Leitsatz (amtlich)

Auch wenn für ein Beschwerdeverfahren in Betreuungssachen Gebührenfreiheit für die gerichtlichen Gebühren besteht, richtet sich der Wert der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens. Ein Verfahrensbevollmächtigter ist aus eigenem Recht zur Stellung eines Antrags auf Festsetzung des Geschäftswerts befugt.

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 04.09.2003; Aktenzeichen T 2486/03)

AG Augsburg (Aktenzeichen XVII 1034/02)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde und weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 4.9.2003 werden verworfen.

II. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des LG Augsburg vom 4.9.2003, in welchem der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren festgesetzt worden ist, aufgehoben.

III. Der Geschäftwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Für den Betroffenen ist seit 8.10.2002 ein Berufsbetreuer mit weitreichendem Wirkungskreis bestellt. Durch Beschluss des AG vom 21.5.2003 wurde ein Einwilligungsvorbehalt im Bereich Vermögenssorge angeordnet und ein neuer Berufsbetreuer bestellt. Anlässlich seiner Anhörung durch einen Richter des LG erklärte der Betroffene am 1.8.2003 in Anwesenheit seines damaligen Verfahrensbevollmächtigten, er nehme die gegen den Beschluss des AG eingelegte Beschwerde und sofortige Beschwerde zurück. Anschließend führte er in einem Schreiben vom 2.8.2003 an das LG aus, die Beschwerden hätten weiterhin Gültigkeit. Sein Verfahrensbevollmächtigter beantragte am 7.8.2003, den Gegenstandswert für das Verfahren erster Instanz und für das Beschwerdeverfahren festzusetzen.

Das LG hat mit Beschluss vom 4.9.2003 die Beschwerde und die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des AG vom 21.5.2003 mit der Begründung verworfen, ein Widerruf der Rücknahme sei ausgeschlossen. In einem weiteren Beschluss vom 4.9.2003 hat es den Wert des Beschwerdeverfahrens auf 29.996,79 Euro festgesetzt.

Gegen beide Beschlüsse hat der Betroffene in einem maschinenschriftlichen Schreiben Rechtsmittel eingelegt.

II.1. Die sofortige weitere und weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG, mit welchem die sofortige und einfache Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des AG als unzulässig verworfen worden sind, sind unzulässig. Weitere Beschwerden, ganz gleich, ob es sich um sofortige oder einfache weitere Beschwerden handelt, können formwirksam nur eingelegt werden entweder zu Protokoll der Geschäftsstelle des AG, welches die Ausgangsentscheidung getroffen hat, oder des LG, welches die Beschwerdeentscheidung erlassen hat, oder des BayObLGs oder durch Einreichung einer Beschwerdeschrift, welche durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet worden sein muss (§§ 21, 29 FGG). Dies ist hier nicht der Fall, so dass die Rechtsmittel des Betroffenen als unzulässig zu verwerfen sind.

Da der Betroffene durch das LG anlässlich der Mitteilung der Beschwerdeentscheidung nicht über diese Formerfordernisse belehrt worden ist, weist der Senat zusätzlich darauf hin, dass die Rechtsmittel auch in der Sache nicht zu der von dem Betroffenen angestrebten Aufhebung der Betreuung führen können. Nach Rücknahme einer Beschwerde bzw. einer sofortigen Beschwerde kann eine solche Erklärung grundsätzlich weder angefochten noch widerrufen werden, weil Rechtssicherheit und Rechtsklarheit über die Wirksamkeit von Verfahrenshandlungen bestehen müssen. Ausnahmsweise kommt ein Widerruf nur dann in Betracht, wenn ein Wiederaufnahmegrund entspr. §§ 580, 581 ZPO vorliegt (BayObLG, Beschl. v. 16.7.2003 – 3Z BR 150/03). Im konkreten Fall fehlt hierfür jeglicher Anhaltspunkt; der Betroffene hat in seiner Beschwerdebegründung ebenfalls nichts in dieser Richtung ausgeführt.

2. Die Beschwerde gegen den Beschluss des LG vom 4.9.2003, in welchem der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren festgesetzt worden ist, ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

a) Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

In einem Beschwerdeverfahren, welches ein Betreuer gegen eine Entscheidung des VormG führt, fielen gem. § 131 Abs. 3 KostO keine Gerichtsgebühren an. Auch eine sinngemäße Anwendung von Vorschriften der Kostenordnung komme nicht in Betracht, da diese erkennbar soziale Gesichtspunkte und Kostendämpfungserfordernisse bei den Gerichtsgebühren berücksichtigten, welche auf Anwaltsgebühren nicht übertragbar seien. Deshalb sei § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO anwendbar und der Geschäftswert nach billigem Ermessen zu bestimmen. Bei der Anordnung einer Betreuung mit dem Wirkungskreis Vermögenssorge sei es grundsätzlich angemessen, den Wert auf 10 % des Vermögens des Betreuten, und bei zusätzlicher Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes einen Wert von 15 % des Vermögens als Geschäftswert festzusetzen. Hier sei weiter zu berücksichtigen, dass die Betreuung letztlich dazu diene, die Streitigkeiten und Querelen bezüglich des hälftigen Miteigentumsanteils an einem Hausanwesen mit Gaststätte zu vermeiden und diese Immobilie zu verkaufen. Deshalb sei es angemesse...

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