Leitsatz (amtlich)
1. Ablehnung einer Rechtswidrigkeitsfeststellung für eine Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens zur Betreuungsbedürftigkeit.
2. Voraussetzung für eine Unterbringung zur Begutachtung ist ein konkreter Verdacht auf Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen.
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 05.11.2003; Aktenzeichen 7 T 411/03 (1) |
AG Regensburg (Aktenzeichen XVII 1536/01) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Regensburg vom 5.11.2003 wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgewiesen.
Gründe
I. Nach vorheriger richterlicher Anhörung ordnete das AG am 1.9.2003 die Unterbringung und Beobachtung der Betroffenen in der geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses R. zur Vorbereitung eines Gutachtens über die Notwendigkeit einer Betreuung sowie einer Unterbringung einschließlich unterbringungsähnlicher Maßnahmen bis längstens 15.9.2003 und die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses an.
Gegen diesen Beschluss legte die Betroffene am 8.9.2003 Beschwerde ein. Am 10.9.2003 wurde sie aus dem Bezirkskrankenhaus entlassen. Das LG hat mit Beschluss vom 16.9.2003 den Beschluss des AG vom 1.9.2003 aufgehoben und formlos der Betroffenen am 18.9.2003 mitgeteilt.
Am 26.9.2003 stellte die Betroffene, vertreten durch ihre Mutter, zu Protokoll des LG den Antrag, den Beschluss des LG insoweit zu berichtigen, dass der Beschluss des AG nicht wegen Gegenstandslosigkeit, sondern deswegen aufgehoben werde, weil er nicht rechtmäßig gewesen sei.
Daraufhin hat das LG am 5.11.2003 die Beschwerde der Betroffenen mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Betroffene mit ihrer weiteren Beschwerde, mit der sie ihr Ziel weiter verfolgt, die Feststellung der Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses zu erreichen. Zugleich beantragt sie, ihr für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
II.1. Das Rechtsmittel ist zulässig, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 und Abs. 2 FGG; es handelt sich um eine einfache weitere Beschwerde (vgl. BayObLG v. 30.3.2001 - 3Z BR 80/01, BayObLGReport 2001, 52 = FamRZ 2001, 1559) mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit einer Unterbringungsmaßnahme festzustellen.
a) Der zunächst mit der Beschwerde angegriffene Beschluss des AG vom 1.9.2003 hat sich spätestens durch Zeitablauf am 15.9.2003 in der Hauptsache erledigt. Nach Erledigung ist er am 16.9.2003 zusätzlich durch Beschluss des LG aufgehoben worden. Die Erledigung führt zum Ende des Verfahrens in der Hauptsache, ohne dass es zu einer Entscheidung des Gerichts über den Verfahrensgegenstand kommt. Ein nach Erledigung eingelegtes Rechtsmittel ist deshalb grundsätzlich unzulässig.
b) Das BVerfG hat allerdings entschieden, Art. 19 Abs. 4 GG gebiete den Rechtsmittelgerichten, ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv zu machen. Deshalb sei das Rechtsschutzinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe auch dann zu bejahen, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt zwar erledigt hat, eine Sachentscheidung nach dem typischen Verfahrensablauf aber in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu erlangen war (vgl. BVerfG v. 10.5.1998 - 2 BvR 978/97, NJW 1998, 2432 ff.). Hierzu gehören nach der Rechtsprechung des BVerfG erledigte richterliche Durchsuchungsanordnungen, beendete richterlich bestätigte Ingewahrsamnahmen sowie im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit kurzer Frist angeordnete und genehmigte Freiheitsentziehungen, bei denen typischerweise vor Beendigung der mit einem erheblichen Grundrechtseingriff verbundenen Maßnahme keine hinreichende Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung besteht (vgl. Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 Rz. 85 und 86). In einem Fall der Abschiebungshaft ist das BVerfG von dem Zeiterfordernis abgerückt und hat die Gewährung von Rechtsschutz weder vom konkreten Ablauf des Verfahrens noch vom Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme noch davon abhängig gemacht, ob Rechtsschutz typischerweise noch vor Beendigung der Haft erlangt werden könne. Es hat dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass dem Recht auf Freiheit der Person unter den grundrechtlich verbürgten Rechten ein besonders hoher Rang zukomme und der richterlichen Anordnung im Fall der Abschiebungshaft wegen des impliziten Vorwurfs, der Betroffene habe sich gesetzwidrig verhalten, auch diskriminierende Wirkung zukomme (vgl. BVerfG v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99, NJW 2002, 2456). Unter Beachtung dieser Rechtsprechung hat der Senat für die Fälle der Unterbringung die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit zugelassen (vgl. BayObLG BayObLGZ 2002, 304 ff.; BtPrax 2003, 184).
c) Nach diesen Grundsätzen ist das Rechtsmittel der Betroffenen zulässig. Es kann dahinstehen, ob die weitere Beschwerde mit dem Ziel der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht bereits in dem am 26.9.2003 gestellten Antrag auf Berichtigung des ...