Dr. Eckart Ischebeck, Astrid Nissen-Schmidt
A. Bedeutung der Rechtsnorm
I. Historische Entwicklung
Rn. 1
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Die §§ 264a bis 264c wurden im Jahre 2000 durch das Kapitalgesellschaften- & Co.-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) vom 24.02.2000 (BGBl. I 2000, S. 154ff.) in das HGB eingefügt. Mit der Verkündigung im BGBl. am 08.03.2000 sind die im KapCoRiLiG enthaltenen Bestimmungen in Kraft getreten. In Art. 48 EGHGB wurden Übergangsvorschriften für die erstmals von KapG & Co. zu befolgenden neuen Vorschriften geregelt. Die §§ 264a bis 264c waren erstmals für GJ, die nach dem 31.12.1999 begonnen haben, anzuwenden.
Rn. 2
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Dem KapCoRiLiG war eine längere Diskussion über die Gleichstellung der Anforderungen an KapG & Co. mit denen an KapG vorausgegangen. Ausgangspunkt war die in beiden Rechtsformen fehlende unbeschränkte Haftung einer natürlichen Person für die Verbindlichkeiten betreffender Gesellschaft. Schon im Zuge der Umsetzung der 4. EG-R (78/660/EWG) in Deutschland, die u. a. die Offenlegung der RL von GmbH zur Folge hatte, hatte der erste RegE des sog. Bilanzrichtlinien-Gesetzes (BiRiLiG) vom 19.12.1985 (BGBl. I 1985, S. 2355ff.) eine Gleichbehandlung von KapG & Co. mit KapG vorgesehen (vgl. § 178 HGB-E (BR-Drs. 61/82)). Eine Verpflichtung durch die 4. EG-R bestand hierfür nicht. Die im Jahre 1990 von der EU erlassene sog. GmbH & Co.-R 90/605/EWG (ABl. EG, L 317/60ff. vom 16.11.1990) verpflichtete die BRD, dies nachzuholen. Die Bundesregierung ließ sich damit Zeit. Mit Datum vom 15.10.1999 wurde schließlich der RegE zum KapCoRiLiG vorgelegt (vgl. BT-Drs. 14/1806).
Rn. 3
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Die RL von KapG & Co. erfolgte vor Ergehen des KapCoRiLiG nach den für alle Kaufleute geltenden Regelungen (vgl. §§ 242 bis 256(a)); die in Gestalt der §§ 264ff. bestehenden ergänzenden Vorschriften für KapG waren nicht anzuwenden. Nur beim Überschreiten bestimmter Größenmerkmale (vgl. § 1 PublG; vgl. auch HdR-E, PublG § 1, Rn. 2ff.) sah das im Jahre 1969 ergangene PublG eine weitgehende Gleichstellung aller PersG, also auch der KapG & Co., mit KapG bzw. – vor Geltung des BiRiLiG – mit AG vor. § 3 Abs. 1 Nr. 1 PublG nimmt nunmehr KapG & Co. ausdrücklich von der Geltung des PublG aus.
II. Gleichstellung von Personenhandelsgesellschaften i. S. d. § 264a mit Kapitalgesellschaften
Rn. 4
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Die Aufstellung, Prüfung und Offenlegung der JA von KapG & Co. unterliegt seit Inkrafttreten des KapCoRiLiG im Jahre 2000 in vollem Umfang den bisher schon von einer KapG zu beachtenden Regeln des HGB. Das sind konkret die allg. Vorschriften für den JA (vgl. §§ 242 bis 256a) sowie die ergänzenden Bestimmungen für KapG und haftungsprivilegierte PersG i. S. d. § 264a (vgl. §§ 264 bis 330).
Rn. 5
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Infolge der Verweisungen in § 340a haben auch Kredit-, Finanzdienstleistungs-, Wertpapier-, Zahlungs- und E-Geld-Institute in einer durch § 264a Abs. 1 erfassten Rechtsform ihre RL, Prüfung und Offenlegung nach den für große KapG i. S. v. § 267 Abs. 3 geltenden Regeln auszurichten.
Rn. 6
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Die ergänzenden Vorschriften für die RL von KapG sowie KapG & Co. gehen, unter Berücksichtigung größenabhängiger Erleichterungen, i.W. in folgenden Aspekten über die für alle Kaufleute geltenden Bestimmungen hinaus:
§ 264 Abs. 1 |
Erweiterung des JA um einen Anhang Aufstellung eines Lageberichts |
§ 264 Abs. 2 |
Verpflichtung, durch den JA unter Beachtung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der VFE-Lage zu vermitteln |
§ 265 |
Allg. Grundsätze für die Gliederung des JA |
§ 266 |
Gliederung der Bilanz |
§§ 268, 270 bis 272, 274 |
Vorschriften zu einzelnen Posten der Bilanz und Bilanzierungsvorschriften |
§ 275 |
Gliederung der GuV |
§ 277 |
Vorschriften zu einzelnen Posten der GuV |
§§ 284, 285 |
Vorschriften zur Aufstellung und zum Inhalt des Anhangs |
§§ 289, 289b bis f |
Lagebericht |
§§ 290 bis 315e |
Aufstellung von KA und Konzernlagebericht |
§§ 316 bis 324a |
(Abschluss-)Prüfung |
§§ 325 bis 329 |
Offenlegung des JA und weiterer Unterlagen |
§ 330 |
VO-Ermächtigung für Formblätter und andere Vorschriften |
B. Erläuterungen
I. Betroffene Rechtsformen
Rn. 7
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
§ 264a Abs. 1 unterwirft ausdrücklich nur Gestaltungsformen der OHG und KG den RL-, Prüfungs- und Offenlegungsvorschriften für KapG. Andere Formen von PersG ebenso wie andere Rechtsformen werden nicht adressiert.
Rn. 8
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Das Vorliegen einer OHG ist an folgende Kriterien geknüpft: Unbeschränkte Haftung aller Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern und Betrieb eines Handelsgewerbes (vgl. § 105 Abs. 1). Auf die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister kommt es insoweit nicht an. Betreibt die Gesellschaft kein Handelsgewerbe, bspw. Vermögensverwaltung, liegt eine OHG nur vor, wenn sie im Handelsregister eingetragen ist (vgl. § 105 Abs. 2 Satz 1).
Vergleichbare Kriterien gelten für die KG mit der Abweichung, dass bei einem oder mehreren Gesellschaftern die Haftung auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditist(en)); mindestens ein Gesellschafter (Komplementär) muss den Gesellschaftsgläubigern jedoch mit seinem gesamten Vermögen haften (vgl. § 161 Abs. 1).
...