1 Leitsatz

Auch in einer verwalterlosen Gemeinschaft mit nur 2 Wohnungseigentümern können Hausgeldansprüche nur auf der Grundlage eines Beschlusses nach § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WEG geltend gemacht werden. Dieser Anspruch muss von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgesetzt werden.

2 Normenkette

§ 28 WEG; §§ 935ff. ZPO

3 Das Problem

In der Wohnungseigentumsanlage gibt es nur 2 Wohnungseigentümer. Ein Verwalter ist nicht bestellt. Wohnungseigentümer K erstellt einen Wirtschaftsplan für 2022. Dieser wird von den Wohnungseigentümern nicht beschlossen. Im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt Wohnungseigentümer K, den Wohnungseigentümer B zu verpflichten, ausgehend von dem Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 2022 monatlich einen Vorschuss von 230 EUR zu zahlen. Das AG weist den Antrag zurück. Es fehle an einem Verfügungsgrund. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des K.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Es fehle bereits an einem Verfügungsanspruch. Ohne einen Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG fehle es nämlich an einer Verpflichtung, Vorschuss zu zahlen. Unter der Geltung des seit dem 1.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrechts folgten Zahlungsansprüche nur aus Beschlüssen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den Rücklagen oder über die Nachschüsse. Für einen daneben bestehenden gesetzlichen Anspruch bestehe keine Handhabe. Daher hätte K zunächst eine Beschlussersetzungsklage erheben müssen. In Eilfällen, insbesondere, wenn die Gemeinschaft Liquiditätsprobleme habe, komme dann auch eine einstweilige Verfügung in Betracht.

Zwar habe K den Entwurf für einen Wirtschaftsplan vorgelegt. Sein Antrag könne aber nicht so ausgelegt werden, dass K mit diesem eine Beschlussersetzung habe erwirken wollen. Dem stehe bereits der Klageantrag, der ausdrücklich auf eine monatliche Vorauszahlungspflicht laute, entgegen. Darüber hinaus sei die Klage auf Beschlussersetzung gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um eine Wohnungseigentumsanlage, die das aktuelle Gesetz und seine dogmatischen Grundlagen nicht "lebt". Nach dieser Dogmatik steht den Wohnungseigentümern eine rechtsfähige Gemeinschaft gegenüber, in der die Wohnungseigentümer Rechte, aber auch Pflichten haben. Eine dieser Pflichten besteht darin, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für die Bewirtschaftung der Wohnungseigentumsanlage mit Mitteln auszustatten. Dazu haben die Wohnungseigentümer jährlich Vorschüsse und, sofern erforderlich, Nachschüsse durch Beschluss zu bestimmen.

Wird diese Dogmatik ignoriert, "funktioniert" eine Wohnungseigentumsanlage nur so lange, wie die Wohnungseigentümer alle Angelegenheiten einvernehmlich regeln. Ist es nicht so, zeigen sich die Untiefen der Dogmatik.

Wirtschaftsplan

Der Wirtschaftsplan ist nach §§ 18 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 2 WEG durch den Verwalter als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erstellen. Eines Beschlusses bedarf es nicht. Gibt es keinen Verwalter, müssen die Wohnungseigentümer einen Dritten mit der Erstellung beauftragen. Im Einzelfall mag es aber auch, wie im Fall, vorstellbar sein, dass ein Wohnungseigentümer sich mit der wirtschaftlichen Planung für das nächste Abrechnungsjahr auseinandersetzt und berechnet, welche Mittel die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für die Bewirtschaftung der Wohnungseigentumsanlage voraussichtlich benötigen werden.

Hausgeld: Zahlungsverpflichtung

Egal wie man verfährt: Ein Wohnungseigentümer schuldet weder von Gesetzes wegen noch aufgrund eines Wirtschaftsplans, egal wer diesen erstellt hat, Hausgeld. Hausgeld schuldet ein Wohnungseigentümer nur auf Grundlage eines Beschlusses nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG. Diesen Beschluss gab es im Fall nicht, sodass B auch nicht verpflichtet war, Hausgeld zu zahlen.

Richtiges Vorgehen

Damit B verpflichtet werden kann, Hausgeld zu zahlen, müssen die Wohnungseigentümer einen Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG fassen. Dieser Beschluss kann in oder außerhalb einer Versammlung gefasst werden. Dazu muss entweder eine Versammlung einberufen oder ein Beschlussverfahren außerhalb der Versammlung initiiert werden. Die Versammlung muss von einer Person einberufen werden, die dazu befugt ist. Wohnungseigentümer K ist dies nicht. Wohnungseigentümer K ist im aktuellen Recht auch nicht befugt, einen Beschluss außerhalb der Versammlung zu initiieren.

In einem ersten Schritt müsste daher zunächst eine Verwaltung etabliert oder Wohnungseigentümer K durch ein Gericht ermächtigt werden, eine Versammlung einzuberufen. Kommt dort kein Beschluss zustande – das ist auch davon abhängig, ob K überhaupt eine Stimmenmehrheit hat – kann K gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf einen Beschluss klagen.

6 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 17.5.2022, 2-13 T 27/22

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