Leitsatz (amtlich)

1. Beschließen die Wohnungseigentümer bestandskräftig, eine bestimmte Maßnahme nicht vorzunehmen, so steht dieser Beschluss einem Verpflichtungsantrag auf Vornahme dieser Maßnahme entgegen.

2. Zum Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Beseitigung einer Stange zum Abstellen von Fahrrädern.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 15.05.2003; Aktenzeichen 1 T 15294/02)

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 482/02 WEG)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 15.5.2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. An der straßenseitigen Mauer des Gebäudes ist eine Stange angebracht, die zum Anlehnen von Fahrrädern dient.

In der Eigentümerversammlung vom 16.4.2002 beschlossen die Wohnungseigentümer, diese Stange nicht zu entfernen.

Der Antragsteller hat beantragt, diesen Beschluss für ungültig zu erklären und die übrigen Wohnungseigentümer zu verpflichten, die Stange zu beseitigen. Die übrigen vor dem AG gestellten Anträge sind für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr von Bedeutung.

Das AG hat mit Beschluss vom 29.7.2002 in Ziff. I u.a. den Beschlussanfechtungsantrag hinsichtlich der Fahrradstange und in Nr. II den Beseitigungsantrag abgewiesen.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluss des AG vom 29.7.2002 in Ziff. II insoweit aufzuheben, als der Antrag auf Beseitigung der Stangenkonstruktion abgewiesen wurde, und weiter beantragt, die Antragsgegner zu verurteilen, die Stangenkonstruktion in angemessener Frist zu entfernen.

Das LG hat mit Beschluss vom 15.5.2003 die Kostenentscheidung des AG abgeändert und die sofortige Beschwerde i.Ü. zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das LG hat ausgeführt: Auch wenn man davon ausgehe, dass es sich bei der Anbringung der Fahrradstange um eine bauliche Veränderung handele, sei der Antragsteller nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus in seinen Rechten beeinträchtigt. Die Fahrradstange wirke eher unauffällig und bewirke keine optisch nachteilige Veränderung des Gesamtbilds der Wohnanlage. Eine missbräuchliche Verwendung der Fahrradstange durch Abstellen von Fahrrädern, die nicht den Hausbewohnern gehören würden oder das Abstellen verrosteter Fahrräder sowie das nicht ordnungsgemäße Abstellen, das zu Behinderungen führen würde, begründe unter Umständen einen Anspruch gegen die Störer, führe aber nicht zu einem Anspruch auf Beseitigung der Stange. Eine Entfernung der Stange würde für den Antragsteller nicht zwingend eine Verbesserung seiner Situation bedeuten, da das ihn konkret beeinträchtigende ordnungswidrige Abstellen der Fahrräder auch weiterhin möglich bliebe.

2. Die Entscheidung des LG hält i.E. der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Dem Beseitigungsanspruch des Antragstellers steht bereits entgegen, dass die Wohnungseigentümer beschlossen haben, die Stange nicht zu entfernen.

Auch der Beschluss, eine Maßnahme nicht vorzunehmen, hat Beschlussqualität. Sachlich handelt es sich dabei um nichts anderes als um die Ablehnung eines Beschlusses, die begehrte Maßnahme vorzunehmen. Auch ein solcher Beschluss hat Beschlussqualität (BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 = MDR 2001, 1283 = BGHReport 2001, 863; v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = BGHReport 2002, 1071 = MDR 2002, 1424; BayObLG BayObLGZ 2002, 20 [25]; BayObLGZ 2002, 247 [249]). Die Bestandskraft des Eigentümerbeschlusses steht einem Verpflichtungsantrag entgegen, durch den die abgelehnte Maßnahme herbeigeführt werden soll (BayObLG, Beschl. v. 17.9.2003 – 2Z BR 170/03; Beschl. v. 26.9.2003 – 2Z BR 25/03; Deckert, ZMR 2003, 153 [158]).

Die Entscheidung des AG, den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses abzuweisen, ist rechtskräftig. Soweit der Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren vorbringt, er habe die amtsgerichtliche Entscheidung auch insoweit anfechten wollen, als der Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses abgewiesen wurde, kann dem keine Bedeutung beigemessen werden. Die Formulierung des Antrags der sofortigen Beschwerde und damit des Umfangs, in dem die amtsgerichtliche Entscheidung angegriffen wird, ist eindeutig. Auch in der Begründung der Erstbeschwerde wird, entgegen der Behauptung im Schriftsatz vom 16.9.2003, nicht auf den Eigentümerbeschluss Bezug genommen, sondern lediglich auf den Eigentümerbeschluss vom 17.10.1995 hingewiesen. Die Entscheidung des BGH zur Wirkung von Negativbeschlüssen war zum Zeitpunkt der Einlegung der Erstbeschwerde bereits veröffentlicht. Der Umfang der sofortigen Beschwerde wurde i...

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