Leitsatz (amtlich)
Eine durch außergerichtliche Verhandlungen entstandene Terminsgebühr kann im Kostenfestsetzungsverfahren in Ansatz gebracht werden, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gebührentatbestandes gem. § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehen sind (im Anschluss an BGH Beschlüsse v. 20.11.2006 - II ZB 6/06, NJW-RR 2007, 286; v. 14.12.2006 - V ZB 11/06, NJW-RR 2007, 787).
Normenkette
RVG § 2 Abs. 2 S. 1 Anl. 1 Nr. 3202
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des OLG Stuttgart vom 22.12.2005 aufgehoben.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Böblingen vom 11.11.2005 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die von der Beklagten aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des OLG Stuttgart vom 12.10.2005 an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 1.241,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 24.10.2005 festgesetzt.
Beschwerdewert: 522 EUR
Gründe
I.
[1] Das AG hat der von dem Kläger erhobenen Unterhaltsabänderungsklage stattgegeben. Nach Rücknahme der gegen das Urteil eingelegten Berufung hat das OLG der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
[2] Der Kläger hat u.a. die Festsetzung einer 1,2-fachen Terminsgebühr (Nr. 3104 RVG-VV) i.H.v. 450 EUR zzgl. Mehrwertsteuer beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beklagtenvertreterin habe seinen Rechtsanwalt vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung über das Rechtsmittel angerufen und einen Vorschlag zur vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits unterbreitet. Ein Vergleich sei gescheitert, was zur Rücknahme der Berufung geführt habe.
[3] Das AG hat die Festsetzung der Terminsgebühr mit der Begründung abgelehnt, dass ein gerichtlicher Termin nicht stattgefunden habe. Der dagegen gerichteten Erinnerung hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
II.
[4] Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Zu Recht begehrt der Kläger nach § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 3 i.V.m. Nr. 3202 VV (Nr. 3104 gilt nur im ersten Rechtszug) die Festsetzung einer 1,2-fachen Terminsgebühr i.H.v. 522 EUR (450 EUR + 16 % Mehrwertsteuer).
[5] 1. Das OLG hat zu seiner gegenteiligen Auffassung ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob überhaupt eine Terminsgebühr angefallen sei. Jedenfalls könne eine solche außergerichtlich entstandene Terminsgebühr nicht festgesetzt werden, weil sich die für ihre Entstehung maßgeblichen Tatsachen nicht, wie der BGH (Beschl. v. 26.9.2002 - III ZB 22/02, FamRZ 2003, 88 [89] = NJW 2002, 3713) verlange, den Verfahrensakten entnehmen ließen. Müsse der Kostenbeamte im Streitfall Beweis über tatsächliche Vorgänge erheben, die sich außerhalb des gerichtlichen Verfahrens ereignet hätten, werde die Kostenfestsetzung erschwert und verliere ihren Charakter als Mittel zum zügigen Ausgleich von Verfahrenskosten.
[6] Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[7] 2. Der BGH hat nach Zulassung der Rechtsbeschwerde entschieden, dass eine durch außergerichtliche Verhandlungen entstandene Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren in Ansatz gebracht werden kann, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gebührentatbestandes unstreitig sind (BGH Beschl. v. 20.11.2006 - II ZB 6/06, FamRZ 2007, 464 f. = NJW-RR 2007, 286). Das gilt dann, wenn der Gegner sich selbst über solche Verhandlungen erklärt und damit die maßgeblichen Tatsachen im Wege eines Geständnisses (§ 288 ZPO) eingeräumt hat. Ebenso ist zu entscheiden, wenn der Gegner sich zu dem den Gebührentatbestand begründenden, ihm zur Stellungnahme überreichten Vortrag nicht erklärt und dieser daher gem. § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehen ist (BGH Beschl. v. 14.12.2006 - V ZB 11/06, NJW-RR 2007, 787).
[8] 3. Letzteres ist hier der Fall. Die Beklagte hat in Bezug auf die von dem Kläger begehrte Terminsgebühr lediglich geltend gemacht, eine solche sei im Berufungsverfahren nicht entstanden, weil das Rechtsmittel vor dem Verhandlungstermin zurückgenommen worden sei. Das behauptete Telefongespräch, bei dem ein Vergleich vorgeschlagen, aber nicht zustande gekommen sein soll, hat sie dagegen nicht in Abrede gestellt. Bei dieser Sachlage kann, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, die beantragte Terminsgebühr nicht wegen der Beweisbedürftigkeit ihrer tatbestandlichen Voraussetzungen unberücksichtigt bleiben.
[9] 4. Da es einer weiteren Sachverhaltsaufklärung nicht bedarf, kann der Senat in der Sache entscheiden und zugunsten des Klägers die geltend gemachte 1,2-fache Terminsgebühr i.H.v. 522 EUR festsetzen.
[10] Die Terminsgebühr entsteht gem. § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 3 Nr. 3202 VV durch die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Eine solche Besprechung hat stattgefunden, weil die Parteivertreter anlässlich einer - für das Entstehen der Terminsgebühr ausreichenden - fernmündlichen Unterredung (BGH Beschl. v. 3.7.2006 - II ZB 31/05, NJW-RR 2006, 1507) über den Abschluss eines Vergleichs verhandelt haben. Für den Anfall der Terminsgebühr ist es ohne Bedeutung, dass es tatsächlich nicht zu einer gütlichen Einigung gekommen ist (BGH Beschlüsse v. 20.11.2006 - II ZB 6/06, FamRZ 2007, 464 [465]; v. 14.12.2006 - V ZB 11/06, NJW-RR 2007, 787 [788]).
[11] Anhaltspunkte dafür, dass die Besprechung mit dem Klägervertreter nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Ansprüche der Beklagten diente und die Gebühr deshalb nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zu erstatten ist (vgl. hierzu BGH Beschl. v. 14.12.2006 - V ZB 11/06, NJW-RR 2007, 787 [788]), sind nicht ersichtlich.
Fundstellen