Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Dr. Sabine Heusinger-Lange
Rn. 115
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Das Bilanzgliederungsschema beinhaltet ausdrücklich die Zeile "Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag". Der Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag stellt das Ergebnis des bilanzierenden UN für das abgelaufene GJ dar, für welches Rechnung gelegt wird (vgl. hinsichtlich des Inhalts dieser Position HdR-E, HGB § 275, Rn. 107). Allg. lässt sich festhalten, dass der Jahresüberschuss jener Betrag ist, der sich aus der GuV als Überschuss der Erträge über die Aufwendungen ergibt. Beim Jahresfehlbetrag handelt es sich analog hierzu um den Betrag, der sich aus der GuV als Überschuss der Aufwendungen über die Erträge ergibt. Für diejenigen, die für die geschäftlichen Aktivitäten des UN verantwortlich sind, stellt diese Größe demnach einen Erfolgsmesser dar. Für die Kap.-Geber liefert der Jahresüberschuss einen Hinweis auf die Verzinsung, die das eingesetzte Kap. im UN erzielt hat.
Diese EK-Position hat in der Bilanz stets zu erscheinen, wenn die Bilanz vor Ergebnisverwendung aufgestellt wird (vgl. HdR-E, HGB § 266, Rn. 119). Wird dagegen die Ergebnisverwendung – wenn auch nur z. T. – bei der Bilanzaufstellung berücksichtigt, so darf das Jahresergebnis als solches nicht mehr gesondert ausgewiesen werden (vgl. § 268 Abs. 1 Satz 2), sondern ist auf andere Bilanzpositionen – genauer EK-Positionen – zu verteilen. § 268 Abs. 1 Satz 1 enthält jedoch lediglich ein Ausweiswahlrecht. D.h., dass grds. auch dann, wenn bereits zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung das Ergebnis des abgelaufenen GJ teilweise oder vollständig verwendet worden ist, der getrennte Ausweis von Jahresergebnis und Gewinn-/Verlustvortrag möglich ist (vgl. zur Einschränkung dieses Wahlrechts HdR-E, HGB § 268, Rn. 33). Der Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag stellt unstreitig das Bindeglied zwischen der GuV und der Bilanz dar und ist das wirtschaftliche Ergebnis des abgelaufenen GJ; insofern ist diese EK-Position eine wichtige Größe für die Bilanzanalyse.
Rn. 116
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Nicht als Verwendung des Jahresergebnisses gilt jedoch der Gewinnverwendungsvorschlag, selbst wenn hierdurch möglicherweise die bilanzielle Vereinnahmung des Dividendenanspruchs beim Anteilseigner erreicht wird (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 266, Rn. 86, 113c). Auch der Tatbestand, dass die HV bzw. Gesellschafterversammlung über die Verwendung des Jahresergebnisses entscheidet, unterstützt diesen Bilanzausweis. Dieses Entscheidungsrecht führt dazu, dass die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Jahresergebnis am BilSt noch dem bilanzierenden UN zusteht. Solange eine vollständige Disposition seitens der HV bzw. Gesellschafterversammlung über das Jahresergebnis nach dem BilSt möglich ist, sollte ein Ausweis des Jahresergebnisses in der Bilanz erfolgen. Etwas anderes gilt konsequenterweise nur für den Fall einer Vorabdividende (vgl. HdR-E, HGB § 268, Rn. 12).
Die KESt, die die ausschüttende Gesellschaft für den Anteilseigner einzubehalten hat, darf ebenfalls nicht das Jahresergebnis mindern. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG entsteht die KESt in dem Moment, in dem die Kap.-Erträge dem Anteilseigner zufließen. Aus § 44 Abs. 2 EStG kann entnommen werden, dass von einem Zufluss grds. erst im Zeitpunkt der Auszahlung auszugehen ist. I.S.d. wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist die Auszahlung gegeben, sobald die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Jahresergebnis als solches weder dem bilanzierenden UN noch der HV bzw. Gesellschafterversammlung zusteht, mithin also der Zeitpunkt, zu dem über die Verwendung des Jahresergebnisses – wenn auch nur teilweise – endgültig entschieden worden ist. Auf eine Auszahlung im betriebswirtschaftlichen Sinne, d. h. auf einen Abfluss von flüssigen Mitteln, kommt es hier nicht an. Aus diesem Grund ist auch die bilanzielle Vereinnahmung der Dividende beim Anteilseigner aufgrund spezieller bilanzieller Vorschriften nicht für die Entstehung der KESt bedeutsam. Demnach gilt: Solange kein Gewinnverwendungsbeschluss gefasst ist, ist das Jahresergebnis ungeschmälert, also auch vor KESt, auszuweisen.
Die KSt ist demgegenüber als Steueraufwand des bilanzierenden UN zu klassifizieren und hat das Jahresergebnis dieser Gesellschaft zu mindern (vgl. HdR-E, HGB § 275, Rn. 92ff.).
Rn. 117
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Vor dem Hintergrund, dass das Jahresergebnis das Bindeglied zwischen Bilanz und GuV darstellt, ist davon auszugehen, dass – abgesehen von dem Ausweiswahlrecht gemäß § 268 Abs. 1 Satz 1 – ein Ausweis dieser Bilanzposition im EK-Bereich in jedem Fall sachgerecht ist. Dies dürfte insbesondere auch für den Fall gelten, dass ein ausgeglichenes Jahresergebnis von Null erzielt wird. Die Möglichkeit, gemäß § 265 Abs. 8 auf den Ausweis sog. Leerposten zu verzichten, dürfte insoweit nicht auf die Bilanzposition "Jahresergebnis" angewandt werden. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 265 Abs. 8, sondern dürfte sich aus Klarheits- und Übersichtlichkeitsgründen zwingend ergeben. Insbesondere dürfte wohl davon auszugehen sein, dass die Erwir...