Nachträgliche Änderung des Steuerbescheids

Das Finanzamt darf einen bestandskräftigen Steuerbescheid nicht zu Lasten des Steuerzahlers ändern, wenn der Steuererklärung Unterlagen beigefügt waren, aus denen die Höhe der Betriebseinnahmen ersichtlich war.

Vor einer Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids ist kein Steuerzahler gefeit. Aufgrund von Kontrollmitteilungen oder Betriebsprüfungen kann es immer wieder vorkommen, dass das Finanzamt Einnahmequellen entdeckt, die der Steuerzahler beim Ausfüllen der Steuererklärung übersehen, vergessen oder absichtlich verschwiegen hat. In solchen Fällen flattert den Betroffenen ein nachträglicher Änderungsbescheid in Haus, der mit saftigen Nachzahlungen inklusive Zinsen verbunden sein kann.
Was passiert aber, wenn der Steuerzahler alle Einkommensquellen angegeben hat, das Finanzamt aber bei der Prüfung eine Position einfach übersieht und erst aufgrund einer nachträglichen Kontrollmitteilung diesen Fehler korrigieren will? Damit hatte sich das Finanzgericht Baden-Württemberg zu beschäftigen.

Der Streitfall
Ein Landwirt, nebenberuflich als Aufsichtsratsmitglied einer Volksbank tätig, hatte in seiner Einkommensteuererklärung die Höhe des Gewinns aus der Aufsichtsratstätigkeit mit 3.035 Euro angegeben und eine Bescheinigung der Volksbank über Einnahmen von 6.071 Euro beigefügt. Allerdings hatte er für seine Steuererklärung weder eine Gewinnermittlung erstellt, noch die Anlage Einnahmen-Überschussrechnung zu seiner Nebentätigkeit ausgefüllt.
Diese Vorgehensweise verwirrte das Finanzamt offenbar so sehr, das es im Steuerbescheid nur den erklärten Gewinn ansetzte mit einer entsprechend zu niedrigen Steuerforderung. Nachdem das Finanzamt aufgrund einer Kontrollmitteilung auf den Fehler aufmerksam wurde, erhielt der Landwirt einen geänderten Bescheid mit einem korrigierten Gewinn von rund 5.000 Euro.

Finanzgericht schlägt sich auf die Seite des Klägers
Damit war der Kläger überhaupt nicht einverstanden. Nachdem das Finanzamt den Einspruch zurückgewiesen hatte, war er mit seiner Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg erfolgreicher. Denn das Finanzgericht schlug sich auf seine Seite (Urteil v. 19.7.2013, 9 K 2541/11). Nach Ansicht der Richter hätte das Finanzamt die Höhe der Betriebseinnahmen aufgrund der vorliegenden Unterlagen kennen müssen. Deswegen handle es sich in diesem Fall nicht um Einnahmen, die nachträglich bekannt geworden seien.
Zwar habe der Landwirt keine Gewinnermittlung vorgelegt und damit einen zu niedrigeren Gewinn erklärt. Dennoch habe es genügend Gründe gegeben für das Finanzamt, die vorliegenden Unterlagen genauer zu prüfen. Wenn es zum Zeitpunkt des ersten Steuerbescheids diese Prüfungen unterlässt, so ist es nicht berechtigt, diesen bestandskräftigen Bescheid zu ändern. Außerdem sei es keineswegs relevant, dass der Landwirt die Höhe der Betriebseinnahmen dem Finanzamt nicht auf einem amtlichen Vordruck, sondern lediglich formlos durch Vorlage einer Bescheinigung der Volksbank mitgeteilt habe.

Praxistipp
Die Tatsache, dass das Urteil inzwischen rechtskräftig ist, ist ein Hinweis darauf, dass das Finanzamt eingesehen hat, dass hier eigene Versäumnisse vorliegen. Die Vorgehensweise des Landwirts ist zur Nachahmung nicht empfehlenswert. Denn in der Regel werden die Finanzämter genauer prüfen und sofort nachfragen, wo die Gewinnermittlung oder die Einnahmen-Überschussrechnung bleibt.