1. Welchen Inhalt ein rechtlicher Begriff hat, definieren die Juristen – und streiten dabei wie die Kesselflicker. Um diesen Streit zu unterbinden, bietet der Gesetzgeber manchmal "Legaldefinitionen". Dies ist häufig der Fall, wenn sich in einem Gesetz nach einer Folge von Worten eine Klammer findet, in der ein Begriff steht. So ist es bei § 20 Abs. 1 WEG. Dort findet sich nach den Worten "Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen" eine Klammer, in der sich der Begriff "bauliche Veränderungen" findet. Diese "Legaldefinition" ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht worden. Ihr ist nämlich nur zu entnehmen, dass sich Erhaltungsmaßnahmen und bauliche Veränderungen unterscheiden. Was eine bauliche Veränderung ist, ist damit noch nicht gesagt. Ich selbst biete etwa die folgende Präzisierung (siehe Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 20 Rn. 18): "Eine bauliche Veränderung ist positiv jede Maßnahme eines Wohnungseigentümers, die über eine ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht, dieses durch Eingriff in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums umgestaltet und auf Dauer angelegt ist". Ich nutze den Begriff "Wohnungseigentümer" dazu, Eingriffe des Bauträgers aus dem Begriff der "baulichen Veränderung" auszuscheiden. Ich schreibe daher (siehe Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 20 Rn. 19), eine bauliche Veränderung liege nicht vor, wenn – wie im Fall – der Bauträger in das gemeinschaftliche Eigentum eingreift, beispielsweise ein Wohnungseigentum auf Verlangen des künftigen Wohnungseigentümers abweichend von Plänen erstellt.
  2. In einem solchen Fall besteht allerdings gegebenenfalls – wie es das LG auch erwägt – ein Anspruch der Wohnungseigentümer untereinander auf Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands. Diesem sind Grenzen gesetzt. Denn der Anspruch, eine Korrektur der Bauausführung in Bezug auf die Eigentumsgrenzen zu verlangen, wird durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) begrenzt. Er entfällt deshalb, wenn seine Erfüllung nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist. So kann es nach der Rechtsprechung und auch nach den Hamburger Richtern etwa liegen, wenn die plangerechte Herstellung tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk erfordert oder Kosten verursacht, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der von der abweichenden Bauausführung unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer "unverhältnismäßig" sind – Opfergrenze (Elzer, ZMR 2018, S. 166, 168). Klarer ist, geht es um die Kosten, allerdings eine Analogie zu § 22 WEG. Es handelt sich insoweit nämlich – der Sache nach – um einen "stecken gebliebenen Bau", da die Wohnungseigentümer die unvollkommene Bauleistung auf eigene Kosten fertig stellen sollen.

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