Leitsatz (amtlich)
a) In Prozesskostenhilfeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann eine Beschwerdeentscheidung nur nach einer Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde durch das LG entsprechend § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO angefochten werden.
b) Zuständig für die Entscheidung über eine solche sofortige weitere Beschwerde ist grundsätzlich das OLG bzw. das BayObLG. Die Zuständigkeit des BGH kann nur im Fall einer Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG gegeben sein.
Normenkette
FGG § 14; ZPO § 574 (2002)
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Chemnitz wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag der Antragsgegner auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin nimmt als Verfahrensstandschafterin die Antragsgegner auf Zahlung von 337,45 EUR auf Grund einer von den Wohnungseigentümern beschlossenen Sonderumlage in Anspruch.
Für dieses Verfahren haben die Antragsgegner die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das AG hat die Anträge zunächst zurückgewiesen, dann jedoch den hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerden teilweise abgeholfen und den Antragsgegnern Prozesskostenhilfe mit Zahlung monatlicher Raten i. H. v. 60 EUR bzw. 15 EUR bewilligt. Die weiter gehenden Rechtsmittel der Antragsgegner hat das LG als unzulässig verworfen und gegen seine Entscheidung die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Mit der vorliegenden Rechtsbeschwerde wenden sich die Antragsgegner gegen den Beschluss des LG.
II. Das Beschwerdegericht hält die sofortigen Beschwerden der Antragsgegner für verspätet. Die Beschlüsse mit der Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe seien ihnen am 23.5.2003 zugestellt worden, die Beschwerdeschriften jedoch erst am 20.6.2003 bei Gericht eingegangen. Damit sei die gem. § 22 FGG zweiwöchige Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht gewahrt. Diese Bestimmung sei im vorliegenden Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit für die Beschwerdefrist maßgeblich, nicht jedoch die in § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO für die Versagung von Prozesskostenhilfe im Zivilprozess geregelte Frist von einem Monat.
III.
Die an den BGH gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragsgegner ist nicht zulässig. Das Beschwerdegericht ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass nach einer entsprechenden Zulassung die sofortige weitere Beschwerde nach § 27 FGG eröffnet ist. Für die Entscheidung über dieses Rechtsmittel ist nach § 28 Abs. 1 FGG das OLG zuständig. Da die Antragsgegner dieses Gericht ebenfalls angerufen haben, kommt eine Umdeutung des vorliegenden Rechtsmittels in eine sofortige weitere Beschwerde an das OLG nicht Betracht. Außerdem kann wegen der Unzulässigkeit des bei dem unzuständigen Gericht eingelegten Rechtsmittels offen bleiben, ob die Zulassung durch das Beschwerdegericht auch auf eine Rechtsbeschwerde bezogen werden kann.
1. Nach § 14 FGG, der nach § 43 Abs. 1 WEG auch im vorliegenden Wohnungseigentumsverfahren anwendbar ist, finden hier die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung. Diese Verweisung richtet sich nach allgemeinem Verständnis nicht nur auf die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, sondern erfasst auch die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln gegen gerichtliche Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren (vgl. BGH BGHZ 53, 369 [371 ff.]; Beschl. v. 21.7.1997 - AnwZ (B) 16/97, BRAK-Mitt 1997, 253; auch BGHZ 33, 205 [207]). Danach war vor In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes namentlich § 567 Abs. 3 ZPO a. F. zu beachten und mithin eine Anfechtung von Beschwerdeentscheidungen der LG auch in Prozesskostenhilfeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeschlossen. Durch die Heranziehung der Regelungen zur Statthaftigkeit von Rechtsmitteln wurde das sinnwidrige Ergebnis vermieden, dass für das Prozesskostenhilfeverfahren die freiwillige Gerichtsbarkeit mit weiter gehenden Rechtsmitteln als die streitige Gerichtsbarkeit ausgestattet war (vgl. BGH BGHZ 53, 369 [372 f.]).
2. Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung ist die Neukonzeption des Beschwerderechts durch das am 1.1.2002 in Kraft getretene Zivilprozessreformgesetz auch für die Verweisung in § 14 FGG zu beachten.
a) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies insb., dass die Anfechtbarkeit einer Beschwerdeentscheidung des LG nur unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, mithin nach einer Zulassung durch das LG, eröffnet ist (BayObLG BayObLGZ 2002, 147 [148]; v. 26.6.2002 - 3Z BR 109/02, BayObLGReport 2002, 391 = FamRZ 2002, 1713 [1714]; BayObLGZ 2002, 89 [92]; vgl. auch BGH, Beschl. v. 10.12.2003 - XII ZB 251/03, z.V.b.; jeweils für das Verfahren der Richterablehnung; BayObLGZ 2002, 274 [275] für die Verweisung in § 13a Abs. 3 FGG; OLG Ham NJW-RR 2002, 1375; KG NZM 2003, 816; OLG Frankfurt FGPrax 2003, 175; Demharter, NZM 2002, 233 [235, 236]; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 49 Rz. 83; Keidel/Zimmermann, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 14 FGG Rz. 35). Bei § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO handelt es sich um eine Regelung zur Statthaftigkeit eines Rechtsmittels (Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 574 Rz. 7); denn sie bestimmt, welches Rechtsmittel seiner Art nach gegen welche Art angefochtener Entscheidungen vorgesehen ist (Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., vor § 511 Rz. 14). Der in § 14 FGG bestimmten entsprechenden Anwendung des § 574 ZPO steht die Systematik der Rechtsmittel der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht entgegen. Zwar betrifft die Regelung in § 574 ZPO die Rechtsbeschwerde, während § 27 FGG gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts lediglich die weitere Beschwerde vorsieht. Ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen beiden Rechtsmitteln indessen nicht. So gibt es auch innerhalb der freiwilligen Gerichtsbarkeit Verfahren, für welche die Statthaftigkeit einer weiteren Beschwerde von einer Zulassung durch das Beschwerdegericht abhängig ist (so etwa nach § 56g Abs. 5 S. 2 FGG). Vor allem aber ist die weitere Beschwerde der freiwilligen Gerichtsbarkeit gem. § 27 Abs. 1 S. 2 FGG i. V. m. § 546 ZPO wie die Rechtsbeschwerde gem. § 576 ZPO darauf beschränkt, die angefochtene Entscheidung auf Rechtsfehler zu überprüfen.
b) Über die Regelungen zur Statthaftigkeit hinaus erfasst die Verweisung nach § 14 FGG dagegen nicht die Vorschriften über die Rechtsmittel der Zivilprozessordnung. Es spricht deshalb vieles dafür, zumindest in Wohnungseigentumssachen die Frist für die - nach neuem Recht (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO) allein statthafte - sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen über die Versagung von Prozesskostenhilfe nicht § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO, sondern § 22 Abs. 1 S. 1 FGG zu entnehmen (so auch Keidel/Zimmermann, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 14 Rz. 34a; Demharter, NZM 2002, 233 [236]; a. A. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 49 Rz. 83; Keidel/Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., vor §§ 19-30 Rz. 23). Dies stünde auch in Einklang mit dem Zweck des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO (vgl. Zimmermann in FS für Musielak, 2004, S. 729, 737 f.; Decker, NJW 2003, 2291 [2293]). Abweichend vom Regelfall (zwei Wochen gem. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) wird durch diese Vorschrift - wegen der "annähernd vergleichbaren Auswirkungen" - die Beschwerdefrist den einmonatigen Rechtsmittelfristen im Hauptsacheverfahren angeglichen (Begründung zum RegE eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, 76). Da in Wohnungseigentumssachen Entscheidungen in der Hauptsache innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist angefochten werden müssen (§ 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1 S. 1 FGG), gibt es hier mithin keine Rechtfertigung für eine Übernahme der verlängerten Beschwerdefrist. Folgt man dieser Auffassung, so wäre es zudem wegen § 29 Abs. 2 FGG nur folgerichtig, auch für die Einlegung einer - zugelassenen - weiteren sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts die zweiwöchige Frist und nicht die in § 575 Abs. 1 S. 1 ZPO für die Rechtsbeschwerde vorgesehene Monatsfrist als maßgebend anzusehen (vgl. Zimmermann, in FS für Musielak, 3004, S. 729, 738 f.).
3. In dem vorliegenden Verfahren ist dem Senat die Beantwortung der von dem Beschwerdegericht aufgeworfenen Frage nach der Dauer der Beschwerdefrist allerdings verwehrt. Aus der Begrenzung der Verweisung in § 14 FGG auf Regelungen zur Statthaftigkeit von Rechtsmitteln folgt, dass § 133 GVG, der dem BGH die Zuständigkeit für Entscheidungen über Rechtsbeschwerden in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuweist, keine entsprechende Anwendung finden kann. Es verbleibt vielmehr bei den eigenen Zuständigkeitsregelungen für die freiwillige Gerichtsbarkeit (vgl. BayObLG BayObLGZ 2002, 147 [148]; Keidel/Zimmermann, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 14 Rz. 35; Keidel in FS für Musielak, 2004, S. 729 [739]; Demharter, NZM 2002, 233 [236]). Danach entscheidet über eine in Prozesskostenhilfeverfahren zugelassene weitere sofortige Beschwerde nach § 28 Abs. 1 FGG das OLG bzw. in Bayern nach § 199 Abs. 1 FGG das BayObLG (Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 BayAGGVG). Der BGH ist zur Entscheidung nur unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 FGG auf Grund einer zulässigen Vorlage berufen.
IV. Da die Rechtsverfolgung der Antragsgegner im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren keine Aussicht auf Erfolg bietet, ist ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren zurückzuweisen (§ 14 FGG, § 114 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1132071 |
BGHR 2004, 838 |
EBE/BGH 2004, 2 |
NJW-RR 2004, 1077 |
FGPrax 2004, 142 |
NZM 2004, 795 |
WM 2004, 2225 |
ZfIR 2004, 883 |
MDR 2004, 959 |
VersR 2004, 1436 |
WuM 2004, 370 |
NJW-Spezial 2005, 6 |
JWO-MietR 2004, 138 |