Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Tobias Brembt
Rn. 61
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
§ 320 wurde durch das BilMoG um Abs. 4 erweitert. Darin wird die Pflicht des bisherigen AP festgelegt, dem "neuen Abschlussprüfer auf schriftliche Anfrage über das Ergebnis der bisherigen Prüfung zu berichten" (§ 320 Abs. 4 (1. Halbsatz)). Durch die Regelung wird Art. 23 Abs. 3 der AP-R 2006/43/EG (ABl. EU, L 157/87ff. vom 09.06.2006, ABl. EU, L 158/196ff. vom 27.05.2014) in nationales Recht umgesetzt, der bei einem Prüferwechsel fordert, dass der bisherige AP dem neuen AP "Zugang zu allen relevanten Informationen über das geprüfte Unternehmen und über die zuletzt durchgeführte Abschlussprüfung dieses Unternehmen" zu gewähren hat. Zentrales Element der beiden Vorschriften ist ein direkt wirkendes Informationsrecht des neuen AP gegenüber dem bisherigen AP, das in nationalem Recht aufgrund der Bezugnahme auf § 321 (vgl. § 320 Abs. 4 (2. Halbsatz)) in Berichtsform zu erfüllen ist.
Rn. 62
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Dem Gesetzeswortlaut ist nichts anderes zu entnehmen, als dass das Informationsrecht des § 320 Abs. 4 bei jedem Prüferwechsel, d. h. sowohl bei einem vorzeitigen Prüferwechsel aufgrund gerichtlicher Abberufung nach § 318 Abs. 3 oder einer Kündigung seitens des bisherigen AP aus wichtigem Grund nach § 318 Abs. 6 als auch bei einem regulären Prüferwechsel, besteht (vgl. dies klarstellend BT-Drs. 16/10067, S. 91).
Rn. 63
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Da der bisherige AP dem neuen AP nur "auf schriftliche Anfrage" über die bisherigen Prüfungsergebnisse zu berichten hat, ist er nicht verpflichtet, dem neuen AP unaufgefordert über die bisherigen Prüfungsergebnisse zu berichten (vgl. IDW (2021), S. 64). Auf einen schriftlichen Antrag hin, hat der bisherige AP seiner Berichtspflicht an den neuen AP allerdings unverzüglich nachzukommen (vgl. Köhler/Meyer (2008), S. 183 (194f.)).
Rn. 64
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Da § 320 Abs. 4 (2. Halbsatz) sich auf § 321 ("Prüfungsbericht") bezieht, hat der bisherige AP den neuen AP nur in Berichtsform über die bisherigen Prüfungsergebnisse zu unterrichten. Die RegB zum BilMoG konkretisiert(e) hierzu, dass durch die Neuregelung kein zusätzliches Berichtsinstrument geschaffen wurde (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 91). D.h., der bisherige AP ist jeweils nach schriftlicher Anfrage des neuen AP verpflichtet, diesem bei vorzeitigem Prüferwechsel einen Bericht gemäß § 318 Abs. 6 Satz 4 sowie bei regulärem Prüferwechsel einen Prüfungsbericht gemäß § 321 zukommen zu lassen. Die genannten Berichte waren dem neuen AP schon vor Inkrafttreten des BilMoG mittelbar über sein Prüfungsrecht nach § 320 Abs. 1 Satz 2 zugänglich, da sowohl der Bericht nach § 318 Abs. 6 Satz 4 als auch nach § 321 den gesetzlichen Vertretern oder ggf. dem AR vom bisherigen AP zuzuleiten war/ist (vgl. Bonner HGB-Komm. (2016), § 318, Rn. 221). Zudem war der neue AP – auch schon vor Inkrafttreten des BilMoG – nach § 26 Abs. 2f. BS WP/vBP (a. F.) verpflichtet, bei einem Prüferwechsel aus wichtigem Grund den Bericht über die bisherigen Prüfungsergebnisse einzusehen. Somit hat sich die Informationsversorgung eines AP, wenn er ein neues Mandat übernimmt, nicht wesentlich verbessert. Lediglich der Anwendungsbereich der Berichtspflicht des bisherigen AP wurde auf Fälle ausgeweitet, in denen eine laufende Prüfung gemäß § 318 Abs. 3 durch gerichtliche Bestellung eines neuen AP beendet wird (vgl. zu den möglichen Fällen Bonner HGB-Komm. (2016), § 318, Rn. 131ff.). Allerdings kann eine gerichtliche Ersetzung eines AP lediglich dann erfolgen, wenn
- dies aus einem in der Person des gewählten Prüfers liegenden Grund geboten erscheint, insbesondere, wenn ein Ausschlussgrund nach § 319 Abs. 2 bis 5 oder nach § 319b besteht oder ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 oder Abs. 5 Unterabs. 2 Satz 2 der AP-VO (EU) Nr. 537/2014 (ABl. EU, L 158/77ff. vom 27.05.2014) vorliegt, oder
- die Vorschriften zur a) Bestellung des Prüfers nach Art. 16 oder b) Laufzeit des Prüfungsmandats nach Art. 17 der AP-VO nicht eingehalten worden sind (vgl. § 318 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1f.; im Übrigen BT-Drs. 19/26966, S. 101f.; BT-Drs. 19/29879, S. 174).
Vorbehaltlich der Tatsache, dass der zur Ersetzung berechtigende Sachverhalt erst nach der Wahl eintritt oder danach bekannt wird (vgl. § 318 Abs. 3 Satz 3), ist der entsprechende Antrag (weiterhin) binnen zwei Wochen nach dem Tag der Wahl des AP zu stellen (vgl. § 318 Abs. 3 Satz 2). Insoweit dürfte zweifelhaft sein, ob der gerichtlich neu bestellte AP an einem Bericht des abgesetzten AP überhaupt interessiert ist. Denn zum einen dürfte der Bericht aufgrund des grds. frühen Stadiums der Prüfung weitgehend inhaltsleer sein; zum anderen dürfte die Befangenheit des bisher bestellten AP einer Verwertung von dessen Bericht (im Einklang mit ISA [DE] 600 (2020)) im Wege stehen (vgl. Bonner HGB-Komm. (2021), § 320, Rn. 110.1; dafür, dass schon theoretisch keine Berichtspflicht besteht Beck Bil-Komm. (2020), § 320 HGB, Rn. 42). Die RegB zum BilMoG stellt(e) zudem klar, dass das unmittelbare ...