Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 40
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der dem Prüfer für die Prüfung des JA von AG, KGaA und SE zur Verfügung stehende Zeitraum ist unter Beachtung der im Folgenden beschriebenen gesetzlichen Fristen für
- Aufstellung des JA durch den Vorstand (bzw. bei monistisch strukturierten SE: die geschäftsführenden Direktoren),
- Vorlage des JA beim AP,
- Prüfung des JA durch den AP,
- Vorlage des geprüften JA und Prüfungsberichts des AP beim AR (bzw. bei monistisch strukturierten SE: Verwaltungsrat),
- Prüfung des JA durch den AR/Verwaltungsrat sowie Abfassung des schriftlichen Prüfungsberichts für die HV,
- i. d. R. Feststellung des JA durch Vorstand und AR bzw. Verwaltungsrat,
- Einberufung der HV,
- zugleich Auslegung des i. d. R. festgestellten JA für Aktionäre in den Räumen der Gesellschaft,
- Abhaltung der HV und Vorlage des i. d. R. von Vorstand und AR bzw. Verwaltungsrat festgestellten JA dort,
- Offenlegung des festgestellten JA
recht knapp bemessen. Dies gilt umso mehr, als heute in Publikumsgesellschaften die HV sehr frühzeitig stattfinden.
Rn. 41
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
§ 264 Abs. 1 Satz 3 verpflichtet die gesetzlichen Vertreter einer prüfungspflichtigen KapG, den JA und Lagebericht binnen drei Monaten nach dem Abschlussstichtag aufzustellen. Unverzüglich nach der Aufstellung müssen der JA und Lagebericht dem AP von den gesetzlichen Vertretern zur Prüfung vorgelegt werden (vgl. § 320 Abs. 1 Satz 1). Dem AR einer AG, KGaA und (dualistisch strukturierten SE) muss Gelegenheit gegeben werden, JA, Lagebericht und Bericht des AP zu prüfen (vgl. § 171 Abs. 1 AktG) und über das Ergebnis seiner Prüfung schriftlich an die HV zu berichten (vgl. § 171 Abs. 2 Satz 1 AktG; gemäß § 47 SEAG gilt § 171 Abs. 1f. AktG im Fall einer monistisch aufgebauten SE entsprechend). Dem (aktienrechtlichen) AR bzw. Verwaltungsrat wird für seinen Bericht eine Frist von max. zwei Monaten eingeräumt (vgl. § 171 Abs. 3 AktG; im Übrigen § 22 Abs. 2 SEAG). I.d.R. stellen Vorstand und AR den JA nach dessen Prüfung durch den AR gemeinsam fest (im monistischen SE-System: allein der Verwaltungsrat). Wird die Aufstellungsfrist für den JA von drei Monaten sowie die Zwei-Monats-Frist vom AR für die Prüfung des Abschlusses in Anspruch genommen, bleiben dem AP lediglich zwei Monate für die Prüfung.
Rn. 42
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die HV ist nach § 123 Abs. 1 AktG mindestens dreißig Tage, also einen Monat, vor dem Tag der Versammlung einzuberufen. Von der Einberufung an muss der
- geprüfte JA,
- Lagebericht,
- Bericht des AR/Verwaltungsrats sowie
- Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns
in den Räumen der Gesellschaft ausgelegt und auf Verlangen den Aktionären in Abschrift zur Verfügung gestellt oder – wie inzwischen üblich – auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich gemacht werden. Dies gilt entsprechend auch bei einem MU für den geprüften KA, Konzernlagebericht und Bericht des AR/Verwaltungsrats (vgl. § 175 Abs. 2 AktG). Die HV muss spätestens im achten Monat nach Ende des GJ abgehalten werden (vgl. § 175 Abs. 1 Satz 2 AktG). Dabei ist der geprüfte JA vorzulegen, damit die HV den Vorstand bzw. Verwaltungsrat entlasten (vgl. § 120 Abs. 1 Satz 1 AktG) und über die Gewinnverwendung entscheiden (vgl. § 174 Abs. 1 AktG) kann. Die gesetzlichen Vertreter haben den geprüften und festgestellten JA spätestens ein Jahr nach Ende des GJ an die das UN-Register führende Stelle zwecks Offenlegung zu übermitteln (vgl. § 325 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1a Satz 1). Zusätzlich sind die Anmeldungs- und Hinterlegungsfristen nach § 123 Abs. 2f. AktG zu beachten.
Rn. 43
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Aufgrund des engen Zeitrahmens sind für eine ordnungsgemäß durchgeführte AP Vor- und Zwischenprüfungen erforderlich, die z. T. bereits vor Abschluss des GJ stattfinden müssen. Lediglich bei Erfüllung der Soll-Vorschrift des § 318 Abs. 1 Satz 3, d. h. nur bei einer Wahl des AP vor Ablauf des GJ, auf das sich seine Prüfung erstreckt, werden dem Prüfer eine frühzeitige Prüfungsplanung sowie eine angemessene Zeit für die erforderlichen Vor- und Zwischenprüfungen eingeräumt. Der AP sollte deshalb immer auf der ordentlichen HV gewählt werden, die in dem GJ stattfindet, auf das sich die Prüfung bezieht, und auf der über die Entlastung der gesetzlichen Vertreter sowie die Gewinnverwendung des dem Prüfungsjahr vorangegangenen Jahres entschieden wird. In diesem Fall kann der Prüfer noch vor, am oder nach dem Abschlussstichtag bis zum Aufstellungstag ohne Zeitdruck und u. a. gestützt auf seine Feststellungen bei der Systemprüfung über die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit des IÜS den Prüfungsumfang bestimmen. Wird der Prüfer dagegen erst zu einem späteren Zeitpunkt, evtl. sogar erst nach Ablauf des GJ gewählt, wird der für die Prüfung zur Verfügung stehende Zeitraum u. U. so stark verkürzt, dass eine ordnungsgemäße Prüfung gefährdet ist.