Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitverkündung gegenüber gerichtlichen Sachverständigen. Zustellung eines Steitverkündungsschriftsatzes
Leitsatz (amtlich)
Auch in Mietsachen ist die von einer Partei gegenüber einem gerichtlichen Sachverständigen erklärte Streitverkündung zur Vorbereitung von Haftungsansprüchen aufgrund im Rechtsstreit erbrachter, angeblich fehlerhafter Gutachterleistungen unzulässig; eine gleichwohl erfolgte Zustellung der Streitverkündungsschrift ist rechtswidrig (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 27.7.2006 - VII ZB 16/06, BGHReport 2006, 1497 = MDR 2007, 166 = NJW 2006, 3214).
Normenkette
BGB § 839a; ZPO §§ 72-73
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 03.05.2006; Aktenzeichen 311 T 19/06) |
AG Hamburg-Barmbek (Entscheidung vom 28.03.2006; Aktenzeichen 816 C 452/05) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 11, vom 3.5.2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.200 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
[1] Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung der Kläger in H. Sie minderten die Miete unter Berufung auf Mängel der Mietwohnung.
[2] Zur Feststellung der behaupteten Mängel haben die Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet. Das AG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt. Die Beklagten haben den gerichtlich bestellten Sachverständigen (im Folgenden: Streitverkündeter) aufgrund des Inhalts seines Gutachtens wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und ihm im Hinblick auf einen möglichen Regressanspruch aus § 839a BGB den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit beizutreten.
[3] Der Streitverkündete hat gegen die Zustellung der Streitverkündungsschrift beim AG "Beschwerde" eingelegt mit dem Antrag, festzustellen, dass die Streitverkündung unzulässig ist und dass die Zustellung der Streitverkündungsschrift rechtswidrig erfolgt ist. Das AG hat diese Anträge in dem inzwischen anhängig gewordenen Hauptverfahren, in dem die Kläger die Beklagten u.a. auf Zahlung rückständiger Miete in Anspruch nehmen, mit Beschluss vom 28.3.2006 abgelehnt. Auf die sofortige Beschwerde des Streitverkündeten hat das LG den Beschluss des AG abgeändert und die vom Streitverkündeten beantragten Feststellungen ausgesprochen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer vom LG zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
[4] Die gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
[5] 1. Das LG hat mit Recht angenommen, dass die von den Beklagten ggü. dem Sachverständigen erklärte Streitverkündung unzulässig ist und dass die Zustellung der Streitverkündungsschrift rechtswidrig erfolgt ist. Die Streitverkündung gegenüber einem gerichtlichen Sachverständigen zur Vorbereitung von Haftungsansprüchen gegen diesen aus angeblich fehlerhafter, im selben Rechtsstreit erbrachter Gutachterleistungen ist, wie der BGH nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, generell unzulässig; aus diesem Grund ist die Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes als rechtsmissbräuchlich zu verweigern (BGH, Beschl. v. 27.7.2006 - VII ZB 16/06, BGHReport 2006, 1497 = MDR 2007, 166 = NJW 2006, 3214 unter II 3b und c; vgl. auch bereits BGH, Urt. v. 12.1.2006 - VII ZR 207/04, MDR 2006, 887 = BGHReport 2006, 674 = BauR 2006, 716 unter II 1; OLG Koblenz, BauR 2006, 144; OLG München, IBR 2006, 239; OLG Celle, BauR 2006, 140; Böckermann, MDR 2002, 1348, 1350 f.).
[6] 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht unter dem prozessualen Gesichtspunkt begründet, dass die sofortige Beschwerde des Streitverkündeten gegen den Beschluss des AG vom 28.3.2006, wie die Rechtsbeschwerde meint, nicht statthaft gewesen wäre. Eine etwaige Unstatthaftigkeit der sofortigen Beschwerde des Streitverkündeten könnte der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil in einem solchen Fall auch die Rechtsbeschwerde selbst nicht statthaft wäre; deren Zulassung durch das Beschwerdegericht würde daran nichts ändern, so dass die Rechtsbeschwerde nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führen könnte (BGH, Beschl. v. 17.10.2005 - II ZB 4/05, BGHReport 2006, 113 = MDR 2006, 466 = NJW-RR 2006, 286, unter III 1 und 2 m.w.N.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die sofortige Beschwerde des Streitverkündeten statthaft war.
[7] 3. Die sofortige Beschwerde des Streitverkündeten war entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht verfristet. Maßgebend für den Lauf der Rechtsmittelfrist ist nicht, wie die Rechtsbeschwerde meint, der Zeitpunkt der Zustellung der Streitverkündungsschrift, sondern der Zeitpunkt der Zustellung des vom Streitverkündeten angefochtenen Beschlusses des AG, mit dem die Feststellungsanträge des Streitverkündeten abgelehnt worden sind. Dass insoweit die Frist gewahrt worden ist, zieht auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel.
Fundstellen
Haufe-Index 1692614 |
NJW 2007, 919 |
BGHR 2007, 415 |
BauR 2007, 767 |
EBE/BGH 2007 |
NZM 2007, 211 |
ZMR 2007, 264 |
MDR 2007, 733 |
WuM 2007, 142 |
GuT 2007, 32 |
MietRB 2007, 173 |
DS 2007, 112 |
IMR 2007, 100 |