Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 06.11.2001; Aktenzeichen 7 T 1526/01)

AG Augsburg (Aktenzeichen 3 UR II 124/00)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 6. November 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner zu 1 hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge unter Abänderung der Geschäftswertfestsetzung durch die Vorinstanzen auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller war Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; er hat seine im 3. Stock des Anwesens gelegene Wohnung im Laufe des vorliegenden Verfahrens an seinen Sohn übertragen. Dem Antragsgegner zu 1 gehört die Gaststätte, die sich im Erdgeschoß befindet; er hat diese verpachtet. Die Antragsgegner zu 2 sind die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Vor der der Straße zugewandten Seite des Hauses befindet sich zwischen Gaststätte und Gehweg eine asphaltierte Fläche, die im Gemeinschaftseigentum steht. Die Wohnungseigentümer beschlossen am 29.6.2000 mit Stimmenmehrheit, die Fläche dem Pächter der Gaststätte zum Betreiben eines Freiausschanks in der Zeit zwischen 1.4. und 30.9. eines jeden Jahres gegen ein noch zu vereinbarendes Entgelt zu verpachten.

Der Antragsteller hat am 25.7.2000 die Feststellung beantragt, daß der Eigentümerbeschluß unwirksam ist. Das Amtsgericht hat am 23.3.2001 den Eigentümerbeschluß für ungültig erklärt. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 6.11.2001 die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zu 1 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Das Feststellungsinteresse des Antragstellers sei durch die Veräußerung seiner Wohnung nicht entfallen. Der Feststellungsantrag sei auch begründet. Die erstmalige Verpachtung der Wegfläche an einen Dritten sei als Einräumung eines Sondernutzungsrechtes auszulegen. Ein solches könne nur durch Vereinbarung begründet werden; daran fehle es hier. Der Eigentümerbeschluß sei nichtig. Abgesehen davon werde der Antragsteller, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt habe, durch den Betrieb eines Freiausschanks auf der Gemeinschaftsfläche beeinträchtigt. Es bedürfe keiner eingehenden Begründung dafür, daß ein solcher Betrieb vor einem Wohnanwesen geeignet sei, die Wohnungseigentümer durch Lärm u. a. erheblich zu belästigen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Veräußerung des Wohnungseigentums während eines rechtshängigen Wohnungseigentumsverfahrens läßt die Verfahrensführungsbefugnis des Veräußerers unberührt. Einer formellen Beteiligung des Erwerbers durch das Gericht bedarf es nicht (vgl. dazu im einzelnen BGH NJW 2001, 3339 f.).

b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Eigentümerbeschluß nicht deshalb nichtig, weil durch Mehrheitsbeschluß ein Sondernutzungsrecht an einer Gemeinschaftsfläche begründet worden sei und der Wohnungseigentümerversammlung hierzu die absolute Beschlußkompetenz fehle (vgl. BGH NJW 2000, 3500).

Der Senat legt den Eigentümerbeschluß in eigener Kompetenz aus (BGH aaO). Nach dessen Wortlaut und Sinn soll die Gemeinschaftsfläche verpachtet werden. Die Nutzungszuweisung an den Pächter führt auch nicht zum vollständigen Ausschluß vom Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums und der damit verbundenen Gebrauchsvorteile durch die Wohnungseigentümer (vgl. BGH NJW 2000, 3500/3502). Der angefochtene Eigentümerbeschluß setzt den Mitgebrauch der Wohnungseigentümer vielmehr voraus und regelt nur die Art und Weise der Ausübung, indem er die Möglichkeit des unmittelbaren (Eigen-)Gebrauchs durch die des mittelbaren (Fremd-)Gebrauchs ersetzt und an die Stelle des unmittelbaren Gebrauchs den Anteil an den Pachteinnahmen treten läßt (BGH NJW 2000, 3211 f.; BayObLGZ 1999, 337/339). Eine Auslegung des Eigentümerbeschlusses im Sinn des Landgerichts scheidet schon deshalb aus, weil ein Sondernutzungsrecht nur für einen Wohnungs- oder Teileigentümer der betreffenden Anlage, nicht aber für einen beliebigen Dritten begründet werden kann (vgl. Senatsbeschluß vom 31.1.2002 – Az. 2Z BR 183/01).

c) Der Eigentümerbeschluß ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht deshalb für ungültig zu erklären, weil eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 WEG vorliegt, der nicht alle benachteiligten Wohnungseigentümer zugestimmt haben. Das Aufstellen von Biertischen, Bänken und Schirmen, die im Boden nicht fest verankert sind, für jeweils sechs Monate im Jahr ist nicht mit einer auf Dauer angelegten gegenständlichen Veränderung des Grundstücks verbunden (vgl. BayObLG WuM 1991, 448 f.; ZMR 1997, 374/376). Die Maßnahme stellt deshalb keine bauliche Veränderung des Grundstücks dar.

d) Der Eigentümerbeschluß i...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge