuerbefreiung.
Entscheidung
Die dagegen erhobene Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen. Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Zur Ordnungsgemäßheit einer solchen Bescheinigung ist es erforderlich, dass darin entsprechend dem Gesetzeswortlaut bescheinigt ist, dass auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet wird. Der Klägerin wurde jedoch lediglich bescheinigt, dass von ihr "berufliche Bildungsmaßnahmen i. S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ordnungsgemäß durchgeführt" werden. Dies genügt nach der neueren BFH-Rechtsprechung ausdrücklich nicht (BFH, Urteil v. 17.4.2008, V R 58/05). Andere Steuerbefreiungen, auch unter Bezugnahme auf höherrangiges Gemeinschaftsrecht, kommen nicht in Betracht.
Hinweis
Mit Urteil v. 17.4.2008, V R 58/05 hatte der BFH entschieden, dass die Durchführung von eintägigen Fortbildungsseminaren in der Bundessteuerberaterkammer für Steuerberater durch einen selbständigen Referenten gegen Entgelt umsatzsteuerpflichtig ist. Auch im damaligen Fall lag offenbar eine vergleichbar unzureichende Bescheinigung vor. Im hier zu besprechenden Fall waren nach Ansicht des Finanzgerichtes auch nicht die Voraussetzungen des Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-Richtlinie gegeben. Zwar kann der Begriff der Einrichtung i. S. der Bestimmung nicht nur juristische Personen, sondern auch natürliche Personen erfassen, da der Grundsatz der steuerlichen Neutralität es verbietet, Wirtschaftsteilnehmer, die die gleichen Umsätze bewirken, bei deren Besteuerung unterschiedlich zu behandeln. Für diese Anerkennung als Einrichtung reicht in Deutschland eine ordnungsgemäße Bescheinigung i. S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG aus. Weil die dem Kläger vorliegende Bescheinigung allerdings unzureichend war, konnte er auch nicht als "andere Einrichtung" anerkannt werden.
Ebenso kommt die Steuerbefreiung aus Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-Richtlinie nicht in Betracht, die Schul- und Hochschulunterricht befreit. Zum einen richten sich die Leistungen weder an Schüler oder Hochschüler, sondern an Arbeitnehmer, die die Supervision zu ihrer Fortbildung besuchten, zum anderen handelte es sich nicht um einen in einem Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht, was jedoch für die Steuerbefreiung erforderlich wäre.
Hinweis: Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG sind ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze unter weiteren Voraussetzungen umsatzsteuerfrei. Supervisionsleistungen gehören nicht zu den eng verbundenen Umsätzen in diesem Sinne (vgl. Abschn. 4.14.3 Abs. 3 Nr. 8 UStAE mit weiteren Nachweisen).
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 27.06.2012, 15 K 1583/09