Leitsatz (amtlich)
a) Die öffentliche Bekanntmachung wirkt nur dann als Zustellung, wenn die bekannt gemachte Entscheidung richtig bezeichnet ist.
b) Ist die öffentliche Bekanntmachung fehlerhaft und wirkt sie deshalb nicht als Zustellung, beginnt die Beschwerdefrist für einen Beteiligten, dem die Entscheidung nicht individuell mitgeteilt worden ist, auch nicht fünf Monate nach dem Erlass der Entscheidung.
Normenkette
InsO § 9 Abs. 3; ZPO § 569 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Aurich (Beschluss vom 14.07.2010; Aktenzeichen 4 T 206/10) |
AG Aurich (Beschluss vom 17.10.2007; Aktenzeichen 9 IN 143/07) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Aurich vom 14.7.2010 (4 T 206/10) aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Rz. 1
Mit Beschluss vom 23.4.2007 ordnete das Insolvenzgericht im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin Sicherungsmaßnahmen an und bestellte den weiteren Beteiligten zu 4) zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 1.7.2007 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren und bestellte den bislang vorläufigen Verwalter zum Insolvenzverwalter. Dieser beantragte mit Schreiben vom 14.9.2007, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter festzusetzen. Mit Beschluss vom 17.10.2007 setzte das Insolvenzgericht die Vergütung antragsgemäß fest und veranlasste die Zustellung dieses Beschlusses an den Insolvenzverwalter, die Schuldnerin sowie die Mitglieder des Gläubigerausschusses. Am 23.10.2007 erschien folgende Bekanntmachung auf der Internetseite www.insolvenzbekanntmachungen.de:
"9 IN 143/07: In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH (...) sind Vergütung und Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluss des Insolvenzgerichts festgesetzt worden. Der vollständige Beschluss kann von den Beteiligten in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts eingesehen werden. AG Aurich, 17.10.2007"
Rz. 2
Mit am 25.5.2010 beim Insolvenzgericht eingegangenen Schriftsätzen haben die weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) als Insolvenzgläubiger sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung für die vorläufige Verwaltung eingelegt. Das LG hat die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) ihren Antrag auf Herabsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters weiter.
II.
Rz. 3
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt worden sei. Nach der Regelung der §§ 9, 64 Abs. 2 InsO habe die Beschwerdefrist am dritten Tag nach der Bekanntmachung im Internet am 23.10.2007, mithin am 26.10.2007, zu laufen begonnen. Zwar sei die Veröffentlichung unrichtig gewesen, weil tatsächlich nicht die Vergütung und die Auslagen des Insolvenzverwalters, sondern diejenigen des vorläufigen Insolvenzverwalters festgesetzt worden seien. Dieser Fehler hindere den Lauf der Beschwerdefrist jedoch nicht, weil es für die Wahrung der Verfahrensrechte der Beteiligten entscheidend auf deren Kenntnis ankomme, dass eine Festsetzung der Verwaltervergütung erfolgt sei, und nicht darauf, ob es sich hierbei um die Vergütung des Insolvenzverwalters oder des vorläufigen Verwalters handele. Zumindest habe die Bekanntmachung im Internet eine fünfmonatige Anfechtungsfrist entsprechend § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Lauf gesetzt, welche die Beschwerdeführer ebenfalls nicht gewahrt hätten.
Rz. 4
Demgegenüber rügt die Rechtsbeschwerde, wegen des Verfahrensgrundrechts auf effektiven Rechtsschutz dürfe eine Rechtsmittelfrist durch die öffentliche Bekanntmachung einer Entscheidung nur in Lauf gesetzt werden, wenn auch der Entscheidungsausspruch öffentlich bekannt gemacht worden sei. Unterbleibe hingegen nach der Vorschrift des § 64 Abs. 2 Satz 2 InsO die Veröffentlichung des Betrags, welcher als Verwaltervergütung festgesetzt worden sei, so könnten die Beteiligten aus der Veröffentlichung nicht ersehen, inwieweit sie durch die Entscheidung betroffen würden. Ungeachtet dessen sei vorliegend die Rechtsmittelfrist durch die Bekanntmachung im Internet jedenfalls deshalb nicht in Gang gesetzt worden, weil diese Bekanntgabe sich nicht auf die tatsächlich getroffene Entscheidung - die Festsetzung der Vergütung für den vorläufigen Insolvenzverwalter - bezogen habe. Aus diesem Grunde sei die Bekanntgabe auch nicht geeignet gewesen, eine fünfmonatige Einlegungsfrist in Lauf zu setzen.
III.
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerde ist nach den Vorschriften der §§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO statthaft, wobei es für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht darauf ankommt, dass das Beschwerdegericht die sofortigen Beschwerden als unzulässig verworfen hat (BGH, Beschl. v. 30.3.2006 - IX ZB 171/04, WM 2006, 1409 Rz. 5; v. 22.9.2010 - IX ZB 195/09, WM 2010, 2122 Rz. 6). Die auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§ 4 InsO, § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist begründet, die Sache aber nicht zur Endentscheidung reif.
Rz. 6
1. Die Rechtsbeschwerde macht mit Recht geltend, dass die Internetveröffentlichung vom 23.10.2007 fehlerhaft gewesen ist und deshalb keine Frist zur sofortigen Beschwerde gegen den Festsetzungsbeschluss vom 17.10.2007 in Lauf gesetzt hat. Die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) war daher nicht verfristet.
Rz. 7
a) Da der Festsetzungsbeschluss des Insolvenzgerichts nicht verkündet worden ist (vgl. §§ 4, 5 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 329 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO), knüpft die zweiwöchige Frist zur Erhebung der sofortigen Beschwerde (§§ 4, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) an die Zustellung dieser Entscheidung an (§ 6 Abs. 2 InsO). Nach der Regelung der §§ 9 Abs. 3, 64 Abs. 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO genügt zum Nachweis der Zustellung die öffentliche Bekanntmachung der Vergütungsfestsetzung, wobei die Mitteilung der festgesetzten Beträge unterbleibt. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt gem. § 9 Abs. 1 InsO seit dem 1.7.2007 (§ 103c Abs. 1 Satz 1 EGInsO) zentral und länderübergreifend durch Veröffentlichung auf der Internetseite www.insolvenzbekanntmachungen.de.
Rz. 8
b) Die öffentliche Bekanntmachung vom 23.10.2007, wonach mit Beschluss vom 17.10.2007 die Vergütung und die Auslagen des Insolvenzverwalters festgesetzt worden seien, war unrichtig, weil sich die Festsetzung tatsächlich nicht auf den Insolvenzverwalter, sondern auf den vorläufigen Insolvenzverwalter bezogen hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hindert dieser Fehler die Wirksamkeit der Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung.
Rz. 9
Eine unrichtige öffentliche Bekanntmachung löst nach allgemeiner Auffassung die Zustellungswirkung des § 9 Abs. 3 InsO nicht aus (Ganter in MünchKomm/InsO, 2. Aufl., § 9 Rz. 17; Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Aufl., § 9 Rz. 4; Schmerbach in FK/InsO, 6. Aufl., § 9 Rz. 11). Die Erwägung des Beschwerdegerichts, wonach die Verfahrensbeteiligten aus dem Verfahrensstadium zum Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung hätten erschließen können, dass sich die Vergütungsfestsetzung nur auf den vorläufigen Verwalter beziehen könne, vermag die Zustellungswirkung der fehlerhaften Bekanntmachung nicht zu begründen.
Rz. 10
Die Individualzustellung einer beglaubigten Abschrift ist unwirksam, wenn zwischen der Urschrift und der zugestellten Abschrift so starke Abweichungen bestehen, dass der Zustellungsadressat den wesentlichen Inhalt der Urschrift - insb. den Umfang seiner Beschwer - nicht mehr zweifelsfrei erkennen kann, während weniger bedeutende Fehler die Wirksamkeit der Zustellung nicht hindern (BGH, Urt. v. 26.10.1976 - VI ZR 249/75, VersR 1977 329, 330; Beschl. v. 23.4.1980 - VIII ZB 6/80, VersR 1980, 771 [772]; Urt. v. 18.5.1995 - VII ZR 191/94, NJW 1995, 2230 [2231]; Beschl. v. 24.1.2001 - XII ZB 75/00, NJW 2001, 1653 [1654]). Ob nach diesem Maßstab auch eine öffentliche Bekanntmachung trotz unbedeutender Fehler im Einzelfall wirksam sein kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Als unabdingbare Voraussetzung für den Ersatz der Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gem. § 9 Abs. 3 InsO ist jedenfalls zu fordern, dass die getroffene Entscheidung in der öffentlichen Bekanntmachung zutreffend bezeichnet wird. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Allein der Umstand, dass ein mit dem Insolvenzverfahren vertrauter Beobachter zur Mutmaßung in der Lage gewesen sein mag, tatsächlich müsse entgegen der öffentlichen Bekanntmachung wohl die Vergütung des vorläufigen Verwalters festgesetzt worden sein, macht die öffentliche Bekanntmachung nicht wirksam.
Rz. 11
c) Der Lauf der Beschwerdefrist hat auch nicht mit Ablauf von fünf Monaten nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung begonnen.
Rz. 12
aa) Nach der Vorschrift des § 569 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 ZPO beginnt die Frist zur sofortigen Beschwerde spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Auf den Regelfall, in welchem Beschlüsse nicht verkündet werden (§ 329 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO), ist diese Bestimmung nach allgemeiner Auffassung entsprechend anzuwenden, wobei die Voraussetzungen für den Lauf der Fünfmonatsfrist streitig sind.
Rz. 13
Nach einer Auffassung genügt für den Lauf der fünfmonatigen Anfechtungsfrist bei nicht verkündeten Beschlüssen deren Erlass (OLG Köln NJW-RR 1994, 445; OLG Koblenz NJW-RR 2003, 1079 f; Hk-ZPO/Kayser, 4. Aufl., § 569 Rz. 3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 32. Aufl., § 569 Rz. 6). Da der Erlass einer nicht zu verkündenden Entscheidung zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu welchem der Beschluss die Geschäftsstelle mit der unmittelbaren Zweckbestimmung verlassen hat, den Parteien bekannt gegeben zu werden (BGH, Urt. v. 1.4.2004 - IX ZR 117/03, NJW-RR 2004, 1575; vom 19.10.2005 - VIII ZR 217/04, BGHZ 164, 347 [354]), kommt es nach dieser Auffassung für den Lauf der Fünfmonatsfrist lediglich auf die Absendung des Beschlusses an die Parteien, nicht jedoch auf dessen Zugang an. Nach der Gegenmeinung läuft die Fünfmonatsfrist hingegen nur zum Nachteil solcher Verfahrensbeteiligten, welche den anzufechtenden Beschluss tatsächlich erhalten haben (Lipp in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 569 Rz. 5; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 569 Rz. 4; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 569 Rz. 4).
Rz. 14
bb) Die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung des § 569 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 ZPO auf nicht verkündete Entscheidungen bedürfen hier keiner allgemeinen Klärung. Jedenfalls bei öffentlich bekannt zu machenden Beschlüssen im Insolvenzverfahren beginnt die Beschwerdefrist nicht mit Ablauf von fünf Monaten nach dem Erlass der Entscheidung zum Nachteil solcher Beteiligter, welchen die Entscheidung nicht individuell mitgeteilt worden ist, wenn die öffentliche Bekanntmachung fehlerhaft ist und daher keine Zustellungswirkung gem. § 9 Abs. 3 InsO besitzt (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO, § 6 Rz. 32; Ganter in MünchKomm/InsO, a.a.O., § 6 Rz. 38; Kirchhof in HK/InsO, a.a.O., § 6 Rz. 19).
Rz. 15
Wie der BGH zur fünfmonatigen Berufungsfrist bei unwirksamer Verkündung eines Urteils gem. § 517 ZPO (vormals § 516 ZPO) entschieden hat, liegt dieser Vorschrift der Gedanke zugrunde, dass eine Partei nach streitiger Verhandlung vor Gericht mit einer Entscheidung rechnen muss und es ihr daher zuzumuten ist, sich nach dem Erlass einer solchen Entscheidung zu erkundigen (BGH, Beschl. v. 29.9.1998 - KZB 11/98, NJW 1999, 143 [144]; v. 7.7.2004 - XII ZB 12/03, NJW-RR 2004, 1651 [1652]; v. 21.7.2010 - XII ZB 135/09, NJW-RR 2011, 5 Rz. 14). Insolvenzgläubiger, welche lediglich aufgrund der Anmeldung von Forderungen an dem Insolvenzverfahren beteiligt sind, trifft eine solche Obliegenheit zur Erkundigung nicht in vergleichbarer Weise. Indem das Gesetz aus Gründen der Verfahrensvereinfachung auf das Erfordernis individueller Zustellung der Entscheidungen des Insolvenzgerichts an sämtliche Verfahrensbeteiligten verzichtet und stattdessen die öffentliche Bekanntmachung gem. § 9 Abs. 3 InsO vorsieht, wird den Beteiligten zwar zugemutet, sich aus den Insolvenzbekanntmachungen im Internet über die ergangenen Entscheidungen zu unterrichten. Eine darüber hinaus gehende Obliegenheit, bei fehlerhafter oder gänzlich fehlender öffentlicher Bekanntmachung beim Insolvenzgericht Erkundigungen einzuholen, lässt sich dem Gesetz hingegen nicht entnehmen. Wenn die Beteiligten an einem Insolvenzverfahren nicht auf die öffentlichen Insolvenzbekanntmachungen vertrauen könnten, sondern sich individuell beim Insolvenzgericht über den Erlass von Entscheidungen erkundigen müssten, würde dies auch dem Zweck des Instituts der öffentlichen Bekanntmachung zuwider laufen, das Verfahren zu vereinfachen, weil sich das Insolvenzgericht ggf. mit einer Vielzahl von Anfragen einzelner Verfahrensbeteiligter befassen müsste.
Rz. 16
2. Auf die weitere von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob die gesetzliche Regelung, nach der die zweiwöchige Frist zur sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung der Verwaltervergütung an die öffentliche Bekanntmachung dieser Entscheidung ohne Mitteilung der festgesetzten Beträge anknüpft, den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch eines Insolvenzgläubigers auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, kommt es danach nicht an.
Rz. 17
a) Das BVerfG (BVerfGE 77, 275 [285]) hat zur früheren Vorschrift des § 119 Abs. 4 der Vergleichsordnung (VglO), wonach die öffentliche Bekanntmachung von Entscheidungen als Zustellung an alle Beteiligten galt, entschieden, die Regelung sei für sich genommen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wenn die Zustellung ausschließlich durch öffentliche Bekanntmachung erfolge, erscheine jedoch die Anfechtungsfrist von nur einer Woche (§ 121 Abs. 2 Satz 2 VglO) verfassungsrechtlich bedenklich. Jedenfalls würden die Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise verkürzt, wenn die einwöchige Beschwerdefrist an eine öffentliche Bekanntgabe anknüpfe, welche den Entscheidungsausspruch - im dort entschiedenen Fall die Höhe der Vergütung des Vergleichsverwalters - nicht mitteile.
Rz. 18
b) Im Unterschied zur Rechtslage nach der Vergleichsordnung beträgt die Frist für eine sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung der Verwaltervergütung unter der Geltung der Insolvenzordnung zwei Wochen (§ 4 InsO, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Veröffentlichung der festgesetzten Beträge ist nunmehr gesetzlich untersagt; in der öffentlichen Bekanntmachung ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der vollständige Beschluss in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann (§ 64 Abs. 2 Satz 2 InsO). Der Senat hat insoweit angenommen, dass gegen die Anknüpfung der Frist zur sofortigen Beschwerde des Schuldners an deren öffentliche Bekanntmachung jedenfalls dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, wenn der Schuldner zuvor zu dem Vergütungsantrag des Insolvenzverwalters gehört worden ist (BGH, Beschl. v. 4.12.2003 - IX ZB 249/02, WM 2004, 394; vgl. auch BGH, Beschl. v. 21.1.2010 - IX ZB 83/06, NZI 2010, 276 Rz. 6). Als verfassungsgemäß hat er es auch beurteilt, dass die Frist zur Anfechtung der Vergütungsfestsetzung durch den Verwalter mit der öffentlichen Bekanntmachung beginnt, auch wenn die festgesetzten Beträge nicht veröffentlicht worden sind (BGH, Beschl. v. 5.11.2009 - IX ZB 173/08, NZI 2010, 159 Rz. 5 ff; v. 12.5.2011 - IX ZB 181/09, juris Rz. 2; v. 30.6.2011 - IX ZB 109/10, juris Rz. 2).
Rz. 19
Damit ist jedoch nicht entschieden, ob die gesetzliche Regelung auch die verfassungsmäßigen Rechte der beteiligten Insolvenzgläubiger wahrt. Für Insolvenzgläubiger bedeutet die an die öffentliche Bekanntmachung der Vergütungsfestsetzung ohne Veröffentlichung der festgesetzten Beträge anknüpfende zweiwöchige Beschwerdefrist eine praktisch deutlich höhere Hürde als für den Insolvenzverwalter und den zum Vergütungsantrag angehörten Schuldner. Denn anders als diese wissen Insolvenzgläubiger oft nicht, ob und in welcher Höhe eine Vergütung beantragt worden ist. Sie können dann weder einschätzen, wann mit der Bekanntmachung einer Vergütungsfestsetzung im Internet zu rechnen ist, noch in welcher Größenordnung eine Festsetzung erfolgt.
Rz. 20
3. Wegen des Rechtsfehlers des Beschwerdegerichts ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Beschwerdegericht die angefochtene Vergütungsfestsetzung bislang nicht in der Sache überprüft und hierzu keine Feststellungen getroffen hat (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 2857562 |
HFR 2012, 337 |
NJW 2011, 8 |
EBE/BGH 2011 |
NJW-RR 2012, 179 |
WM 2011, 2374 |
WuB 2012, 293 |
ZAP 2012, 105 |
ZIP 2011, 2479 |
DZWir 2012, 205 |
MDR 2012, 302 |
NJ 2012, 5 |
NZI 2011, 974 |
Rpfleger 2012, 224 |
ZInsO 2012, 49 |
GuT 2011, 403 |
NJW-Spezial 2012, 86 |
RENOpraxis 2012, 37 |
Mitt. 2012, 292 |