Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgeldbeschluss. Zustellung. Betroffenheit. Rubrum
Leitsatz (redaktionell)
Für die Frage, wer Betroffener eines Ordnungsgeldbeschlusses ist, kommt es nicht entscheidend auf das Rubrum, sondern auf den Tenor und die Entscheidungsgründe an, da ein solcher Beschluss auch gegen nicht im Rubrum genannte Parteien ergehen kann.
Normenkette
ZPO § 569 Abs. 1, § 141 Abs. 2-3, § 380 Abs. 1 S. 2, §§ 176, 97
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluß des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 10. Oktober 2002 (1 W 40/02) wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Der Ausgangsstreit vor dem Landgericht H. betrifft Vergütungsansprüche für die Lieferung von Lüftungsanlagen, Kältegeräten und Zubehör.
In einem Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. November 2001 hatte die Vorsitzende der Klägerin aufgegeben, eine neue Abrechnung ihrer Ansprüche vorzulegen. Nachdem diese eingereicht worden war, bestimmte die Vorsitzende Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 22. April 2002 und ordnete „das persönliche Erscheinen der Parteien” an. Auf Bitte des Beklagtenvertreters wurde der Termin später auf den 3. Juni 2002 verlegt.
Im Termin am 3. Juni 2002 erschien für die Beklagte lediglich deren Prozeßbevollmächtigter. Mit Beschluß vom 4. Juni 2002 setzte das Landgericht daraufhin „gegen den Geschäftsführer der Beklagten” ein Ordnungsgeld von 300,00 EUR fest, weil er unentschuldigt nicht zum Termin erschienen war. Dieser Beschluß wurde dem Geschäftsführer der Beklagten am 12. Juni 2002 zugestellt und den Prozeßbevollmächtigten der Parteien formlos bekanntgegeben. Beim Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ist er am 13. Juni 2002 eingegangen.
Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2002, der am gleichen Tag beim Landgericht eingegangen ist, hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten gegen den Ordnungsgeldbeschluß Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, mit der Begründung, der Geschäftsführer der Beklagten habe sein Ausbleiben nicht ausreichend entschuldigt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer, die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufzuheben und den Rechtsstreit zur Entscheidung in der Sache an das Beschwerdegericht zurückverweisen. Die Klägerin hat zu der Rechtsbeschwerde nicht Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die kraft Zulassung statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde gegen den Ordnungsmittelbeschluß im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen.
1. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde als zwar statthaft, aber als nicht fristgerecht eingelegt angesehen. Die Zweiwochenfrist des § 569 Abs. 1 ZPO habe mit der Zustellung des Beschlusses an den Beschwerdeführer, also am 12. Juni 2002, zu laufen begonnen, nicht erst mit der Bekanntgabe an den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten. Dies ergebe sich aus § 141 Abs. 2 ZPO und folge überdies aus § 380 Abs. 1 Satz 2 ZPO, auf den § 141 Abs. 3 ZPO Bezug nehme.
Dies hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.
2. Die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe sich nicht mit der Frage befaßt, wer Objekt eines Ordnungsgeldbeschlusses sei. Nach zutreffender Ansicht sei dies bei einer juristischen Person diese selbst, nicht hingegen ihr gesetzlicher Vertreter. Deshalb sei hier der Beschluß an die Beklagte zuzustellen gewesen, und zwar – wegen § 176 ZPO – an deren Prozeßbevollmächtigten. Die Beschwerdefrist habe folglich erst am 13. Juni 2002 zu laufen begonnen.
Dieser Rüge bleibt der Erfolg versagt.
a) Die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO hat mit der Zustellung an den Geschäftsführer der Beklagten zu laufen begonnen.
aa) Der angefochtene Ordnungsgeldbeschluß richtet sich nicht gegen die Beklagte, sondern (nur) gegen deren Geschäftsführer persönlich.
Dem steht nicht entgegen, daß der Geschäftsführer im Rubrum des Beschlusses nicht als Verfahrensbeteiligter, sondern nur als gesetzlicher Vertreter der Beklagten aufgeführt ist. Dem Entscheidungsrubrum kommt für die Frage, wer Betroffener eines Ordnungsgeldbeschlusses ist, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Im Entscheidungsrubrum sind grundsätzlich nur die Parteien, ihre gesetzlichen Vertreter und der Prozeßbevollmächtigte anzugeben (vgl. § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ein Ordnungsgeldbeschluß kann demgegenüber auch gegen andere Personen ergehen, zum Beispiel gegen Zeugen oder Sachverständige. Gegen wen sich der Beschluß richtet, ist deshalb nicht anhand des Rubrums, sondern anhand des Tenors und der Gründe zu ermitteln.
Sowohl im Tenor als auch in den Gründen des angefochtenen Beschlusses wird der Geschäftsführer der Beklagten als Betroffener genannt. Anhaltspunkte dafür, daß das Ordnungsgeld abweichend vom Wortlaut dennoch gegen die Beklagte verhängt werden sollte, sind nicht ersichtlich.
bb) Der Ordnungsgeldbeschluß war mithin an den Beschwerdeführer zuzustellen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Zustellung gemäß § 176 ZPO a.F. (seit 1. Juli 2002: § 172 Abs. 1 ZPO) an den Prozeßbevollmächtigten oder analog § 141 Abs. 2 ZPO an den Betroffenen persönlich zu erfolgen hatte. Ein Prozeßbevollmächtigter war hier nämlich nur für die Beklagte bestellt, nicht für den Beschwerdeführer. Eine Zustellung des Beschlusses an den Beklagtenvertreter hätte gegenüber dem Beschwerdeführer mithin keine Wirkungen gezeitigt.
cc) Ob der Beschwerdeführer der „richtige” Betroffene ist oder ob das Ordnungsgeld nur gegen die Beklagte hätte verhängt werden dürfen, kann der Senat in der gegebenen Verfahrenslage nicht überprüfen. Auf die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Fragen kommt es hier deshalb nicht an. Diese können nur dann Gegenstand einer inhaltlichen Überprüfung sein, wenn der Beschluß fristgerecht angefochten wurde. Daran fehlt es hier, so daß dahinstehen kann, ob die Beschwerde auch durch den Geschäftsführer der Beklagten selbst eingelegt worden ist.
b) Als Beschwerde der Beklagten erweist sich das Rechtsmittel auch nicht aus anderen Erwägungen als begründet; eine solche Beschwerde wäre unbeschadet der Frage der Verfristung ebenfalls nicht zulässig, weil die Beklagte durch den Ordnungsgeldbeschluß nicht beschwert ist. Der angefochtene Beschluß verpflichtet lediglich den Geschäftsführer der Beklagten zur Zahlung des Ordnungsgelds. Eine mögliche mittelbare Betroffenheit der Beklagten, etwa weil diese ihrem Geschäftsführer aufgrund dienstvertraglicher Regelungen zum Ersatz der entstandenen Aufwendungen verpflichtet ist, könnte eine ausreichende Beschwer nicht begründen.
3. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
Melullis, Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver, Asendorf
Fundstellen
Haufe-Index 921692 |
NJOZ 2003, 853 |