Arbeitszimmer oder Homeoffice
Mit BMF-Schreiben vom 18.04.2019 hat das BMF Stellung zur einkommensteuerlichen Beurteilung der Vermietung eines Arbeitszimmers oder einer als Homeoffice genutzten Wohnung genommen (BMF, Schreiben v. 18.04.2019, IV C 1 – S 2211/16/10003). Die Finanzverwaltung setzt mit diesem Schreiben verschiedene Urteile des BFH um. Zentrale Bedeutung hat ein Urteil des BFH vom 17.04.2018 (BFH Urteil vom 17.04.2018, IX R 9/17).
Praxis-Hinweis: Durch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind die Aufwendungen grundsätzlich vollständig steuerlich anzusetzen
Das BMF setzt mit dem Schreiben vom 18.4.2019, welches das vorherige BMF-Schreiben vom 13.12.2005 zu diesem Thema geändert hat, ein Urteil des BFH vom 17.04.2018 um. Dieses Urteil war für die Verwaltung vorteilhaft, sodass die Umsetzung als Verwaltungsauffassung nicht verwundert. Zentrale Bedeutung für die einkommensteuerliche Beurteilung von Leistungen, die der Arbeitgeber für ein in der Wohnung oder im Haus des Arbeitnehmers gelegenes Arbeitszimmer oder ein sogenanntes Homeoffice zahlt, ist stets, in wessen Interessen die Nutzung primär erfolgt.
Liegt das primäre Interesse beim Arbeitgeber, liegen regelmäßig Einkünfte aus Vermietung beim Arbeitnehmer vor. Auf diese Weise umgeht er für seine Aufwendungen sodann die Abzugsgrenzen für das häusliche Arbeitszimmer. Grundsätzlich ist somit ein vollständiger Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten möglich.
Allerdings hat der BFH entschieden, dass in einem solchen Fall das vermietete Zimmer als gewerbliche Immobilie anzusehen ist, sodass eine objektbezogene Überschussprognose zu ermitteln ist. Ist eine solche aufgrund der Höhe der Aufwendungen im Verhältnis zur erhaltenen Miete nicht gegeben, droht der Gau. Das gesamte Mietverhältnis ist als steuerlich unbeachtlicher Vorgang auf der Vermögensebene anzusehen. Dies gilt zumindest für den Arbeitnehmer, denn aus der Sicht des Arbeitgebers liegen grundsätzlich weiterhin Betriebsausgaben durch die Mietzahlungen vor, es sei denn, es besteht ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO).
Insofern kann der dringende Rat vor der Gestaltung eines neuen Mietverhältnisses nur sein, sauber zu prüfen, wie sich im jeweiligen Einzelfall die Überschussprognose darstellt. Für Altfälle, in denen der Mietvertrag vor dem 01.01.2019 abgeschlossen wurde, ist insofern etwas Druck genommen, als auf diese weiterhin die bisherige Rechtsprechung des BFH Anwendung findet. Danach ist bei der Vermietung eines im Haus oder der Wohnung des Arbeitnehmers gelegenen Büros typisierend von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Bei Neufällen ist indessen höchste Vorsicht geboten.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur bei Überlassung des Wohnraums vorrangig im Interesse des Arbeitgebers
Vermietet ein Arbeitnehmer Wohnraum an seinen Arbeitgeber, in dem er Arbeiten für den Arbeitgeber verrichtet, können die Einnahmen entweder Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 EStG oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG sein. Dabei können nach der Rechtsprechung des BFH Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur dann vorliegen, wenn die Überlassung des Wohnraums vorrangig im Interesse des Arbeitgebers liegt.
Je nachdem, welche Art von Einkünften vorliegt, können Aufwendungen des Arbeitnehmers Werbungskosten bei der jeweiligen Einkunftsart sein. Bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit ist hierbei sodann die Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer zu beachten, weswegen es regelmäßig interessanter ist, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Aufwendungen nicht in einem Missverhältnis zu den Einnahmen stehen dürfen, damit von einem Überschuss ausgegangen werden kann.
Wesentlicher Inhalt des BMF-Schreibens:
Der wesentliche Inhalt des BMF-Schreibens lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit liegen vor, wenn der Arbeitgeber Bezüge oder Vorteile gewährt, die durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Dient das Arbeitszimmer oder Homeoffice in erster Linie als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft, sind die Einnahmen Arbeitslohn. Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer im Unternehmen über einen weiteren Arbeitsplatz verfügt und die Nutzung des Arbeitszimmers oder Homeoffices lediglich gestattet oder geduldet wird.
- Für die Annahme von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung ist es erforderlich, dass neben dem Dienstverhältnis eine weitere Rechtsbeziehung besteht und das Arbeitszimmer oder Homeoffice vorrangig im betrieblichen Interesse genutzt wird. Ferner ist erforderlich, dass das Interesse über die Entlohnung des Arbeitnehmers und die Erbringung der jeweiligen Arbeitsleistung hinausgeht. Für dieses besondere betriebliche Interesse spricht insbesondere, wenn der Arbeitnehmer keinen geeigneten Arbeitsplatz im Unternehmen hat, insbesondere die Anmietung von Räumen erfolglos geblieben ist. Auch die Nutzung eines Arbeitszimmers oder eines Homeoffices durch andere Mitarbeiter ist ein Indiz, ferner eine ausdrücklich schriftliche Vereinbarung.
- Liegt eine zweckentfremdete Vermietung an den Arbeitgeber zu dessen betrieblichen Zwecken vor, handelt es sich um eine Gewerbeimmobilie, für die die Einkünfteerzielungsabsicht ohne Typisierung durch objektbezogene Überschussprognose festzustellen ist. Diese Aussage des BMF beruht auf einem BFH-Urteil (BFH Urteil vom 17.04.2018 - IX R 9/17).
- Ist die Prognose zum Überschuss negativ, handelt es sich um einen steuerlich unbeachtlichen Vorgang auf der privaten Vermögensebene. Arbeitslohn kommt dann nicht mehr in Betracht.
- Sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzunehmen, sind die Aufwendungen des Arbeitnehmers in voller Höhe als Werbungskosten anzuerkennen. Handelt es sich hingegen um Arbeitslohn, greifen die Beschränkungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG.
- Das Schreiben findet in allen offenen Fällen Anwendung. Für vor dem 01.01.2019 abgeschlossene Mietverträge wird es aber nicht beanstandet, wenn die alte Rechtsprechung des BFH weiterhin angewendet wird. Hiernach wird die Einkünfteerzielungsabsicht typisierend ermittelt.
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