Leitsatz (amtlich)
1. Auslegung eines Testaments, in dem die Erblasserin, nachdem sie schon früher ihr Hausgrundstück dem Sohn erbvertraglich als Vorausvermächtnis zugewandt hatte, ihr gesamtes restliches (Geld-)Vermögen nach Quoten auf Angehörige verteilt.
2. Die Beschränkung einer angeordneten Testamentsvollstreckung auf einen Nachlassgegenstand ist im Erbschein anzugeben.
3. Mit der Behauptung, der Erbschein weise sein Erbrecht nicht richtig aus, ist auch derjenige, der den Erbschein beantragt hatte, beschwerdeberechtigt gegen die Ablehnung der Einziehung des Erbscheins.
Normenkette
BGB §§ 133, 2084, 2087, 2361, 2364 Abs. 1; FGG § 13a Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Beschluss vom 28.10.2004; Aktenzeichen 1 T 373/04) |
AG Pfaffenhofen a.d. Ilm (Aktenzeichen VI 245/01) |
Tenor
I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3) und 4) gegen den Beschluss des LG Ingolstadt vom 28.10.2004 werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Beschluss des LG anstelle der bisherigen Ziff. II bis IV wie folgt neu gefasst wird:
"II. Das AG Pfaffenhofen a. d. Ilm wird angewiesen, den Erbschein vom 19.10.2001 einzuziehen.
III. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt."
II. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 6.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die am 6.5.2001 im Alter von 90 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet. Sie hinterließ aus der Ehe mit ihrem vorverstorbenen Ehemann vier Kinder, nämlich einen Sohn (Beteiligter zu 1) und drei Töchter (Beteiligte zu 2) bis 4).
In einem Ehe- und Erbvertrag vom 21.11.1935 setzten sich die Erblasserin und ihr Ehemann gegenseitig als Alleinerben ein. Diese erbvertragliche Regelung wurde in einem notariellen "Erbvertrags-Nachtrag" vom 4.11.1980 ausdrücklich wieder aufgehoben.
Mit notariellem Erbvertrag vom 31.3.1967 setzten sich die Erblasserin und der Ehemann erneut gegenseitig zu Alleinerben ein. Gleichzeitig vermachte der Zuletztversterbende der Eheleute dem miterschienenen Sohn das Hausgrundstück als Vermächtnis; der Sohn nahm diese zu seinen Gunsten getroffene Verfügung an. Ferner wurde der Sohn bezüglich dieses Vermächtnisses zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Mit notariellem Erbvertrags-Nachtrag vom 4.11.1980 bestimmten die Eheleute unter Beibehaltung der in der Urkunde vom 31.3.1967 verfügten gegenseitigen Erbeinsetzung, dass das dem Sohn ausgesetzte Vermächtnis für den Fall, dass er Miterbe des Zuletztversterbenden wird, als Vorausvermächtnis gelten soll. Am 30.12.1980 verstarb der Ehemann der Erblasserin.
Am 17.5.1994 errichtete die Erblasserin ein handschriftliches Testament mit im Wesentlichen folgendem Wortlaut: Ich bestimme folgende Verteilung meines Besitzes: Den gesamten Bestand in meiner Wohnung bekommen mein Sohn und seine Ehefrau. Schon lange wäre ich nicht mehr fähig, mich allein zu versorgen. Würden sich nicht mein Sohn und seine Ehefrau um mich kümmern, müsste ich schon längst in ein Heim.
Mein gesamtes Geld aus Sparbüchern, allen Konten, ist nach Abzug aller Kosten, ich denke an meine Beerdigung, wie folgt zu verteilen:
30 % mein Sohn und seine Ehefrau
10 % meine Enkel
je 20 % an meine 3 Töchter.
Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus dem Hausgrundstück, das den Gegenstand des Vorausvermächtnisses bildet, sowie aus Geldvermögen i.H.v. rund 90.000 EUR. Die Vermögenswerte zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 17.5.1994 betrugen nach den Feststellungen des LG 75.000 EUR für das Hausgrundstück, 100.000 EUR Geldvermögen, Wohnungsbestand wertlos, 1.200 EUR Schmuck.
Die Beteiligten streiten über die Auslegung des Testaments von 1994. Der Rechtsansicht des Nachlassgerichts, dass die Zuwendungen im Testament von 1994 ebenso wie die letztwillige Verfügung über das Hausgrundstück nur Vermächtnisse darstellen und deshalb mangels Erbeinsetzung gesetzliche Erbfolge eingetreten sei, widersprach allerdings zunächst niemand. Auf Antrag des Beteiligten zu 1) erließ das AG am 19.10.2001 einen Erbschein, der die vier Kinder der Erblasserin als Miterben zu je ¼ ausweist.
Mit Schriftsatz vom 22.1.2004 beantragte der Beteiligte zu 1) die Einziehung des Erbscheins. Er vertrat nunmehr die Auffassung, dass die Verteilung des Geldvermögens eine Erbeinsetzung der Begünstigten entsprechend den dort genannten Quoten darstelle, der Erbschein mithin unrichtig sei.
Mit Beschl. v. 9.2.2004 wies das AG den Antrag auf Einziehung des Erbscheins zurück. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hob das LG mit Beschl. v. 28.10.2004 den Beschluss des AG auf (Ziff. I), zog den Erbschein ein (Ziff. II) und traf Anordnungen zur Kostenerstattung (Ziff. III) und Geschäftswertfestsetzung (Ziff. IV).
Mit der weiteren Beschwerde wenden sich die Beteiligten zu 3) und 4) gegen den Beschluss des LG in der Hauptsache, im Kostenpunkt und zur Geschäftswertfestsetzung. Die nicht anwaltlich vertretene Beteiligte zu 2) hat gegen die Entscheidung im Kostenpunkt "Widerspruch" erhoben.
II. Die zulässigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3) und 4) haben in der Hauptsache k...