Rechtskräftig
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Streitwert: 4.380 EUR
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte gestützt auf zwei außerordentliche und zwei je hilfsweise dazu erklärte ordentliche Kündigungen auf Räumung und Herausgabe von Wohnraum in Anspruch.
Mit Vertrag vom 05.12.2008 mietete die Beklagte die streitgegenständliche Einzimmerwohnung in der … in … an (Anl. K 1, Bl. 19 ff d.A.).
Mit Schreiben vom 15.11.2019 (Anl. K 2, Bl. 14 f. d.A.) kündigte die Klägerin das Mietverhältnis außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Zur Begründung machte sie geltend, dass sich die Klägerin und ihr Lebensgefährte (in der Folge auch: „C.”) sich über ein im Jahre 2015 ausgesprochenes Hausverbot hinwegsetzen würden. Zudem habe C. am 18.10.2019 einen anderen Mieter mittels eines Pfeffersprays körperlich angegriffen, verletzt und mit „üblen Schimpfworten belegt”. Darin liege auch eine Wiederholung der im Jahre 2015 abgemahnten Verhaltensweisen. Aus den gleichen Gründen werde vorsorglich auch eine ordentliche Kündigung erklärt. Mit einem an C. adressierten Schreiben vom 15.11.2019 (Anl. K 7, Bl. 12 d.A.) sprach die Klägerin diesem gegenüber ein Hausverbot aus, welches sie ebenfalls auf den Vorfall vom 18.10.2019 stützte.
Mit Schreiben vom 21.02.2020 (Anl. K 8, Bl. 34 f. d.A.) kündigte die Klägerin das Mietverhältnis nochmals außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Zur Begründung machte sie geltend, dass sich die Klägerin und C. weiterhin über das bestehende Hausverbot hinwegsetzen würden. C. gehe in der Wohnung weiterein und aus, obwohl die Kündigung vom 15.11.2019 zumindest als Abmahnung Wirkung entfalte.
Die Klägerin beantragt zuletzt:
- Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im ersten Obergeschoss rechts des Gebäudes … bestehend aus einem Zimmer, Küche, Speisekammer, Bad/Dusche/WC, Balkon, Kellerraum zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet den Vorfall vom 18.10.2019 und mach geltend, dass auch im Übrigen ein Sachverhalt, der den Ausspruch eines Hausverbots gegen den die Klägerin regelmäßig besuchenden C. hätte rechtfertigen können, weder dargetan sei noch Vorgelegen habe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gelangten Unterlagen, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 27.11.2020 Bezug genommen. Mit nicht nachgelassenem mit Schriftsatz vom 03.12.2020 (Bl. 75 ff. d.A.), der zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlass gab, hat die Klägerin geltend gemacht, dass dem Umstand, dass die Klägerin vor dem Vorfall vom 18.10.2019 nicht abgemahnt worden sei, im Rahmen der ordentlichen Kündigung keine Bedeutung zukomme.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Stuttgart sachlich und örtlich zuständig (§§ 23 Nr. 2 a) GVG, § 29a ZPO), aber unbegründet. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung beanspruchen, weil weder die Kündigungserklärungen vom 15.11.2019 noch die vom 21.02.2020 das Mietverhältnis beendet haben.
1.
Die Kündigungserklärungen vom 15.11.2019 beendeten das Vertragsverhältnis nicht, weil sie dem Begründungserfordernis nicht genügen und zudem der Vorfall vom 18.10.2019, der als wahr unterstellt werden kann, ohne vorherige Abmahnung weder eine außerordentliche (§§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB) noch eine ordentliche (§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) Kündigung trägt.
a) Die Kündigungserklärungen werden – soweit sie sich auf einen Vorfall vom 18.10.2019 stützen, bei welchem C. „einen anderen Mieter körperlich angegriffen” habe, wobei „[d]er Mieter” mit einem Pfefferspray attackiert worden sein soll (Anl. K 2, Bl. 15 d.A.) – schon dem Begründungserfordernis (§§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 4 BGB bzw. § 573 Abs. 3 BGB) nicht gerecht. Dieses Begründungserfordernis verlangt es, den Kündigungsgrund so genau zu bezeichnen, dass „er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Denn eine solche Konkretisierung ermöglicht es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, dessen Auswechselung dem Vermieter durch das Begründungserfordernis gerade verwehrt werden soll (etwa: BGH, NZM 2017, 286 Rn. 15 mwN). Diesen Anforderungen genügt das streitgegenständliche Kündigungsschreiben nicht mehr, da der Mieter, der vo...