Zusammenfassung
Im Wirtschaftsleben wird täglich eine Vielzahl von Verträgen vorbereitet und geschlossen. Die meisten werden zur Zufriedenheit der Vertragspartner abgewickelt und erfüllt. Die Frage, welche Pflichten eine Vertragspartei aus einem Vertrag treffen oder ob eine Partei an Verträge gebunden ist, stellt sich meist nur, wenn es zu sog. Leistungsstörungen kommt, sich also eine Vertragspartei gar nicht an getroffene oder vermeintlich getroffene Vereinbarungen hält, seine Vertragspflichten schlecht oder aber nicht rechtzeitig erfüllt. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über Abschluss und Bindungswirkung von Verträgen und die in der Praxis häufig relevanten Probleme.
Für alle Verträge sind zunächst die Regelungen der §§ 116 – 157 BGB zu beachten. Besonders wichtig für den Akt des Vertragsschlusses sind die Vorschriften zum Angebot und zur Annahme (§§ 145 ff. BGB), über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB), über Willensmängel, Irrtum und Anfechtung (§§ 104 ff., 119 ff. BGB), über Einigungsmängel (§§ 154 f. BGB) und gesetzliche Verbote (§§ 134, 138 BGB). Handelt es sich bei gegenseitigen Verträgen nicht um zwischen den Parteien ausgehandelte (Individual-)Verträge, sondern verwendet eine Vertragspartei für viele ihrer Verträge bereits vorformulierte Vertragsbedingungen (sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen) sind die §§ 305 ff. BGB zu beachten. Darüber hinaus gelten Besonderheiten bei Verträgen, die zwischen Unternehmern und Verbrauchern (sog. Verbraucherverträge) geschlossen werden (§§ 312 ff. BGB), insbesondere bei Fernabsatzverträgen (§§ 312c ff. BGB) und Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr (§§ 312i f. BGB). Für handelsrechtliche Verträge sind zusätzlich besondere Vorschriften des Handelsgesetzbuches einzuhalten.
1 Vertragsschluss
Ein Vertrag ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft.
Der normale Kaufvertrag
Die eine Partei will ein bestimmtes Auto gegen Zahlung erwerben, die andere Partei will dieses Auto gegen Zahlung veräußern. Nach dem Willen beider Parteien soll das Eigentum an dem Auto nach Zahlung des Kaufpreises durch Übergabe auf den Käufer übergehen.
Der Vertrag besteht aus inhaltlich übereinstimmenden, aufeinander bezogenen Willenserklärungen von mindestens zwei Personen, die einen bestimmten rechtlichen Erfolg herbeiführen wollen. Die zeitlich erste Willenserklärung bezeichnet man als Antrag, Angebot oder Offerte, die spätere Willenserklärung als Annahme oder Akzept. Im Wirtschaftsleben entspricht häufig die Bestellung bzw. der Auftrag dem Antrag und die Auftragsbestätigung der Annahme.
1.1 Angebot
Das Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die einem anderen ein Vertragsschluss so angetragen wird, dass eine bloße Zusage als Annahmeerklärung genügt, damit ein Vertrag zustandekommt. Es liegt in jedem bestimmten Anbieten einer Leistung, das zum Ausdruck bringt, dass der Anbietende einen rechtlichen Erfolg herbeiführen will. Sofern das Gesetz für das Angebot keine bestimmte Form (Schriftform, notarielle Beurkundung) vorschreibt, kann das Angebot mündlich, schriftlich aber auch konkludent, d. h. durch schlüssiges Verhalten, unterbreitet werden.
Konkludente Vertragsangebote
Legt ein Kunde im Supermarkt eine Packung Nudeln auf das Kassenband, bringt er durch diese Handlung zum Ausdruck, die Nudeln kaufen zu wollen. Er unterbreitet ein konkludentes Angebot.
Sonderfälle: "Realofferte" und Angebot "ad incertas personas"
Im Münchener Hofbräuhaus stehen auf jedem Tisch frische Brezeln zum Verzehr. Hier wird dem Gast die zu verkaufende Ware "Brezel" rein tatsächlich zugänglich gemacht (sog. Realofferte).
Stellt der Automatenbetreiber Z einen Süßigkeitenautomaten auf, macht er ebenfalls ein rein faktisches Verkaufsangebot. Dieses richtet sich an jeden, der an dem Automaten vorbeikommt und diesen ordnungsgemäß bedient, ist jedoch beschränkt auf den Warenvorrat. Ein solches Angebot an einen unbestimmten Personenkreis nennt man "Offerte ad incertas personas".
1.1.1 Inhalt des Angebots
Das Angebot muss hinreichend bestimmt sein, d. h. den wesentlichen Inhalt des angebahnten Vertrags widerspiegeln. Bei einem Kaufvertrag sollte daher zumindest der Kaufgegenstand konkret bezeichnet sein und auch der Preis. Will der Anbietende, dass zusätzliche vertragliche Besonderheiten oder andere Voraussetzungen für den Vertrag gelten, müssen diese bereits im Angebot enthalten sein.
Vertragsangebot mit Eigentumsvorbehalt
Häufig liest man auf Rechnungen eines Unternehmens Klauseln wie "diese Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung unser Eigentum". Diese Klausel hat, wenn sie dem Vertragspartner erst auf der Rechnung mitgeteilt wird, keine Wirkung. Wer sich das Eigentum an der Ware bis zur Bezahlung sichern will, muss den Eigentumsvorbehalt bereits vor Vertragsschluss in sein Angebot aufnehmen.
Besonderheiten bei Verträgen unter Einbeziehung von AGBs
Viele Unternehmen schließen täglich gleichartige Verträge mit einheitlichen Bestimmungen ab, die bereits an die besonderen Geschäftsbedürfnisse angepasst sind. S...