Prozesskosten: Rolle rückwärts beim Steuerabzug

Da muss man sich schon vor Gericht streiten – und bleibt nach einem verlorenen Prozess noch auf den Kosten sitzen. Steuerlich sind diese Ausgaben dennoch keine außergewöhnliche Belastung. Sagt der Bundesfinanzhof und kehrt damit zu seiner strengen Rechtsprechung von früher zurück.

Wenn Sie sich entscheiden, wegen eines Streits mit dem Chef, mit dem Nachbarn oder mit einer Behörde vor Gericht zu ziehen, kommen viele Kosten auf Sie zu: Der Anwalt fordert Honorar, Gerichtskosten müssen gezahlt werden und ein Gutachten wird möglicherweise ebenfalls verlangt. Stehen Prozesskosten im Zusammenhang mit Ihrer Berufstätigkeit, können Sie diese als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen – beispielsweise wegen einer Kündigung oder bei einem Streit um ausstehende Honorare. Abzugsfähig sind die Ausgaben für den Anwalt – innerhalb der Gebührenordnung –, die Kostenbeschlüsse des Gerichts, Entschädigungen für Zeugen und Sachverständige, Fahrtkosten zu Anwalt und Gericht sowie Auslagen, zum Beispiel Porto- und Kopierkosten.

Aufwendungen vom Abzug ausgeschlossen

Bei Zivilprozessen außerhalb der beruflichen Tätigkeit ist das mit dem Steuerabzug schon schwieriger. Zudem hat sich die Rechtslage vor einigen Jahren geändert: Vor fünf Jahren hatte der Bundesfinanzhof einen neuen Kurs in der Rechtsprechung eingeschlagen und fast jeden Zivilprozess als zwangsläufig angesehen. Damit wurden fast alle Prozesskosten anerkannt – mit Ausnahme derer, bei denen der Rechtsstreit mutwillig und ohne Erfolgsaussichten vom Zaun gebrochen wurde. Der Gesetzgeber reagierte auf diese steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung und änderte 2013 das Einkommensteuergesetz. Seitdem sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren.

Fall: Schadensersatzklage wegen Behandlungsfehler

Nun ist der Bundesfinanzhof auch in Altfällen zu seiner früheren Rechtsauffassung zurückgekehrt. Konkret ging es um einen Mann, dessen Frau nach einer Krebskrankheit verstorben war. Der Witwer belangte den verantwortlichen Frauenarzt wegen eines Behandlungsfehlers und beanspruchte Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Prozesskosten in Höhe von rund 12.000 Euro machte er in seiner Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend.

Verfahren muss existenzielle Bereiche berühren

Hatte das Finanzgericht noch der Klage des Mannes stattgegeben, hob der Bundesfinanzhof das Urteil auf (Az. VI R 7/14). Kosten im Zusammenhang mit einem Zivilprozess sind demnach nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, soweit der Prozess die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen betrifft. In der Entscheidung erklären die Münchner Richter ausdrücklich, dass der Senat an der früheren Rechtsauffassung von der Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten nicht mehr festhalte. Im Gegenteil: Zivilprozesskosten seien nur abziehbar, wenn das Verfahren existenziell wichtige Bereiche menschlichen Lebens berühre. Ein Prozess um Schmerzensgeld zähle nicht dazu – derartige Ansprüche seien zwar von erheblicher wirtschaftlicher, nicht aber von existenzieller Bedeutung. Auch im vorliegenden Fall würde der Kläger ohne die Geltendmachung der Ansprüche nicht Gefahr laufen, die Existenzgrundlage zu verlieren oder seine lebensnotwendigen Bedürfnisse sowie die seiner Kinder nicht mehr befriedigen zu können.

Praxistipp: Scheidungskosten sind ausgenommen

Über die seit 2013 geltende Neuregelung hatte der Bundesfinanzhof nicht zu entscheiden. Damit bleibt weiter offen, wie eng die neue Gesetzesregelung ausgelegt werden muss. Das Finanzgericht Köln hat zum Beispiel vor kurzem Scheidungskosten von der Gesetzesvorschrift ausgenommen und als abzugsfähig erklärt. 


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