Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Peter Dittmar
Rn. 208
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
§ 317 Abs. 5 sieht die Pflicht zur Anwendung der von der EU-KOM adaptierten ISA vor. Damit werden AP verpflichtet, bei der Durchführung von gesetzlichen AP die von der EU-KOM übernommenen und damit verbindlich anerkannten internationalen PS anzuwenden. Die ISA sind damit die gesetzlich normierte Grundlage für die AP nach den §§ 316ff. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Anwendungsbereich der adaptierten ISA auf sämtliche AP erstreckt. Die ISA gelten damit nicht nur für die AP von kap.-marktorientierten UN, sondern grds. auch für die AP von kleineren und mittleren UN (vgl. Brinkmann/Spiess, KoR 2006, S. 395 (405)).
Rn. 209
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
In England wurde im Zusammenhang mit den Ergebnissen einer Studie, nach der die Einführung der ISA dazu führt, dass sich die wiederkehrenden Kosten für die AP bei kleineren und mittleren UN um ca. zehn Prozent erhöhen werden, diskutiert, ob die ISA nur für die AP von kap.-marktorientierten UN eingeführt werden sollten (vgl. Kämpfer/Schmidt, WPg 2009, S. 47 (53)). Problematisch wäre bei einer solchen Vorgehensweise indes, dass bei nicht kap.-marktorientierten UN die AP nach anderen Standards durchgeführt werden würde und insoweit die Prüfungsurteile bei kap.-marktorientierten UN nicht mehr mit denen von kleineren und mittleren UN vergleichbar wären. Die hieraus resultierenden Nachteile konnten allerdings bspw. dadurch begrenzt werden, dass für die AP von kleineren und mittleren UN PS entwickelt wurden, die sich – bei gleichen Anforderungen an die Prüfungsqualität – durch eine geringere Regelungsdichte und einen höheren Grad der Prinzipienorientierung auszeichnen (vgl. Kämpfer/Schmidt, WPg 2009, S. 47 (53)).
Entsprechende Überlegungen, die Dokumentationspflichten bei der AP von kleineren und mittleren UN auf Basis eines prinzipienorientierten Ansatzes zu reduzieren, wurden auch seitens des IDW angestellt und befürwortet (vgl. IDW, FN-IDW 2009, S. 133f.). Danach war allerdings sicherzustellen, dass die am Leitbild großer, international tätiger, kap.-marktorientierter UN orientierten Einzelregelungen der ISA in der praktischen Anwendung situationsspezifisch nach Maßgabe des pflichtgemäßen Ermessens des AP an die individuellen Verhältnisse angepasst werden können ((Skalierbarkeit der ISA); vgl. hierzu Kuhn/Stibi, WPg 2009, S. 1157 (1158f.); Heininger, WPg 2010, S. 15 (19ff.); Naumann/Feld, WPg 2013, S. 641 (645)). Im Oktober 2010 hat die IFAC erstmals einen – derweil in 4. Aufl. vorliegenden – Leitfaden zur Anwendung der überarbeiteten ISA i. R.d. AP von kleineren und mittleren UN veröffentlicht (vgl. IFAC (2018)).
Im Juli 2021 hat sodann das IAASB den Entwurf eines Standards zur Prüfung weniger komplexer UN (ISA for LCE) vorgelegt (vgl. IAASB (2021)). Das Projekt ist i.W. mit der steigenden Komplexität der ISA sowie der darin gesehenen schwierigen Anwendung bei der Prüfung weniger komplexer UN begründet (vgl. Wittsiepe, WPP 2021, S. 27). Im November 2022 schließlich hat der HFA des IDW insgesamt neun PS für kleinere, weniger komplexe UN verabschiedet (sog. IDW PS KMU). Diese IDW PS KMU dürfen für die Prüfung von JA und Lageberichten für Zeiträume, die am oder nach dem 15.12.2021 begonnen haben, angewendet werden. Einer künftigen Anwendung eines ISA for LCE (dann als ISA [DE] for LCE) sollen die IDW PS KMU ausdrücklich nicht entgegenstehen.