Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Michael Olbrich
Rn. 8
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
§ 253 Abs. 1 Satz 1 regelt die Grundsätze zur Zugangs- und Folgebewertung von VG. VG sind höchstens mit den AHK, vermindert um die Abschreibungen nach den Absätzen 3 bis 4 und ggf. erhöht um die Zuschreibungen nach Abs. 5, anzusetzen. Der Ansatz zu höheren Zeitwerten, d. h. zu Zeitwerten, die die (fortgeführten) AHK übersteigen, verstößt gegen das Anschaffungswertprinzip und das Realisationsprinzip (Ausnahmen: Bewertung gemäß §§ 253 Abs. 1 Satz 4, 254 Satz 1, 256a Satz 2 sowie 340e Abs. 3).
Die Systematik von Satz 1 lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
Übersicht: Systematik zur Bewertung von VG nach § 253 Abs. 1 Satz 1
Das Wort "höchstens" in Abs. 1 Satz 1 betont die Deckelung des Wertansatzes nach oben (vgl. auch ADS (1995), § 253, Rn. 35ff.). Bei der Bewertung von VG gelten damit die AHK bei der erstmaligen Bewertung grds. als absolute Wertobergrenze. Diese Wertobergrenze bleibt bei nicht abnutzbaren VG auch für Folgebewertungen bestehen. Bei den abnutzbaren Gegenständen des AV bilden die um planmäßige Abschreibungen verminderten AHK – die sog. "fortgeführten AHK" – die obere Schranke. Die so determinierte Wertobergrenze ist Ausdruck des Anschaffungswertprinzips, das sich wiederum aus dem Realisationsprinzip ableiten lässt (vgl. Leffson (1987), S. 252; Bonner-HdR (2014), § 253 HGB, Rn. 13). Durch die Beachtung des Realisations- und Anschaffungswertprinzips soll erreicht werden, dass Werterhöhungen über die (fortgeführten) AHK hinaus erst dann ausgewiesen werden, wenn sie durch den "Abschluss eines Verkaufsakts oder eines ähnlichen Vorgangs" (WP-HB (2019), Rn. F 89) außerhalb des UN bestätigt worden sind. Damit wird gleichzeitig verhindert, dass noch nicht realisierte Gewinne das Periodenergebnis und folglich auch die Besteuerung sowie möglicherweise die Gewinnausschüttung erhöhen (vgl. Leffson (1987), S. 251).
Ausnahmen von der Fixierung der AHK als Wertobergrenze ergeben sich bei der Bewertung saldierungspflichtigen Deckungsvermögens gemäß Abs. 1 Satz 4, bei der bilanziellen Abbildung von Bewertungseinheiten gemäß § 254 Satz 1, bei der Währungsumrechnung gemäß § 256a Satz 2 sowie bei der Bewertung von Finanzinstrumenten des Handelsbestands gemäß § 340e Abs. 3 bei Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten.
Rn. 9
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Das Anschaffungswertprinzip verbietet nicht nur eine höhere Bewertung als zu den AHK. Es legt auch den Wertmaßstab fest, mit dem VG nach Beendigung des Erwerbs- bzw. Herstellungsvorgangs zunächst zu erfassen sind (vgl. zum Wertmaßstab AHK ausführlich HdR-E, HGB § 255, Rn. 7ff.). Die Erfassung erworbener bzw. hergestellter VG zu den AHK soll die Erfolgsneutralität des Anschaffungs- bzw. Herstellungsvorgangs sicherstellen (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 3). "Auf der Erfolgsneutralisierung von Ausgaben, die erst in späteren Perioden zu Aufwand werden, beruht das Grundprinzip der Aktivierung und damit die Bilanz überhaupt" (Leffson (1987), S. 251).
Rn. 10
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
In der StB sind abnutzbare WG des AV bei der Zugangsbewertung mit ihren AHK oder dem an deren Stelle tretenden Wert (z. B. bei Entnahme- und Einlagevorgängen grds. der Teilwert) anzusetzen. Bei der Folgebewertung sind AfA, AfaA, erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen sowie Abzüge nach § 6b EStG und ähnliche Abzüge zu berücksichtigen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Sonstige WG (z. B. Grund und Boden, Beteiligungen, UV) sind mit den AHK oder dem an deren Stelle tretenden Wert, vermindert um Abzüge nach § 6b EStG und ähnliche Abzüge, anzusetzen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Die AHK, die auch steuerrechtlich durch § 255 geprägt sind (vgl. Schmidt: EStG (2020), § 6, Rn. 1), dürfen – analog zu den HGB-Vorschriften – grds. nicht überschritten werden (Ausnahme: VG, die Bestandteil einer Bewertungseinheit gemäß § 254 sind (vgl. § 5 Abs. 1a Satz 2 EStG) und bestimmte zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente im Anwendungsbereich des § 340e (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG)).
Teilwertabschreibungen sind sowohl im AV als auch im UV bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung erlaubt (Wahlrecht; vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 2 Satz 2 EStG). Entfällt der Grund für eine zuvor vorgenommene Teilwertabschreibung oder stellt sich heraus, dass die Wertminderung nicht dauerhaft war, gilt das Wertaufholungsgebot gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3 EStG.