Leitsatz
1. Der Wechsel des Kommanditisten in die Rechtsstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters findet im Zeitpunkt des betreffenden Gesellschafterbeschlusses statt.
2. Wird der Beschluss vor Ende des Wirtschaftsjahrs zivilrechtlich wirksam gefasst, unterliegen die dem Gesellschafter zuzurechnenden Verlustanteile dieses Wirtschaftsjahrs nicht der Ausgleichsbeschränkung des § 15a EStG, auch wenn der Antrag auf Eintragung ins Handelsregister erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs gestellt wird.
Normenkette
§ 15a Abs. 1 EStG , § 107 HGB , § 143 Abs. 2 HGB , § 162 Abs. 3 HGB
Sachverhalt
Eine Einmann-GmbH & Co. KG erzielte im Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 1996 einen erheblichen Verlust. Durch die Zuweisung dieser Verluste wäre das Kapitalkonto des Kommanditisten, dessen Einlage nur 1.000 DM betrug, negativ geworden. Nach seiner Darstellung beschloss der von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Gesellschafter am 17.12.1996, dass er in die Stellung des Komplementärs wechsele, während die GmbH die Stellung des Kommanditisten einnehmen sollte. Zum Handelsregister wurde die Änderung der Gesellschafterstellung allerdings erst am 30.1. des Folgejahrs angemeldet.
Das FA hielt den Gesellschafterwechsel für noch nicht im Jahr 1996 vollzogen und stellte für den bisherigen Kommanditisten verrechenbare Verluste fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des ehemaligen Kommanditisten statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. Ein Wechsel vom Kommanditisten zum Komplementär sei bereits mit dem betreffenden Gesellschafterbeschluss wirksam. Auf die Anmeldung zum Handelsregister oder die tatsächliche Eintragung komme es nicht an. Das FG müsse noch prüfen, ob der Beschluss wirklich am 17.12. gefasst worden sei. Die Feststellungslast dafür trage der Kommanditist.
Hinweis
1.§ 15a EStG soll bewirken, dass ein beschränkt auf seine Einlage haftender Gesellschafter Verlustanteile nur in Höhe dieser Einlage ertragsteuerlich nutzen kann. Wer unbeschränkt haftet, muss die ihm gesellschaftsrechtlich zugewiesenen Verluste wirtschaftlich voll tragen und kann deshalb auch einen steuerlichen Verlustausgleich in Anspruch nehmen. Der Status des Gesellschafters ist deshalb von ausschlaggebender Bedeutung für die Anwendung des § 15a EStG.
2.Wechselt der Status eines Gesellschafters von beschränkter zu unbeschränkter Haftung oder umgekehrt, muss geklärt werden, welcher Zeitpunkt für die Anwendung des § 15a EStG maßgeblich ist. Hierzu hat der BFH in zwei kürzlich ergangenen Urteilen vom 14.10.2003 (VIII R 81/02, BFH-PR 2004, 56 und VIII R 38/02, BFH-PR 2004, 55) entschieden, dass es für den Status immer auf den Bilanzstichtag ankomme. Haftet der Gesellschafter am Bilanzstichtag unbeschränkt, ist auf seine Verlustanteile also keine Ausgleichsbeschränkung nach § 15a EStG anzuwenden.
3. Das Besprechungsurteil befasst sich nun mit der Frage, in welchem Zeitpunkt der Statuswechsel vom beschränkt zum voll haftenden Personengesellschafter stattfindet. Dazu knüpft der BFH an das Handelsrecht an, das den Beginn der Vollhaftung mit der entsprechenden Änderung des Gesellschaftsvertrags eintreten lässt. Danach ist es ohne Bedeutung, wann der Statuswechsel zum Handelsregister angemeldet wird und wann tatsächlich die Eintragung erfolgt.
Beachten Sie, dass die Entscheidung nur den Wechsel in die Stellung des voll haftenden Gesellschafters betrifft. Im umgekehrten Fall wird m.E. anders zu entscheiden sein. Denn Kommanditist wird man erst mit der Eintragung im Handelsregister. Der Statuswechsel zum Kommanditisten ist also erst mit der Eintragung vollzogen.
4. Die Entscheidung eröffnet Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn abzusehen ist, dass der Kommanditist einen Verlustanteil beziehen wird, der zur Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos führt, kann durch einen rechtzeitigen Wechsel in die Stellung eines voll haftenden Gesellschafters der Verlust noch den Ausgleichsbeschränkungen des § 15a EStG entzogen werden.
Dabei wird natürlich in erster Linie berücksichtigt werden müssen, inwieweit sich der Kommanditist zivilrechtlich in die volle Haftung begeben will. Haftet er aber z.B. infolge von Bürgschaften zivilrechtlich im Außenverhältnis ohnehin für alle oder jedenfalls die wichtigsten Gesellschaftsschulden, verschlechtert sich die Zivilrechtslage durch den Wechsel und damit den Eintritt der Außenhaftung für alle bereits bestehenden Gesellschaftsschulden gem. § 130 Abs. 1 HGB kaum, während sich die steuerrechtliche Situation möglicherweise ganz erheblich verbessert.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.2.2004, IV R 70/02