Vorsteuerabzug bei Outplacement ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich
Viele Unternehmer suchen händeringend nach qualifiziertem Personal und leiden unter dem in Deutschland inzwischen verbreiteten Fachkräftemangel. Andere wiederum können ihren Betrieb nicht im gewohnten Umfang fortführen und suchen nach Möglichkeiten, die Zahl ihrer Mitarbeiter zu reduzieren. Für so manche Arbeitgeber ist es dabei selbstverständlich, die Betroffenen bei der Suche nach einer neuen Anstellung tatkräftig zu unterstützen und ihnen damit den Übergang so leicht wie möglich zu machen. Umsetzen lässt sich das mit dem Einsatz von Outplacement-Beratern, welche die Arbeitnehmer mit Bewerbungstraining fit für die Stellensuche machen und individuell beraten.
Doch nicht in jedem Fall erfolgt das Angebot eines sog. Outplacements vollkommen uneigennützig und nur im Sinne der Mitarbeiter. Gerade wenn es sich bei ihnen um unkündbar und unbefristet Beschäftigte handelt, profitiert besonders das Unternehmen vom Engagement der Berater. Schließlich kommt es dann auf den guten Willen der Arbeitnehmer an, die einer Aufhebung ihrer Arbeitsverträge zustimmen müssen. Mit einem neuen Vertrag in der Tasche dürfte diese Zustimmung jedoch deutlich leichter zu bekommen sein. Dass der tatsächliche Grund für die Beauftragung des Outplacement-Unternehmens auch steuerliche Bedeutung hat, musste ein Unternehmen erfahren, über dessen Fall zuletzt der Bundesfinanzhof entschieden hat (BFH, Urteil v. 30.6.2022, V R 32/20).
Outplacement bei geplantem Personalabbau
Um einen Personalabbau in größerem Umfang durchführen zu können, hatte das Unternehmen genau wie seine Tochtergesellschaften Outplacement-Beratungen engagiert. Ziel dabei war die individuelle Betreuung der Mitarbeiter, um deren Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag zu erhalten. So kamen die Betroffenen in den Genuss vom umfassenden Beratungsleistungen. Dazu zählten neben der Basisberatung auch eine Perspektiv- und Motivationsberatung. Außerdem gehörten konkrete Vermittlungstätigkeiten zur Aufgabe der Experten.
Entscheidende Frage: Betriebliches Interesse oder Eigeninteresse der Mitarbeiter?
Im Anschluss machte das Unternehmen den Vorsteuerabzug aus den Leistungen der Outplacement-Berater geltend. Dies akzeptierte das zuständige Finanzamt jedoch nur zum Teil. Anerkannt wurde dabei der Anteil, der auf die allgemeine Beratung und auf vereinbarte Erfolgspauschalen entfiel. Für die individuell auf die einzelnen Mitarbeiter abgestimmten Teile der Beratung untersagte es jedoch den Vorsteuerabzug. Nach Einschätzung des Sachbearbeiters lagen diese Leistungen im Interesse des Arbeitnehmers und nicht des Arbeitgebers.
Gegen die Entscheidung wehrte sich das Unternehmen vor dem Finanzgericht Köln. Anders als das Finanzamt erkannten die dortigen Richter ein überwiegendes betriebliches Interesse hinter dem Einsatz der Outplacement-Beratungen. Den Grund sahen sie vor allem darin, dass die Mitarbeiter entsprechend qualifiziert werden mussten, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt optimal nutzen zu können. Dieses betriebliche Interesse sei höher zu werten als das Eigeninteresse der Betroffenen. Dieser Einschätzung schloss sich in der Revision auch der Bundesfinanzhof an.
Übergeordnetes betriebliches Interesse war erkennbar
Konkret begründeten die Richter ihre Entscheidung damit, dass das Interesse des Unternehmens am Personalabbau schwerwiegender war als die Vorteile der Arbeitnehmer aus der Beratung. Immerhin ging der Wunsch nach einem neuen Arbeitsplatz nicht von den Mitarbeitern aus. Damit waren die unternehmerischen Ziele maßgeblich für das Outplacement und damit auch Grundlage der entstandenen Kosten. Gedeckt ist das Urteil des Bundesfinanzhofs außerdem vom Europäischen Gerichtshof. Dort hatten die Richter zur sog. Nebensächlichkeit entschieden, dass bei einer Dienstleistung in direktem Zusammenhang zum Unternehmen dem Vorsteuerabzug nicht entgegensteht, wenn auch ein Dritter von der erbrachten Leistung profitiert. Voraussetzung ist, das der dem Dritten – hier dem Mitarbeiter – entstehende Vorteil gegenüber dem des Unternehmens nebensächlich ist.
Praxis-Tipp: Wo Unternehmensinteresse vorrangig ist
In weiteren Fällen wurde in der Vergangenheit bereits ebenso festgestellt, dass betriebliches Interesse gegenüber dem Vorteil der Arbeitnehmer überwiegt. Ein Beispiel dafür ist die Beförderung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte. Das Gleiche gilt bei der Übernahme von Maklerkosten, wenn der Umzug nur untergeordnet aus persönlichem Interesse des Mitarbeiters erfolgt. Auch die Abgabe von Mahlzeiten ist entsprechend einzustufen, wenn sie vorrangig im Unternehmensinteresse liegt.
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