Wenn aus einer eingetragenen Lebenspartnerschaft eine Ehe wird
Was für Eheleute unterschiedlichen Geschlechts seit den 1950er Jahren selbstverständlich ist, gab es lange Zeit nicht für gleichgeschlechtliche Paare: die Möglichkeit der gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer. Selbst die im Sommer 2001 geschaffene Möglichkeit einer eingetragenen Lebenspartnerschaft änderte daran nichts. Erst seit 2013 profitieren auch diese Paare vom Splittingtarif. Für die Zeit davor eröffnete jetzt allerdings eine Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg (FG Hamburg, Urteil v. 31.7.2018, 1 K 92/18) die Chance, die Vorteile einer gemeinsamen Veranlagung zu nutzen.
Die Umwandlung in eine Ehe als rückwirkendes Ereignis
Entschieden hat das FG Hamburg im Fall eines Paares, das 2001 seine Lebenspartnerschaft eintragen lassen hat. Im November 2017 wandelten die beiden diese in eine Ehe um. Mit ihrem Antrag auf rückwirkende gemeinsame Veranlagung zur Einkommensteuer ab 2001 waren sie dann aber bei ihrem Finanzamt gescheitert.
Nach Einschätzung des Gerichts haben Paare, die ihre eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem Eheöffnungsgesetz in eine Ehe umwandeln lassen, jedoch rückwirkend Anspruch auf Zusammenveranlagung. Dieser Anspruch gilt ab dem Zeitpunkt, an dem die Lebenspartnerschaft eingetragen wurde. Denn laut Gesetz beginnen an diesem Tag die Rechte und Pflichten als Ehepaar.
Voraussetzung für die nachträgliche Zusammenveranlagung
Nachträglich gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden können die gleichgeschlechtlichen Ehepartner dann, wenn die Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe als rückwirkendes Ereignis gewertet wird. Die Frage danach hat das FG Hamburg nun bejaht. Der Grund dafür ist, dass es sich beim Eheöffnungsgesetz um ein außersteuerliches Gesetz handelt und als solches kann es sich auch auf bestandskräftige Bescheide auswirken.
Konkret folgt daraus: Die Eheleute sind so zu stellen, als ob sie bereits geheiratet hätten, als sie ihre Lebenspartnerschaft eintragen ließen. Rechtskräftig ist die Entscheidung aus Hamburg allerdings bisher nicht, da wegen der grundsätzlichen Bedeutung Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen wurde. Anhängig ist die sie dort unter Az. III R 57/18.
Wann das Ehegattensplitting sinnvoll ist und welche Voraussetzungen gelten
Grundsätzlich können Ehepaare wählen, ob sie einzeln oder gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden wollen. Wählt das Paar die gemeinsame Veranlagung, gilt der Splittingtarif. Entscheidend für die Wahl sollte die Höhe des Einkommens sein. Je größer der Einkommensunterschied der Partner und je höher der Steuersatz ist, desto vorteilhafter wirkt sich die Zusammenveranlagung für das Ehepaar aus. Ist das Einkommen beider gleich hoch, profitieren sie dagegen nicht vom Ehegattensplitting.
Voraussetzung für eine gemeinsame Veranlagung zur Einkommensteuer ist außerdem, dass die Partner verheiratet sind und während des Jahres nicht dauerhaft getrennt in Deutschland leben. Beantragt wird die Zusammenveranlagung unkompliziert auf der ersten Seite des Mantelbogens der Steuererklärung.
Praxis-Tipp: So gehen Betroffene am besten vor
Partner, die bereits vor 2013 eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen und inzwischen verheiratet sind oder dies planen, sollten prüfen, ob sie vom Splittingtarif profitieren. Erweist sich die gemeinsame Veranlagung aufgrund von Einkommensunterschied und Steuersatz als günstiger, sollten sie dies beim zuständigen Finanzamt rückwirkend beantragen – und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem ihre Lebenspartnerschaft eingetragen wurde. Das gilt auch dann, wenn die Einkommensteuerbescheide aus den Jahren bereits bestandskräftig sind.
Durch eine neue Regelung im Jahressteuergesetz 2018 ist die Umwandlung in eine Ehe steuerlich nun als rückwirkendes Ereignis einzustufen. Das bedeutet: Die Steuerpflichtigen müssen nicht erst die Entscheidung des BFH abwarten. Voraussetzung dafür ist, dass sie ihre Lebenspartnerschaft bis zum 31.12.2019 in eine Ehe umwandeln. Außerdem müssen sie bis zum 31.12.2020 beim Finanzamt ihren Antrag auf Erlass, Aufhebung oder Änderung des bisherigen Einkommensteuerbescheids einreichen und die Zusammenveranlagung beantragen.
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