Leitsatz

Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG setzt eine eindeutige Zuordnungsentscheidung des Unternehmers voraus. Streitig war, ob ein Unternehmer für ein 1995 errichtetes Gebäude rückwirkend in 2001 einen Vorsteuerabzug auch für den privat genutzten Teil des Hauses vornehmen konnte. Das FG versagte den Vorsteuerabzug, da zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs die Zuordnungsentscheidung eine aktive und nachvollziehbare Willenserklärung des Unternehmers erfordert.

 

Sachverhalt

Ein der Regelbesteuerung unterliegender Landwirt errichtete in 1995 und 1996 ein Gebäude, in dem er auch sein unternehmerisch genutztes Arbeitszimmer hatte. Für das Arbeitszimmer wurde ihm von seinem Finanzamt der anteilige Vorsteuerabzug gewährt. In 2001 beantragte er die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 1995 und machte auch einen Vorsteuerabzug für den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Teil des Hauses geltend, da er diesen Teil ebenfalls seinem Unternehmen zugeordnet hätte und im Rahmen einer steuerbaren und steuerpflichtigen Eigennutzung verwenden würde.

Das zuständige Finanzamt lehnte den Änderungsantrag ab und wies einen dagegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück.

 

Entscheidung

Das FG stellte in seinem Urteil darauf ab, dass offensichtlich der Unternehmer 1995/1996 nur den unternehmerisch genutzten Teil des Hauses (Arbeitszimmer) seinem Unternehmen zugeordnet hatte und damit auch nur insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt war.

Die Feststellung des Klägers, dass er das Haus insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet habe, da eine andere Zuordnung wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen wäre und das auch die Finanzverwaltung bis 2004 in Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2b UStR 2000 davon ausgegangen sei, dass im Zweifelsfall der Gegenstand insgesamt dem Unternehmen zugeordnet worden ist, hielt das FG nicht für einschlägig. Der Unternehmer müsse eine eindeutige Zuordnungsentscheidung spätestens zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs treffen. Dies setze - nach Auffassung des FG - eine aktive und nachvollziehbare Willenserklärung des Unternehmers voraus. Eine solche aktive Willenserklärung zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs verneinte das FG. Damit sei nur das unternehmerisch genutzte Arbeitszimmer dem Unternehmen zugeordnet worden.

 

Hinweis

Das Verfahren ging um das seit 2003 häufig vorhandene Problem des Nachweises der Zuordnungsentscheidung bei gemischt genutzten Gebäuden. Nach dem Urteil des EuGH zur Steuerpflicht der Selbstnutzung von Gebäuden, die zu unternehmerischen und eigenen Wohnzwecken verwendet werden (EuGH, Urteil v. 8.5.2003, Rs. C-269/00 "Seeling"), ergibt sich für Gebäude, die vor dem EuGH-Verfahren erstmalig verwendet wurden, das Problem, wie der Unternehmer den Nachweis über die volle Zuordnung zum Unternehmen führen kann, da nach der früheren - nationalen - Auffassung die Eigennutzung zu einem steuerfreien Umsatz führte und damit den Vorsteuerabzug ausschloss. Damit kann bei den Altfällen über den Vorsteuerabzug keine Zuordnungsentscheidung dokumentiert werden.

Das FG München, Urteil v. 14.7.2004, 14 K 55/04, war in einem gleichgelagerten Fall zu einem anderen Ergebnis gekommen und hatte einem Steuerpflichtigen im Ergebnis einen Spielraum bei einem nachträglich geltend gemachten Vorsteuerabzug eingeräumt.

Zu beachten ist, dass in aktuellen Fällen der Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmensvermögen die Finanzverwaltung eine andere Rechtsauffassung vertritt. Nach Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 2b UStR 2005 muss der Unternehmer bei Gebäuden, bei denen sich die Zuordnung zum Unternehmen nicht eindeutig aus dem Vorsteuerabzug ableiten lässt, schriftlich bis zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung des Jahres, in dem die Leistung bezogen wurde, mitteilen, wie das Gebäude zugeordnet wurde.

Gegen das Urteil des FG wurde Revision eingelegt (Az. des BFH: V R 45/05), da der Frage grundsätzliche Bedeutung zugemessen wird und das FG München zu einem anderen Ergebnis gekommen war. Aus diesem Grund sollten alle strittigen Fälle, in denen die Finanzverwaltung die Zuordnungsentscheidung in vergleichbaren Fällen ablehnt, offen gehalten werden.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 12.05.2005, 16 K 537/04

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