Leitsatz (amtlich)
1. Ein formell rechtskräftiger Verweisungsbeschluss des Wohnungseigentumsgerichts, das seine sachliche Zuständigkeit verneint und die Sache an das Prozessgericht verweist, ist für dieses grundsätzlich bindend. Eine Ausnahme von der Bindungswirkung besteht bei einem Verweisungsbeschluss, der objektiv willkürlich ist. Eine lücken- oder fehlerhafte Begründung im Einzelfall erlaubt jedoch im Allgemeinen nicht dessen Beurteilung als willkürlich.
2. Ob nach der ZPO-Reform bei einem nicht verkündeten Beschluss, der nach § 329 Abs. 3 ZPO hätte zugestellt werden müssen, aber den Beteiligten/Parteien nur formlos mitgeteilt wurde, die Frist für die sofortige Beschwerde fünf Monate nach formloser Bekanntgabe beginnt, bleibt offen.
Normenkette
GVG § 17 a; WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1, § 46 Abs. 1; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 329 Abs. 3, §§ 517, 569 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 484 UR II 1224/01) |
LG München I (Aktenzeichen 15 O 9414/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer in einer aus vier Doppelhaushälften bestehenden Wohnanlage. Ursprünglich war das Grundstück nur von einer südlich gelegenen Straße erschlossen. Deshalb wurden die Zuleitungen und Zugänge von dort gelegt. In dem dieser Erschließungsstraße zugewandten Grundstücksteil befinden sich die Wohngebäude A und B. Das Wohngebäude B bewohnen die Antragsgegner. Über ihnen zugewiesene Sondernutzungsflächen bestand ein Zugang zum rückwärtigen Wohnhaus C der Antragsteller. Inzwischen befindet sich auch entlang der nördlichen Grundstücksgrenze eine öffentliche Straße, die einen direkten Zugang zu den Häusern C und D ermöglicht. Die maßgebliche Teilungserklärung sieht vor, dass der Zugang zu den rückwärtigen Gebäuden gestattet ist, solange der Zugang von der Nordseite des Grundstücks nicht möglich ist.
Am 12.1.2000 trafen sich die Wohnungseigentümer der in den Häusern B, C und D gelegenen Wohnungen, um über den zukünftigen Gebrauch der ihnen zugewiesenen Sondernutzungsflächen zu sprechen. Die Antragsteller leiten für sich aus dieser Besprechung sowie aus einem im Sommer 2000 von allen Wohnungseigentümern unterzeichneten und eingereichten Freiflächengestaltungsplan die Berechtigung ab, den Zugang weiterhin nutzen zu können.
Die Antragsteller haben beim AG – Wohnungseigentumsgericht – beantragt, die Antragsgegner, teils einzeln, teils gemeinsam, zu verpflichten,
1. ihnen einen Schlüssel zu dem inzwischen an der südlichen Grundstücksgrenze angebrachten Tor für den Zuweg zu den nördlich gelegenen Gebäuden zu überlassen oder aber dieses Tor zu entfernen,
2. den teils beseitigten, teils bepflanzten, teils mit Gegenständen blockierten Weg wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen und wiederherzustellen,
3. die geplante Errichtung eines Gartenhauses im Bereich des westlichen Beginns des Durchgangswegs zu unterlassen.
Das AG hat sich auf Antrag der Antragsteller nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 10.5.2002 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das LG – Prozessgericht – verwiesen. Das LG – Einzelrichterin – hat am 13.12.2002 eine Güteverhandlung ergebnislos durchgeführt und dabei darauf hingewiesen, dass es seine Zuständigkeit anzweifle. Nach Übernahme durch die Kammer hat sich das LG mit Beschluss vom 17.3.2003 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das AG – Wohnungseigentumsgericht – zurückverwiesen. Das AG hat mit Beschluss vom 28.3.2003 die Akten zur Entscheidung über die Zuständigkeit dem BayObLG vorgelegt.
II. 1. Das BayObLG ist als das gemeinsame obere Gericht in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit zwischen Prozessgericht und Wohnungseigentumsgericht berufen (BayObLG NZM 2000, 388; NZM 2002, 461).
2. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts liegen derzeit nicht vor.
a) Nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO wird das zuständige Gericht dann bestimmt, wenn sich die Gerichte, deren Zuständigkeit in Frage kommt, rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Das für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 37 Abs. 1 ZPO erforderliche Gesuch liegt hier in der Vorlage durch das AG. Im Fall eines negativen Kompetenzkonflikts zwischen einem Gericht der streitigen Gerichtsbarkeit und einem für Wohnungseigentumssachen zuständigen Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist in Bayern das BayObLG das gemeinsame übergeordnete Gericht (vgl. BayObLG BayObLGZ 1990, 233 [234 f.] m.w.N.).
b) Eine rechtskräftige Unzuständigerklärung des LG liegt nicht vor. Dessen Abgabebeschluss unterliegt gem. § 17 a Abs. 4 S. 3 GVG der sofortigen Beschwerde nach § 567 ZPO (n.F.), da auf das Verhältnis von Prozessgericht und Wohnungseigentumsgericht die Bestimmungen der §§ 17 a, 17 b GVG entspr. anzuwenden sind (BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 [163[= MDR 1996, 13...