Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Zuschläge für tatsächlich nicht geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, die in dem nach § 11 MuSchG gezahlten Mutterschutzlohn enthalten sind, sind nicht nach § 3b EStG steuerfrei (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. § 3b EStG führt auch nicht mittelbar zu einer Diskriminierung von Frauen und begegnet deshalb keinen verfassungs- oder europarechtlichen Bedenken.
Normenkette
§ 3b EStG, § 8, § 11 MuSchG, Art 3 Abs. 2 GG, Art. 141 EGV
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Flugbegleiterin, war als Bodenpersonal eingesetzt, weil sie angesichts ihrer Schwangerschaft nach dem Mutterschutzgesetz keine Sonntags-, Feiertags-, Nacht- und Mehrarbeit leisten durfte. Für die dennoch erhaltene entsprechende Schichtzulage machte sie die Steuerfreiheit nach § 3b EStG geltend.
Das FG wies die Klage ab (FG Köln, Urteil vom 26.06.2008, 15 K 4337/07, Haufe-Index 2035831, EFG 2008, 1600) und ließ die Revision nicht zu. Dagegen wandte sie sich mit Nichtzulassungsbeschwerde (NZB).
Entscheidung
Der BFH wies die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als unbegründet zurück, wie in Praxishinweise dargestellt.
Hinweis
Der Beschluss sah auf Grundlage der Rechtsprechung, Zuschläge nur dann als steuerfrei zu behandeln, wenn sie – entsprechend dem Wortlaut des § 3b EStG – für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt werden, keine noch klärungsbedürftige Rechtsfrage. "Ersatzzahlungen" erfüllen diese Voraussetzung nicht. Der BFH beurteilt diese steuerbefreiende Regelung als grundsätzlich gleichheitswidrige Ausnahmevorschrift, die keine Grundlage dafür bieten kann, die Gleichheitswidrigkeit auszuweiten.
1. Die Frage, ob (Schicht-)Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, die aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen und nach § 11 MuSchG gezahlt werden, nach § 3b EStG steuerfrei sind, war schon geklärt und nicht mehr grundsätzlich bedeutsam. Danach ist Regelungszweck des § 3b EStG, das Entgelt "für" Arbeiten an besonders ungünstigen Zeiten zu begünstigen. Zugleich liegt darin ein (verfassungs)rechtliches Problem: § 3b EStG ist – wie andere Steuerbefreiungen auch (z.B. BFH, Urteil vom 18.12.2008, VI R 49/06, BFH/NV 2009, 479, BFH/PR 2009, 166 für steuerfrei Trinkgelder) Ausnahmevorschrift, die das Leistungsfähigkeitsprinzip durchbricht. Deshalb lehnt der BFH zu Recht eine über ihren Wortlaut hinausgehende Auslegung stets ab, und zwar auch für Zuschläge für werdende Mütter nach § 11 MuSchG.
2. Dieses Ergebnis gilt trotz Art. 6 Abs. 4 GG sowie trotz des Gebots, faktische Benachteiligung zu verhindern und die Lebensverhältnisse von Frauen und Männern anzugleichen (Art. 3 Abs. 2 GG, Art. 141 Abs. 1, 2 EGV, RL 76/207/EWG des Rats vom 09.02.1976, Amtsbl. EG Nr. L 39, 40). Denn auch aus all diesen Vorschriften kann nur eine weitere Gleichbehandlung, aber keine Fortschreibung einer Ungleichbehandlung abgeleitet werden, wie sie die Ausnahmevorschrift des § 3b EStG enthält. Schließlich ist § 3b EStGkeine unzulässige geschlechtsspezifische Differenzierung zu entnehmen; § 3b EStG gilt nicht nur für werdende Mütter, sondern für alle Arbeitnehmer.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 27.05.2009 – VI B 69/08