Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert bei Verpflichtung zur Auskunftserteilung im Zugewinnausgleichsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Zur Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung im Zugewinnausgleichsverfahren.
Normenkette
FamFG § 61 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Bamberg (Beschluss vom 27.07.2012; Aktenzeichen 7 UF 1/12) |
AG Bad Kissingen (Beschluss vom 25.11.2011; Aktenzeichen 1 F 196/10) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - Familiensenat - des OLG Bamberg vom 27.7.2012 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.
Beschwerdewert: 500 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die Antragsgegnerin nimmt den Antragsteller im Scheidungsverbund auf Zugewinnausgleich in Anspruch. Nachdem der Antragsteller Auskunft über sein Vermögen zu dem von ihm behaupteten Trennungszeitpunkt am 1.7.2009 und über sein Endvermögen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags am 30.3.2010 erteilt und Belege vorgelegt hatte, hat die Antragsgegnerin auch Auskunft über sein Vermögen zu dem von ihr behaupteten Trennungszeitpunkt am 24.6.2009 sowie ergänzende Auskunft zum Endvermögen beantragt.
Rz. 2
Das AG hat als Trennungszeitpunkt der Ehegatten den 24.6.2009 festgestellt und den Antragsteller in einem Teilbeschluss verpflichtet, der Antragsgegnerin in näher bezeichnetem Umfang Auskunft über sein Vermögen am 24.6.2009 sowie ergänzende Auskunft zum Endvermögen zu erteilen und diese Auskunft zu belegen.
Rz. 3
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat das OLG verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.
II.
Rz. 4
Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil die weiteren Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Rz. 5
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts nicht erforderlich. Das Verfahren gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Der Senat hat bereits mehrfach über die Frage des Werts des Beschwerdegegenstands bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung entschieden (BGH v. 23.3.2011 - XII ZB 436/10, FamRZ 2011, 882 Rz. 9 ff. m.w.N.; v. 11.9.2013 - XII ZB 457/11, FamRZ 2014, 27 Rz. 8 ff. m.w.N.; v. 22.1.2014 - XII ZB 278/13, FamRZ 2014, 644 Rz. 6 ff. m.w.N.).
Rz. 6
Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsteller nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) oder in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Diese Verfahrensgrundrechte verbieten es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Weise zu erschweren (vgl. BGH v. 12.10.2011 - XII ZB 127/11, FamRZ 2011, 1929 Rz. 8 m.w.N.).
Rz. 7
2. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600 EUR nicht übersteige. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Rz. 8
a) Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstands richte sich nach dem Zeit- und Sachaufwand, der für den Antragsteller mit der Auskunftserteilung und der Vorlage der Belege verbunden sei. Vom Antragsteller werde lediglich verlangt, Auskunft zu erteilen über sein Vermögen zum 24.6.2009 und zum 30.3.2010 durch Vorlage eines geordneten Vermögensverzeichnisses. Hinsichtlich der Auskunft zum Tag der Trennung am 24.6.2009 könne der Antragsteller auf das von ihm bereits erstellte tabellarische Vermögensverzeichnis zum 1.7.2009 zurückgreifen, so dass hierfür lediglich von einem Zeitaufwand von zwei bis drei Stunden auszugehen sei. Auch mit der Belegvorlage seien nur geringe Kosten verbunden, weil das AG den Antragsteller lediglich verpflichtet habe, bei ihm bereits vorhandene Belege vorzulegen. Ausdrücklich sei davon abgesehen worden, den Antragsteller zur Erstellung von bei ihm nicht vorhandenen Belegen zu verpflichten. Soweit der Antragsteller verpflichtet worden sei, über unentgeltliche Zuwendungen im Zeitraum vom 31.3.2000 bis 30.3.2010 insb. an die gemeinsamen Kinder sowie über die Verwertung, den Verbleib und etwaige erzielte Erlöse aus Wertpapiergeschäften Auskunft zu erteilen, sei er ausdrücklich nicht zur Belegvorlage verpflichtet worden. Für die allein erforderliche Wissenserklärung sei ein Zeitaufwand von ein bis zwei Stunden anzusetzen.
Rz. 9
Mit seinen Einwendungen zu dem im Hinweisbeschluss des Beschwerdegerichts geschätzten Zeit- und Kostenaufwand dringe der Antragsteller nicht durch. Zwar umfasse der Tenor des Teilbeschlusses acht Seiten. Hieran könne aber der Umfang der jeweiligen Auskunftsverpflichtung nicht gemessen werden, da die einzelnen Vermögenspositionen mit konkreter Nennung von Bankkonten, Lebensversicherungen, Immobilienbesitz und einzelnen Unternehmensbeteiligungen in dem angegriffenen Teilbeschluss nicht hätten genannt werden müssen. Vielmehr hätte es genügt, den Antragsteller durch Vorlage eines geordneten Vermögensverzeichnisses zur Auskunft über sein Vermögen zu verpflichten. Soweit der Antragsteller verpflichtet worden sei, Auskunft über unentgeltliche Zuwendungen an seine Kinder im Zeitraum zwischen dem 31.3.2000 und dem 30.3.2010 zu erteilen und diese Zuwendungen zu belegen, seien die Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihm und seinen Kindern nicht werterhöhend zu berücksichtigen. Denn der Antragsteller sei nur zur Auskunft über eigene unentgeltliche Zuwendungen verpflichtet worden und nicht zur Auskunft über das Vermögen der Kinder.
Rz. 10
Auch im Übrigen sei der Antragsteller nur zur Vorlage von in seinem Besitz befindlichen Urkunden verpflichtet worden. Die Verpflichtung zur Auskunft über seinen Pkw und seine Immobilien beschränke sich auf die Angabe der wertbildenden Faktoren.
Rz. 11
b) Das Beschwerdegericht hat zutreffend erkannt, dass für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGH v. 22.1.2014 - XII ZB 278/13, FamRZ 2014, 644 Rz. 6 m.w.N.; v. 11.9.2013 - XII ZB 161/13 - juris Rz. 8 m.w.N.).
Rz. 12
Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei seiner Schätzung eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (BGH v. 22.1.2014 - XII ZB 278/13, FamRZ 2014, 644 Rz. 7 m.w.N.; v. 11.9.2013 - XII ZB 161/13 - juris Rz. 9 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
Rz. 13
Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe bei der Bemessung des Beschwerdewerts die außergewöhnlich hohe Zahl von Vermögenswerten, über die Auskunft zu erteilen sei, ausgeblendet, ist dem nicht zu folgen. Das Beschwerdegericht hat sich mit dem Umfang des Tenors des amtsgerichtlichen Beschlusses auseinandergesetzt und ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass der Antragsteller auf das von ihm bereits erstellte Vermögensverzeichnis zum 1.7.2009 zurückgreifen kann, so dass ihm nunmehr nur noch ein reduzierter Aufwand entsteht.
Rz. 14
Ermessensfehler des Beschwerdegerichts bei der Schätzung des Zeit- und Kostenaufwands für die Vorlage von Belegen betreffend den Zeit- und Rückkaufswert von vier Lebensversicherungen und für die Angabe der wertbildenden Faktoren von drei Immobilien, von denen eine vom Antragsteller selbst bewohnt wird, sind nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Angabe der wertbildenden Faktoren der Immobilien hat der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung selbst vorgetragen, entsprechende Unterlagen, aus denen sich die wertbildenden Faktoren ergeben, bereits vorgelegt zu haben. Danach obliegt es dem Antragsteller nur noch, die ihm bereits bekannten wertbildenden Faktoren in das geschuldete Vermögensverzeichnis aufzunehmen. Inwieweit sich hieraus ein erheblicher Zeit- und Kostenaufwand ergeben soll, legt die Rechtsbeschwerde nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Rz. 15
Soweit die Rechtsbeschwerde nunmehr vorbringt, eine Auskunft über die insgesamt fünf Unternehmensbeteiligungen könne nur nach Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers erteilt werden, kann dies die Entscheidung des Beschwerdegerichts - unabhängig davon, dass es sich um einen in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässigen neuen Sachvortrag handelt - ebenfalls nicht erschüttern. Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (BGH v. 22.1.2014 - XII ZB 278/13, FamRZ 2014, 644 Rz. 11 m.w.N.). Dafür ist im vorliegenden Fall nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Das AG hat den Antragsteller lediglich zur Vorlage von Bestätigungen der Unternehmen bzw. Treuhänder verpflichtet.
Rz. 16
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat sich das Beschwerdegericht auch mit der Verpflichtung des Antragstellers zur Belegvorlage auseinandergesetzt. Hierzu hat es ausgeführt, dass der Antragsteller ausdrücklich nur zur Vorlage der bei ihm bereits vorhandenen Belege verpflichtet worden sei und er darüber hinaus auf die bereits zum Stichtag 1.7.2009 erstellten Belege zurückgreifen könne. Im Übrigen legt die Rechtsbeschwerde nicht konkret dar, dass durch die Kopie bereits vorhandener Belege und die gleichwohl erforderliche Einholung weiterer Auskünfte betreffend die Lebensversicherungen zusammen mit der Aufstellung des Vermögensverzeichnisses Gesamtkosten von mehr als 600 EUR entstehen.
Rz. 17
Zutreffend hat das Beschwerdegericht den eigenen Zeitaufwand des Antragstellers entsprechend den Bestimmungen für die Entschädigung von Zeugen nach dem JVEG mit maximal 17 EUR pro Stunde bewertet (vgl. BGH v. 22.1.2014 - XII ZB 278/13, FamRZ 2014, 644 Rz. 12 m.w.N.). Aus welchem Grund der Aufwand des Antragstellers für die Erteilung der Auskunft im vorliegenden Fall in Abweichung hiervon nicht anhand des geschätzten Zeitaufwands nach Stunden berechnet werden kann, legt die Rechtsbeschwerde nicht dar.
Fundstellen
Haufe-Index 6724162 |
EBE/BGH 2014, 154 |
FamRZ 2014, 1012 |
FuR 2014, 469 |
NJW-RR 2014, 1218 |
JurBüro 2014, 419 |
JZ 2014, 401 |
MDR 2014, 591 |
FF 2014, 261 |
FamRB 2014, 256 |
RVG prof. 2014, 181 |