Leitsatz (amtlich)
a) Eine noch bestehende Ehe der Kindesmutter steht der Abgabe einer Sorgeerklärung durch den leiblichen Vater nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entgegen, wenn das Kind bei Anhängigkeit des Scheidungsantrags noch nicht geboren war und der leibliche Vater nach § 1599 Abs. 2 BGB auch die Vaterschaft anerkannt hat.
b) Die Sorgeerklärung ist dann - wie die Anerkennung der Vaterschaft - zunächst schwebend unwirksam und wird mit der Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Urteils wirksam.
Normenkette
BGB § 1599 Abs. 2, § 1626a Abs. 1 Nr. 1, § 1626b Abs. 1-2, § 1626e
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 19.08.2002) |
AG Kirchhain |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Einzelrichters des 2. Familiensenats in Kassel des OLG Frankfurt am Main v. 19.8.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das OLG zurückverwiesen.
Streitwert: 3.000 EUR.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um das Sorgerecht für die am 11.12.1998 geborene gemeinsame Tochter Jessica.
Die Antragsgegnerin (Beteiligte zu 2) war während der Schwangerschaft noch mit einem anderen Mann verheiratet; der Scheidungsantrag ist kurz vor der Geburt des Kindes am 27.11.1998 zugestellt worden. Am 22.12.1998 erkannte der Antragsteller (Beteiligter zu 1) gegenüber der Urkundsperson des Jugend- und Sozialamtes des Rheingau-Taunus-Kreises (UR .../1998) die Vaterschaft für die Tochter Jessica an. Die Antragsgegnerin stimmte der Anerkennung in der gleichen Urkunde zu. Am 13.8.1999 stimmte auch der Ehemann der Antragsgegnerin, Klaus Josef P., der Anerkennung der Vaterschaft durch den Antragsteller zu (UrK.-Reg.Nr. .../1999 des Jugendamtes des Landkreises Waldeck-Frankenberg). Am 16.9.1999 gaben die Beteiligten zu 1) und 2) eine gemeinsame Sorgeerklärung für die Tochter Jessica gegenüber dem Jugend- und Sozialamt des Rheingau-Taunus-Kreises ab (UR .../1999). Durch Urteil des AG Bad Schwalbach v. 7.2.2001 - rechtskräftig seit dem 27.3.2001 - (1 F .../99) wurde die Ehe der Antragsgegnerin mit Herrn Klaus Josef P. geschieden.
Die Beteiligten zu 1) und 2), die von August 1998 bis Juni 2000 zusammenlebten und sich dann getrennt haben, begehrten in erster Instanz wechselseitig das alleinige Sorgerecht für Jessica. Das AG hat nach Anhörung der Beteiligten und Einholung eines Sachverständigengutachtens das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Jessica auf den Antragsteller übertragen und es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge belassen. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Einzelrichter am OLG den Beschluss aufgehoben und festgestellt, dass die alleinige elterliche Sorge der Antragsgegnerin für Jessica fortbesteht. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde des Antragstellers.
II.
Die statthafte (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 621e Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Allerdings führt die durch den Einzelrichter wegen Grundsätzlichkeit zugelassene Rechtsbeschwerde nicht schon wegen Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Anders als bei Beschlüssen im Beschwerdeverfahren, in denen der originäre Einzelrichter die Rechtsbeschwerde wegen Grundsätzlichkeit zugelassen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2003 - IX ZB 134/02, MDR 2003, 588 = BGHReport 2003, 627 = FamRZ 2003, 669; Beschl. v. 11.9.2003 - XII ZB 188/02, BGHReport 2003, 1363 = MDR 2004, 109 = FamRZ 2003, 1922), war hier der Einzelrichter gesetzlich zuständig. Während der Einzelrichter im Beschwerdeverfahren nach § 568 S. 1 ZPO als sog. originärer Einzelrichter tätig wird und dem Kollegium das Verfahren bei grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO zur Entscheidung zu übertragen hat, ist der Einzelrichter im Verfahren der befristeten Beschwerde nach § 621e Abs. 3 S. 2 ZPO i. V. m. § 526 Abs. 1 ZPO erst zur Entscheidung berufen, wenn das Kollegium den Rechtsstreit auf ihn übertragen hat. Hält das Berufungsgericht eine grundsätzliche Bedeutung der Sache für gegeben, hat es von der Übertragung an den Einzelrichter abzusehen (§ 526 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Der Einzelrichter im Verfahren der befristeten Beschwerde darf - und muss - die Sache, wenn er ihr grundsätzliche Bedeutung beimisst, nur dann nach § 526 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dem Kollegium zur Entscheidung über eine Übernahme vorlegen, wenn sich die grundsätzliche Bedeutung aus einer "wesentlichen Änderung der Prozesslage" ergibt, also nicht schon dann, wenn er sie anders als das Kollegium von vornherein als grundsätzlich ansieht. Diese Vorschriften lassen erkennen, dass der Einzelrichter nach dem Willen des Gesetzgebers durch den Übertragungsbeschluss des Kollegiums zur Entscheidung über die Beschwerde befugt ist, auch wenn das Kollegium die grundsätzliche Bedeutung der Sache anders als er verneint hat (vgl. BGH v. 16.7.2003 - VIII ZR 286/02, BGHReport 2003, 1234 = MDR 2004, 49 = NJW 2003, 2900).
2. Das OLG hat den Sorgerechtsantrag des Antragstellers zurückgewiesen, weil die elterliche Sorge allein der Antragsgegnerin zustehe und eine vollständige oder teilweise Übertragung des Sorgerechts nach der allenfalls anwendbaren Vorschrift des § 1666 BGB nicht in Betracht komme. Eine Sorgeerklärung könne nicht vor einer rechtskräftigen Scheidung der Ehe der Kindesmutter abgegeben werden, weil sie bedingungsfeindlich und die Vorschrift des § 1599 Abs. 2 BGB weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar sei. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg.
a) Allerdings geht das OLG zunächst zutreffend davon aus, dass der Antragsteller die Vaterschaft für die Tochter Jessica wirksam anerkannt hat. Ist ein Antrag auf Scheidung der Ehe der Kindesmutter vor der Geburt des Kindes anhängig, kann der leibliche Vater seine Vaterschaft schon vor Rechtskraft des Scheidungsurteils anerkennen. Die gesetzliche Vermutung für eine Vaterschaft des Ehemannes (§ 1592 Nr. 1 BGB) greift dann zunächst nicht und steht einem Anerkenntnis durch den leiblichen Vater deswegen nicht entgegen (§ 1599 Abs. 2 S. 1 1. und 2. Halbs. BGB). Allerdings wird die Anerkennung frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Urteils wirksam (§ 1599 Abs. 2 S. 3 BGB); bis zu diesem Zeitpunkt ist sie schwebend unwirksam (BT-Drucks. 13/4899, 84). Obwohl die Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Abs. 3 BGB grundsätzlich bedingungsfeindlich ist, steht die - noch abzuwartende - Rechtskraft der Ehescheidung nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung als reine Rechtsbedingung der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung also nicht entgegen (vgl. insoweit Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., vor § 158 Rz. 5). Da der Antragsteller die Anerkennung der Vaterschaft nicht gem. § 1597 Abs. 3 BGB widerrufen hat, ist sie mit Rechtskraft der Ehescheidung am 27.3.2001 wirksam geworden.
b) Die weiteren Überlegungen des OLG halten indes rechtlicher Überprüfung aus verschiedenen Gründen nicht stand.
Nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB steht auch den nicht miteinander verheirateten Eltern des Kindes die elterliche Sorge gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärung). Eine solche Sorgeerklärung hat der Antragsteller gemeinsam mit der Antragsgegnerin am 16.9.1999, noch vor der rechtskräftigen Ehescheidung der Antragsgegnerin, gegenüber der Urkundsperson des Rheingau-Taunus-Kreises abgegeben. Die Frage, ob eine Sorgeerklärung schon vor der rechtskräftigen Ehescheidung der Mutter, also in einem Zeitpunkt, in dem auch die leibliche Vaterschaft noch nicht endgültig feststeht, wirksam abgegeben werden kann, wird in der Literatur nicht einheitlich beantwortet.
Huber (Huber in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1626a Rz. 14; § 1626b Rz. 15) und Jaeger (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1626b Rz. 3) verlangen, dass schon im Zeitpunkt der Sorgeerklärung die Abstammung des Kindes von den Eltern feststehe. Ist die Mutter mit einem anderen Mann verheiratet, könne der leibliche Vater die Sorgeerklärung "erst dann wirksam abgeben, wenn die Vaterschaft des Ehemannes erfolgreich angefochten wurde und er selbst die Vaterschaft anerkannt hat". Wegen der Bedingungsfeindlichkeit der Sorgeerklärung könne der leibliche Vater diese nicht im Voraus für den Fall des Feststehens der eigenen Vaterschaft wirksam abgeben. Coester (Staudinger/Coester, BGB, 13. Bearb., § 1626b Rz. 4, 11) weist hingegen darauf hin, dass nach allgemeinen Grundsätzen bloße Rechtsbedingungen nicht zur Unwirksamkeit der Sorgeerklärung führen. Hierzu gehöre auch die Bedingung, dass eine anderweitig bestehende Vaterschaft durch Anfechtung erst beseitigt werde. Eine solche Rechtsbedingung sei trotz der grundsätzlichen Bedingungsfeindlichkeit im Rahmen der Vaterschaftsanerkennung zulässig (§§ 1594 Abs. 3, 1599 Abs. 2 S. 1 1. und 2. Halbs. BGB). Entsprechendes müsse dann auch für eine darauf aufbauende bedingte Sorgeerklärung gelten. Sowohl die Anerkennung der Vaterschaft als auch eine Sorgeerklärung sei deswegen unter der Rechtsbedingung möglich, dass die Vaterschaft des Ehemannes durch Anfechtung beseitigt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt seien beide Erklärungen des biologischen Vaters schwebend unwirksam. Auch Diederichsen (Palandt/Diederichsen, BGB, 63. Aufl., § 1626b Rz. 1, § 1599 Rz. 10 a. E.) hält eine Sorgeerklärung während des vor der Geburt anhängig gewordenen und noch nicht abgeschlossenen Scheidungsverfahrens in analoger Anwendung des § 1599 Abs. 2 S. 1, 2. Halbs. BGB für zulässig.
Der Senat schließt sich der von Coester und Diederichsen vertretenen Auffassung an, wonach eine bis zum rechtskräftigen Abschluss des vor der Geburt des Kindes anhängig gewordenen Scheidungsverfahrens abgegebene Sorgeerklärung schwebend unwirksam, aber nicht nichtig ist.
aa) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts steht der Wortlaut der §§ 1626a, 1626b BGB dieser Auslegung nicht entgegen. Zwar können Sorgeerklärungen danach nur von den "Eltern" des Kindes abgegeben werden. Dabei stellt das Gesetz aber auf die künftigen Eltern ab, wie sich aus § 1626b Abs. 2 BGB ergibt. Denn eine Sorgeerklärung kann danach schon vor der Geburt des Kindes abgegeben werden, obwohl die Vaterschaft nach § 1592 BGB erst mit dessen Geburt beginnt. Entsprechend steht den Eltern einer ungeborenen Leibesfrucht nach § 1912 Abs. 2 BGB auch noch keine elterliche Sorge, sondern nur die Fürsorge in dem Umfang zu, als ihnen die elterliche Sorge zustünde, wenn das Kind bereits geboren wäre. Der Wortlaut des § 1626a BGB steht deswegen nur einer endgültigen Wirksamkeit der Sorgeerklärung entgegen, solange auch die (künftige) Vaterschaft noch nicht endgültig feststeht (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1626a Rz. 8).
bb) Die Systematik des Gesetzes spricht dafür, dass eine vor der rechtskräftigen Ehescheidung der Kindesmutter abgegebene Sorgeerklärung zunächst nur schwebend unwirksam ist und später mit Rechtskraft der Scheidung wirksam werden kann. Das ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenspiel der Vorschriften über die Anerkennung der Vaterschaft und die Sorgeerklärung, die sich in weitem Umfang entsprechen und inhaltlich aufeinander aufbauen.
Allerdings gilt der Ehemann der Kindesmutter nach § 1592 Nr. 1 BGB bis zum rechtskräftigen Scheidungsausspruch in dem vor der Geburt des Kindes anhängig gewordenen Scheidungsverfahren zunächst noch als Vater. Denn die Anerkennung der Vaterschaft durch den leiblichen Vater wird nach § 1599 Abs. 2 S. 3 BGB erst mit Rechtskraft der Scheidung wirksam und das Kind kann bis zu diesem Zeitpunkt nicht ohne Vater sein (BT-Drucks. 13/4899, 53; Veit, FamRZ 1999, 902 [903 ff.]). Entsprechend erklärt § 1599 Abs. 2 BGB für diese Fälle neben § 1592 Nr. 1 BGB auch § 1594 Abs. 2 BGB, wonach die Vaterschaft eines anderen Mannes dem Anerkenntnis entgegensteht, für unanwendbar. Mit Rechtskraft der Ehescheidung wird die zunächst schwebend unwirksame Anerkennung der Vaterschaft nach allgemeinen Grundsätzen rückwirkend wirksam (vgl. BGH v. 10.7.1997 - IX ZR 341/95, BGHZ 137, 267 [280] m. w. N.). Mit dieser Wirksamkeit entfällt rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes auch die Vaterschaft des Ehemannes der Kindesmutter (Veit, FamRZ 1999, 902 [903]), die einer Wirksamkeit der Sorgeerklärung zunächst entgegensteht.
Zwar fehlt für die Sorgeerklärung eine dem § 1599 Abs. 2 BGB entsprechende Vorschrift, nach der auch diese schon vor rechtskräftiger Scheidung der Ehe der Kindesmutter abgegeben werden kann. Allerdings ist die gesetzliche Regelung im Abstammungsrecht deswegen zwingend erforderlich, weil sonst nach § 1594 Abs. 2 BGB die Vaterschaft nicht wirksam anerkannt werden könnte, solange nach § 1592 Nr. 1 BGB die Vaterschaft des mit der Mutter bei der Geburt verheirateten Mannes vermutet wird. Eine dem § 1594 Abs. 2 BGB vergleichbare Vorschrift, die eine Sorgeerklärung bei noch schwebend unwirksamem Vaterschaftsanerkenntnis verbietet, findet sich im Gesetz aber nicht. Nach § 1626e BGB ist eine Sorgeerklärung vielmehr nur dann unwirksam, wenn sie den vorstehenden gesetzlichen Vorschriften nicht genügt. Die - zudem mit der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung rückwirkend entfallende - Vaterschaft des Ehemannes der Kindesmutter steht der Abgabe einer ebenfalls zunächst schwebend unwirksamen Sorgeerklärung deswegen nicht entgegen.
Wie die Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Abs. 3 BGB ist auch die Sorgeerklärung nach § 1626b Abs. 1 BGB bedingungs- und befristungsfeindlich. Auch deswegen liegt es nahe, die vor einer rechtskräftigen Ehescheidung abgegebene Sorgeerklärung wie die zuvor abgegebene Anerkennung der Vaterschaft nach § 1599 Abs. 2 S. 3 BGB bis zum Eintritt der Rechtsbedingung als schwebend unwirksam anzusehen (BT-Drucks. 13/4899, 84). Wenn die gesetzliche Regelung dieses ausdrücklich für die ebenfalls bedingungsfeindliche Anerkennung der Vaterschaft vorsieht, spricht nichts dagegen, diese Rechtswirkung auch der Sorgerechtserklärung trotz ihrer grundsätzlichen Bedingungsfeindlichkeit zuzuerkennen.
cc) Auch der in der Stellungnahme des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 13/8511, 65 f.) zur Reform des Kindschaftsrechts deutlich gewordene Wille des Gesetzgebers, nämlich die gemeinsame elterliche Sorge zu fördern, spricht im Interesse des Kindes dafür, neben der Vaterschaft auch die elterliche Sorge alsbald, ggf. schon mit der Geburt des Kindes (§ 1594 Abs. 4, § 1626b Abs. 3 BGB), zu klären. Aus kinderpsychiatrischer und kinderpsychologischer Sicht ist das im Interesse des Kindeswohls geboten, weil Kinder sehr bald nach der Geburt enge Bindungen zu den mit ihnen zusammenlebenden Eltern entwickeln (vgl. BT-Drucks. 13/4899, 59). Neuere sozialwissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht und ihm verdeutlicht, dass beide Eltern gleichermaßen bereit sind, für das Kind Verantwortung zu tragen. Selbst bei getrennt lebenden Eltern ist - vorbehaltlich der Fälle einer mangelnden Kooperationsbereitschaft und eines hohen Konfliktpotenzials zwischen den Eltern - die gemeinsame Sorge besser als die Alleinsorge geeignet, die Kommunikation und die Kooperation der Eltern miteinander positiv zu beeinflussen, den Kontakt des Kindes zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten und die Beeinträchtigungen des Kindes durch die Trennung zu mindern (BVerfG, Urt. v. 29.1.2003 - 1 BvL 20/99, 1 BvR 933/01, FamRZ 2003, 285 [286]).
c) Die Beteiligten zu 1) und 2) haben ihre Sorgeerklärung auch nicht widerrufen, bevor sie mit Rechtskraft der Ehescheidung wirksam geworden ist. Wegen der im Interesse des Kindeswohls bedingten Formstrenge wäre ein Widerruf - wie der zeitlich begrenzte Widerruf der Vaterschaftsanerkennung nach § 1597 Abs. 3 S. 2 BGB - ohnehin nur in der Form möglich gewesen, die für die Sorgeerklärung selbst gilt. Eine solche Erklärung haben die Beteiligten zu 1) und 2) aber nicht abgegeben.
3. Der angefochtene Beschluss kann deswegen keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 1671 BGB nachholen kann.
Fundstellen
Haufe-Index 1131036 |
BGHZ 2004, 74 |
NJW 2004, 1595 |
BGHR 2004, 812 |
EBE/BGH 2004, 3 |
FamRZ 2004, 802 |
FuR 2005, 36 |
DNotI-Report 2004, 82 |
ZAP 2004, 760 |
DNotZ 2004, 647 |
FPR 2004, 396 |
FPR 2005, 115 |
MDR 2004, 883 |
FamRB 2004, 184 |
NJW-Spezial 2004, 59 |
NotBZ 2004, 189 |
JAmt 2004, 259 |
JWO-FamR 2004, 130 |
LMK 2004, 107 |