Leitsatz
Die Vergabe der Steueridentifikationsnummern ist verfassungsgemäß.
Sachverhalt
In 4 nahezu deckungsgleichen Verfahren (Az. 2 K 2999/08, 2 K 3834/08, 2 K 3738/08, 2 K 3838/08) hatte sich das FG Köln mit der Verfassungsmäßigkeit der Vergabe von Steueridentifikationsnummern auseinanderzusetzen. Den Klägern wurde jeweils eine persönliche Steueridentifikationsnummer mitgeteilt. Hiergegen erhoben sie Klage und führten zur Begründung an, die Vergabe der Steueridentifikationsnummern verletzte das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Eingriff in dieses Recht sei nicht gerechtfertigt. Zudem mangele es an einer hinreichend bestimmten Ermächtigung für die Vergabe der Nummern. Auch die zugrunde liegenden Bestimmungen der AO seien nicht hinreichend bestimmt. Ferner liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor. Das Finanzamt trat dem entgegen. Zweifelhaft sei bereits die Zulässigkeit der Klagen. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestünden nicht.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klagen als unbegründet ab. Es bejahte nach einer umfassenden Prüfung der Verfassungsmäßigkeit trotz einiger Zweifel die Rechtmäßigkeit der Vergabe der Nummern. Zunächst erkannte das Gericht die Leistungsklage als die zutreffende Klageart, da die Vergabe der Nummern kein Verwaltungsakt sei. Sodann bejahte das Gericht durchaus erhebliche Zweifel an der gesetzlichen Grundlage der §§ 139a und b AO; diese würden aber nicht zu einer Verfassungswidrigkeit der Normen führen. Auch sei bei lediglich vorhandenen Zweifeln keine Vorlagepflicht an das Bundesverfassungsgericht gegeben. Diese Zweifel ergäben sich daraus, dass der Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen werde. Dies geschehe durch die Zuteilung der Nummer und die Speicherung der Daten. Es bestünden auch Zweifel, ob dieser Eingriff gerechtfertigt sei. Insbesondere die Verhältnismäßigkeit und die Erforderlichkeit des Eingriffs seien sehr fraglich. Erforderlich sei ein Eingriff nämlich nur, wenn es kein weniger belastendes, gleichermaßen wirksames Mittel gäbe. Dies sei hier sehr fraglich, zumal die Erforderlichkeit der Maßnahme als Vorratsdatenspeicherung problematisch sei. Allerdings stünde dem Gesetzgeber insofern eine Einschätzung zu, die nur schwer zu prüfen sei. Die Einwendungen der Kläger zur Bestimmtheit griffen nicht. Insgesamt bestünden damit Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit, die aber nicht in letzte Konsequenz zu einer Verfassungswidrigkeit der Vergabe führten.
Hinweis
Die Entscheidung ist als misslich anzusehen. Letztlich ist es wohl so, dass es dem Finanzgericht Köln an Mut zur Vorlage beim Bundesverfassungsgericht gefehlt hat. In geradezu schulbuchmäßiger Weise werden die verfassungsrechtlichen Bedenken an der Vergabe der Steueridentifikationsnummern durchgeprüft. Dass hierbei durch die Vergabe der Nummern in das vom Bundesverfassungsgericht aus Art 1 und 2 GG abgeleitete Recht zur informationellen Selbstbestimmung eingegriffen wird, erscheint unzweifelhaft (vgl. auch BVerfGE v. 15.12.1983 1 BvR 209/03, BVerfGE 65, 1 "Volkszählungsurteil"). Ob hier überwiegende Allgemeininteressen sowie die übrigen verfassungsrechtlichen Schranken eingehalten wurden, lässt sich sicherlich kontrovers diskutieren, auch wenn man letztlich wohl von einer Verfassungsmäßigkeit ausgehen dürfte (ebenso Schmitz, in Schwarz, AO, vor §§ 139a - 138d AO Tz. 18 f.). Gleichwohl wäre es wünschenswert gewesen, wenn das FG Köln diese Frage durch das Bundesverfassungsgericht hätte klären lassen. Da indes die Revision zum BFH ausdrücklich wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen wurde, ist zu hoffen, dass der BFH seinerseits die Rechtsfrage dem Bundesverfassungsgericht vorlegt.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 07.07.2010, 2 K 3834/08