Leitsatz
Bestellt eine Kirchengemeinde einer kirchlichen Einrichtung mit karitativer Zielsetzung ein Erbbaurecht an einem Grundstück mit aufstehendem Alten- und Pflegeheim und hat diese Einrichtung den vereinbarten Erbbauzins so lange nicht zu zahlen, wie sie den Heimbetrieb fortführt, liegt eine von der GrESt befreite Schenkung unter Lebenden vor.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Nr. 2 GrEStG, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 9 ErbStG
Sachverhalt
Eine Kirchengemeinde bestellte 1998 dem Kläger, einem gemeinnützigen Verein, auf 60 Jahre ein Erbbaurecht an einem Grundstück, das mit einem Altenheim bebaut war. Der vereinbarte Erbbauzins brauchte so lange nicht bezahlt zu werden, wie der Kläger das erbbaurechtsbelastete Grundstück zu dem bisherigen Zweck nutzt.
Das FA unterwarf die Bestellung des Erbbaurechts nach dessen Wert gem. § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG der GrESt. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG schloss es aus, weil die Nichterhebung des Erbbauzinses an die Fortsetzung des Heimbetriebs gebunden sei. Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG nahm eine freigebige Zuwendung an.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung des FG. Auf den Streitfall seien die Grundsätze, nach denen Vermögensübertragungen durch Träger öffentlicher Verwaltung keine freigebigen Zuwendungen darstellen, nicht anwendbar. Die Kirchen und ihre Untergliederungen wie etwa die einzelnen Gemeinden unterliegen nicht dem staatlichen Haushaltsrecht und sind durch staatliches Recht nicht gehindert, freigebige Zuwendungen zu erbringen.
Der Bestellung des Erbbaurechts steht auch keine Gegenleistung gegenüber, weil die Verpflichtung, Erbbauzinsen zu zahlen, aufschiebend bedingt und damit nicht zu berücksichtigen ist, § 6 Abs. 1 BewG. Auch die Verpflichtung zur Fortsetzung des Heimbetriebs hindert die vollumfängliche Freigiebigkeit der Erbbaurechtsbestellung nicht. Ihre Erfüllung dient dem Satzungszweck des Klägers. Ihrer Berücksichtigung steht daher § 10 Abs. 9 ErbStG entgegen.
Hinweis
Nach der Serie von Entscheidungen des BFH, die die Übertragung von Grundstücken – bzw. die Bestellung von Erbbaurechten an Grundstücken – mit Kindergärten, Krankenhäusern und Altenheimen betrafen (Entscheidungen vom 26.8.2004, II B 104/03, BFH/NV 2005, 57; vom 29.3.2006, II R 15/04, BFH-PR 2006, 325; vom 29.3.2006, II R 68/04, BFH-PR 2006, 405) und in denen jeweils eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG verneint wurde, liegt dem nunmehrigen Urteil ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Übertragende kein Träger öffentlicher Verwaltung ist. Daher war eine freigebige Zuwendung nicht von vorneherein ausgeschlossen.
Die Vereinbarung eines Erbbauzinses, der erst dann zu zahlen ist, wenn die auf dem Grundstück betriebene Einrichtung nicht fortgeführt wird, begründet eine aufschiebend bedingte Last, die bis zum Eintritt der Bedingung unbeachtlich ist. Die Verpflichtung des Erwerbers, die Einrichtung fortzuführen, steht der Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG nur dann ganz oder teilweise entgegen, wenn sie bei der Schenkungsteuer als Auflage abziehbar ist, § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG. Das ist sie nach § 10 Abs. 9 ErbStG nicht, wenn sie dem Erwerber als Beschwertem zugute kommt. Erfüllt der Erwerber mit der Fortführung der Einrichtung seinen eigenen Gesellschafts- oder Satzungszweck, ist die Auflage nicht abzugsfähig.
Die Grunderwerbsteuerbefreiung kann daher von Eigenschaften sowohl des Übertragenden als auch des Erwerbers abhängig sein. Da Träger von sozialen Einrichtungen, die nicht Träger öffentlicher Verwaltung sind, diese Einrichtungen nur dann ohne Entgelt übertragen werden, wenn ihnen der Erwerber von seinem Gesellschafts- oder Satzungszweck her eine gewisse Gewähr für die Fortführung der Einrichtung bietet, wird in derartigen Fällen aber regelmäßig Grunderwerbsteuerfreiheit bestehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.5.2006, II R 46/04