Bestimmung der bewegten Lieferung bei einem Reihengeschäft
Praxis-Hinweis: Zum 1.1.2020 wurde das Reihengeschäft gesetzlich geregelt
Umsatzsteuer ist oft nicht einfach, die zutreffende steuerliche Würdigung von Reihengeschäften ist allerdings oftmals besonders schwierig. Dementsprechend viele Fehler passieren. Bei einem Reihengeschäft schließen mehrere Unternehmer über einen Liefergegenstand Umsatzgeschäfte ab. Der Liefergegenstand wird dabei regelmäßig direkt vom ersten Lieferanten in der Kette zum letzten Unternehmer befördert. Somit gibt es also nur einen Transportvorgang, aber mehrere Liefergeschäfte, die getrennt umsatzsteuerlich zu würdigen sind.
Daher muss der Transportvorgang einer der Lieferungen zugeordnet werden. Denn es kann nur eine bewegte Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung oder Ausfuhrlieferung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen steuerfrei sein. Bei den restlichen übrigen Lieferungen handelt es sich um sog. ruhende, grundsätzlich steuerpflichtige Lieferungen.
Der Regelfall ist dabei, dass die Warenbewegung zur ersten Lieferung erfolgt. Dies entsprach auch der bis Ende 2019 geltenden deutschen Rechtslage in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG a.F.
Die gesetzliche Vermutung galt nicht, wenn einer der Unternehmer in der Lieferkette nachweist, dass er die Verfügungsmacht an den Waren bereits vor dem Beginn des Warentransports an den letzten Kunden übertragen hat. Hier wurde die Verfügungsmacht durch die vollständige Zahlung des Kaufpreises durch die britische Gesellschaft bereits vor der Ausfuhr nach Peru an die britische Gesellschaft übertragen. Und dies geschah im Inland. Dies alles steht, wie der BFH (BFH Urteil vom 11.03.2020 - XI R 18/18) ausführlich darlegt, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH.
Seit 1.1.2020 gilt für Reihengeschäfte der § 3 Abs. 6a UStG, der etwas mehr Rechtssicherheit schafft. Dies deshalb, weil verschiedene Aspekte des Reihengeschäfts nunmehr gesetzlich geregelt sind. Insbesondere besteht nunmehr eine Anknüpfung an die Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Komplex bleibt das Reihengeschäft in umsatzsteuerlicher Hinsicht gleichwohl. Das Urteil des BFH bleibt auch für Fälle aus der Zeit vor dem 1.1.2020 von Interesse, da es die Rechtslage betrifft, die auch in den nächsten Jahren noch Gegenstand von Betriebsprüfungen sein wird.
Lieferung sollte von Deutschland direkt nach Peru stattfinden
Die Klägerin betreibt ein Einzelunternehmen und handelt mit Maschinenteilen. Im September 2012 wurde sie von einer in Großbritannien ansässigen Gesellschaft beauftragt, Ersatzteile zu liefern (UK-Ltd). Dem lag die Bestellung einer US-Gesellschaft zugrunde (US-Inc.), die wiederum eine Bestellung von einem Unternehmen in Peru vorliegen hatte. Die Lieferung sollte direkt von Deutschland nach Peru erfolgen. Die Klägerin rechnete mit der UK-Ltd. ohne Umsatzsteuer ab. Es erfolgte nach einem Abschlag die vollständige Bezahlung. Es wurde eine steuerfreie Ausfuhrlieferung deklariert.
Anfang 2013 wurde eine deutsche Spedition beauftragt, die Maschinenteile nach Peru zu transportieren. Als Versender wurde die US-Inc. benannt. Die Lieferung erfolgte im März 2013. Die Frachtkosten wurden von der US-Inc. getragen. Das Finanzamt vertrat im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung die Auffassung, dass es sich hier um ein Reihengeschäft gehandelt habe. Der Ort der Leistung sei hierbei Deutschland gewesen. Einspruch und Klage gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide hatten keine Erfolg.
UK-Ltd. erhielt die Verfügungsmacht im Inland – Lieferung im Inland erfolgt
Auch die Revision zum BFH wurde zurückgewiesen:
- Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und
- gelangt der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer,
- ist die Beförderung oder Versendung nur einer der Lieferungen zuzuordnen.
Ein solches Reihengeschäft ist auch bei Ausfuhrlieferungen möglich. Die Unternehmer führen dabei mehrere aufeinander folgende Lieferungen aus. Allerdings hat hier die UK-Ltd. bereits im Inland Verfügungsmacht über die Maschinenteile erlangt. Insofern ist die Lieferung an die UK-Ltd. im Inland erfolgt, eine steuerfreie Ausfuhrlieferung liegt nicht vor. Insbesondere ist die Lieferung in das Drittland nicht durch die Klägerin erfolgt.
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