Verfahrensgang
LG Bochum (Entscheidung vom 16.02.2024; Aktenzeichen I-7 T 20/24) |
AG Witten (Entscheidung vom 12.12.2023; Aktenzeichen 12a XIV 61/23 B) |
Tenor
Der Antrag des Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das beabsichtigte Rechtsbeschwerdeverfahren gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 16. Februar 2024 wird abgelehnt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Rz. 1
Der Betroffene, ein ägyptischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 2015 in das Bundesgebiet ein. Nach rechtskräftiger Ablehnung seines Asylbegehrens ist er vollziehbar ausreisepflichtig. Auf Antrag der beteiligten Behörde ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 14. November 2023 Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen bis einschließlich 11. Dezember 2023 an. Eine für diesen Tag geplante Abschiebung des Betroffenen per Linienflug mit Sicherheitsbegleitung scheiterte, da sich dieser weigerte, das Flugzeug zu betreten und der Pilot daraufhin die Beförderung ablehnte.
Rz. 2
Auf weiteren Antrag der beteiligten Behörde vom 11. Dezember 2023 hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 12. Dezember 2023 die Sicherungshaft bis einschließlich 12. März 2024 verlängert. Hiergegen hat der Betroffene - auch durch seine Person des Vertrauens - Beschwerde eingelegt. Auf Hinweis des Beschwerdegerichts hat die beteiligte Behörde ihre Ausführungen zum Haftantrag mit Schriftsatz vom 6. Februar 2024 ergänzt. Das Beschwerdegericht hat den Betroffenen daraufhin am 15. Februar 2024 erneut persönlich angehört. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. Februar 2024 hat es die Haftanordnung bis einschließlich 4. März 2024 aufrechterhalten. Ferner hat es festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 12. Dezember 2023 den Betroffenen bis zum 16. Februar 2024 in seinen Rechten verletzt hat.
Rz. 3
Mit der beabsichtigten Rechtsbeschwerde begehrt der Betroffene die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts, soweit darin die Haft aufrechterhalten wird, und die Feststellung, dass ihn die weitere Haft seit dem 16. Februar 2024 in seinen Rechten verletzt.
Rz. 4
I. Der Antrag des Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das beabsichtigte Rechtsbeschwerdeverfahren ist zulässig. Der Betroffene muss sich im Verfahrenskostenhilfeverfahren nicht durch einen am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, sondern kann den Antrag selbst oder - wie hier - durch seinen bisherigen Verfahrensbevollmächtigten stellen (vgl. § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, § 78 Abs. 3 ZPO).
Rz. 5
II. In der Sache hat der Antrag keinen Erfolg.
Rz. 6
1. Das Beschwerdegericht hat - soweit hier noch von Interesse - angenommen, der Haftanordnung liege nach den insbesondere mit Blick auf die Haftdauer ergänzten Angaben der beteiligten Behörde ein nunmehr zulässiger Haftantrag zugrunde. Die für die per Kleinchartermaßnahme durchzuführende Abschiebung notwendigen Bearbeitungsschritte würden im Einzelnen benannt, und ein Termin für die Abschiebung stehe fest. Der ursprünglich unzulässige Haftantrag sei in der Beschwerdeinstanz mit Wirkung für die Zukunft geheilt worden. Der Betroffene sei gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet. Es liege der Haftgrund Fluchtgefahr vor. Die angeordnete Haftdauer sei auch nicht nach § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG unzulässig. Zwar läge ausgehend von der erstmaligen Haftanordnung eine drei Monate übersteigende Haftdauer vor; diese habe der Betroffene aber zu vertreten, da die für den 11. Dezember 2023 geplante Abschiebung infolge seines Verhaltens gescheitert sei. Durchgreifende Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot lägen nicht vor.
Rz. 7
2. Die hiergegen beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg, § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist bei der gebotenen summarischen Prüfung zulässig, aber unbegründet. Das Beschwerdegericht hat die weitere Haftanordnung zutreffend ab dem 16. Februar 2024 als rechtmäßig angesehen.
Rz. 8
a) Der Haftanordnung liegt ein - zuletzt - zulässiger Haftantrag der beteiligten Behörde zugrunde.
Rz. 9
aa) Die Zulässigkeit des Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zur zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungs- oder Überstellungsvoraussetzungen, zur Erforderlichkeit der Haft, zur Durchführbarkeit der Abschiebung oder Überstellung und zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Diese Darlegungen dürfen zwar knapp gehalten sein; sie müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte ansprechen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, InfAuslR 2012, 25 Rn. 8; vom 12. November 2019 - XIII ZB 5/19, InfAuslR 2020, 165 Rn. 8; vom 14. Juli 2020 - XIII ZB 74/19, juris Rn. 7). Dazu müssen die Darlegungen auf den konkreten Fall bezogen sein und dürfen sich nicht in Leerformeln erschöpfen (st. Rspr. vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2011 - V ZB 311/10, FGPrax 2012, 82 Rn. 13; vom 20. April 2021 - XIII ZB 36/21, juris Rn. 6 mwN).
Rz. 10
bb) Diesen Anforderungen ist der Haftantrag der beteiligten Behörde vom 11. Dezember 2023 - wie auch das Beschwerdegericht gesehen hat - zwar nicht gerecht geworden. Dieser Mangel wurde jedoch geheilt, weil die Angaben im weiteren Lauf des Verfahrens im notwendigen Umfang ergänzt wurden. Der Betroffene wurde zu den ergänzenden Angaben persönlich angehört.
Rz. 11
(1) Mängel des Haftantrags können behoben werden, indem die Behörde von sich aus oder - wie hier - auf richterlichen Hinweis ihre Darlegungen ergänzt und dadurch die Lücken in ihrem Haftantrag schließt. In einem solchen Fall wird der Mangel des Haftantrags geheilt, wenn der Betroffene zu den ergänzenden Angaben persönlich angehört wird (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 12. Februar 2020 - XIII ZB 16/19, InfAuslR 2020, 241 Rn. 12; vom 23. März 2021 - XIII ZB 95/19, Asylmagazin 2021, 393 Rn. 11; vom 25. Oktober 2022 - XIII ZB 5/20, juris Rn. 14). So liegt es hier.
Rz. 12
(2) Die beteiligte Behörde hat auf die richterliche Anordnung vom 30. Januar 2024 in ihrer Stellungnahme vom 6. Februar 2024 mitgeteilt, dass eine Abschiebung mit Sicherheitsbegleitung der Bundespolizei auf Linienflügen aufgrund des Verhaltens des Betroffenen keinen Erfolg mehr verspreche. Die Organisation einer (Klein-)Chartermaßnahme sei ein hochkomplexer Prozess, bei der die Zusammenarbeit verschiedener Behörden (Bundespolizei, Zentralstelle für Flugabschiebungen (ZAB)) notwendig und zu organisieren sei. Sie hat sodann die einzelnen Aufgaben dieser Stellen - wenn auch allgemein - beschrieben und ausgeführt, es sei auch ein erheblicher organisatorischer Aufwand im Hintergrund nötig. Der vorgelagerte Planungsprozess nehme mindestens einen Zeitraum von einem Monat in Anspruch. Umsetzbar sei die Planung nur in einem weiteren Zeitraum von ein bis zwei Monaten, da auch der angefragte Anbieter der Fluggeräte, der Flughafen, die Bundespolizei und das medizinische Team laufend anderweitige Verpflichtungen hätten. Deshalb werde für solche Maßnahmen eine Vorlaufzeit von drei Monaten „kommuniziert“. Im konkreten Fall sei die Kleinchartermaßnahme für Ägypten für den 27. Februar 2024 terminiert, wobei die Planungen nach der Fluganmeldung vom 20. Dezember 2023 unmittelbar begonnen hätten. Das (vorhandene) Passersatzpapier werde beim nächsten Termin am 6. Februar 2024 durch die zuständige ZAB dem ägyptischen Konsulat zur Verlängerung vorgelegt.
Rz. 13
(3) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die beteiligte Behörde damit den ursprünglichen Mangel in ihrem Haftantrag mit Wirkung für die Zukunft geheilt hat. Die durchzuführenden Bearbeitungsschritte und die auf Erfahrungswerten beruhenden voraussichtlichen Zeitabläufe sind hinreichend konkret dargestellt. Damit liegt eine ausreichende Tatsachengrundlage für den Haftrichter vor. Entgegen der Auffassung des Betroffenen ist die Heilung von Mängeln im Haftantrag im laufenden Verfahren keiner zeitlichen Grenze unterworfen und konnte daher hier auch noch mehrere Wochen nach der Haftverlängerung vor dem Beschwerdegericht erfolgen. Die Begründung des Haftantrags kann nach § 417 Abs. 3 FamFG bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden und ist vom Beschwerdegericht nach den §§ 26, 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 136/11, InfAuslR 2011, 471 Rn. 8).
Rz. 14
b) Ohne Erfolg macht der Betroffene einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot mit der Erwägung geltend, dass die erneute Fluganmeldung nach Scheitern der ersten Maßnahme am 11. Dezember 2023 verspätet am 20. Dezember 2023 begonnen worden sei und ihre Durchführung zu lange gedauert habe.
Rz. 15
aa) Das Beschleunigungsgebot bei Freiheitsentziehungen verlangt, dass die Behörde die Abschiebung oder Überstellung ohne vermeidbare Verzögerung betreibt und die Dauer der Sicherungshaft auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt wird. Es schließt allerdings einen organisatorischen Spielraum der Behörde bei der Umsetzung der Abschiebung nicht aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Oktober 2010 - V ZB 56/10, juris Rn. 13; vom 23. Februar 2021 - XIII ZB 52/19, juris Rn. 10; vom 28. Februar 2023 - XIII ZB 68/21, juris Rn. 11). Ein Verstoß gegen dieses Gebot führt dazu, dass die Haft aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht weiter aufrechterhalten werden darf (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2010 - V ZB 205/09, juris Rn. 16; vom 11. Juli 2019 - V ZB 28/18, juris Rn. 7; vom 24. Juni 2020 - XIII ZB 9/19, juris Rn. 12).
Rz. 16
Das Beschleunigungsgebot ist allerdings nicht schon dann verletzt, wenn einzelne von zahlreichen erforderlichen Bearbeitungsschritten nicht sofort erfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2023 - XIII ZB 68/21, juris Rn. 14). Angesichts der Vielzahl der von der beteiligten Behörde und den in Zusammenarbeit mit ihr tätigen Behörden zu betreibenden Vorgänge erscheint nachvollziehbar, dass nicht jeder Einzelschritt sofort erfolgen kann. Maßgeblich ist vielmehr, ob der zeitliche Rahmen insgesamt der gebotenen Beschleunigung entspricht. Es reicht im Hinblick auf den der Behörde zustehenden organisatorischen Spielraum aus, wenn die Beschaffung der Passersatzpapiere und die Durchführung der Abschiebung - wie hier - so vorangetrieben wird, dass es nicht zu unnötigen Verzögerungen kommt (BGH, Beschluss vom 28. Februar 2023 - XIII ZB 68/21, juris Rn. 14 mwN).
Rz. 17
bb) Das Beschwerdegericht hat hierzu ausgeführt, der Haftbeschluss sei erst am späten Nachmittag des 12. Dezember 2023, einem Dienstag, erlassen worden. Die Fluganmeldung sei sodann innerhalb der nächsten sechs Werktage erfolgt. Die Abstimmungen bezüglich Flugzeug und Flughafen könnten zwar unter gewöhnlichen Bedingungen bei Charterflügen innerhalb einiger Tage erledigt werden; bei dem hier vorgesehenen Kleincharter handele es sich aber um eine besondere behördliche Maßnahme mit speziellen Sicherheitsvorkehrungen, die damit nicht zu vergleichen sei.
Rz. 18
cc) Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden. Aus der Ausländerakte erschließt sich, dass die Ausländerbehörde in der Zeit zwischen der Anordnung der Haftverlängerung und der Fluganmeldung nicht untätig war. Am 13. Dezember 2023 wurde die Rücksendung des Passersatzpapiers (nachfolgend: PEP) veranlasst, damit nach Vorlage neuer Flugdaten ein neues PEP beantragt werden konnte. Am 14. Dezember 2023, einem Donnerstag, wurde das PEP zurückgeschickt; am 20. Dezember wurde schließlich um Eingangsbestätigung des PEP gebeten und die Fluganmeldung veranlasst.
Rz. 19
c) Zutreffend hat das Beschwerdegericht auch angenommen, dass die Haftanordnung nicht wegen Verstoßes gegen die nach § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG zulässige Haftdauer aufzuheben war.
Rz. 20
aa) Die Vorschrift des § 62 AufenthG sieht im Hinblick auf die zulässige Haftdauer eine abgestufte Regelung vor. § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG bestimmt, dass die Sicherungshaft unzulässig ist, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann. Eine über diesen Zeitraum hinausgehende Haftanordnung bis zu sechs Monaten ist zulässig, wenn die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden kann (§ 62 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 1 AufenthG). Das war hier der Fall.
Rz. 21
bb) Der Betroffene befand sich seit dem 14. November 2023 in Haft. Eine Gesamthaftzeit von drei Monaten wird damit seit dem 14. Februar 2024 zwar überschritten; das Beschwerdegericht hat jedoch frei von Rechtsfehlern angenommen, dass die Überschreitung der Drei-Monats-Frist vom Betroffenen zu vertreten war. Der ursprünglich für den 11. Dezember 2023 vorgesehene Abschiebetermin scheiterte - trotz Sicherheitsbegleitung - an seinem Verhalten beim Betreten des Flugzeugs und der daraufhin verweigerten Mitnahme durch den Piloten. Dies führte dazu, dass ein erneuter Abschiebungstermin als besonders gesicherte Maßnahme mit erheblichem Organisationsaufwand vorzubereiten war. Diese Bewertung des Beschwerdegerichts stellt der Betroffene auch nicht in Frage.
Rz. 22
d) Nicht durchzudringen vermag der Betroffene ferner mit dem Einwand, das Beschwerdegericht habe das Beschleunigungsgebot verletzt, da sich von der Einlegung seines Rechtsmittels (10. Januar 2024) bis zur Entscheidung hierüber (16. Februar 2024) das Verfahren über 38 Tage hingezogen habe, obschon dieses weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht schwierig gewesen sei, was schon dadurch belegt werde, dass das Beschwerdegericht die Sache auf den Einzelrichter übertragen konnte.
Rz. 23
aa) Auf diesen Einwand kommt es schon deshalb nicht an, weil auch bei einer schnelleren Sachbehandlung durch das Beschwerdegericht keine andere Entscheidung in der Sache ergangen wäre. Dass die Haftverlängerung durch das Amtsgericht bis zum 16. Februar 2024 nicht rechtmäßig war, hat das Beschwerdegericht festgestellt. Mehr konnte der Betroffene im Blick auf die zwischenzeitliche Behebung der Mängel und wegen der Rechtmäßigkeit der angeordneten Haftdauer nicht erreichen.
Rz. 24
bb) Im Übrigen liegt eine Verletzung des Beschleunigungsgebots durch das Beschwerdegericht weder nach Art. 19 Abs. 4 GG noch nach Art. 5 Abs. 4 EMRK vor. Das vorliegende Verfahren war aufwändig und arbeitsintensiv. Entgegen der Ansicht des Betroffenen ändert daran die Übertragung des Beschwerdeverfahrens auf den Einzelrichter, die für den Senat bei der Beurteilung der Schwierigkeit und des Umfangs des Verfahrens ohnehin nicht bindend ist, nichts. Die Übertragung setzt zwar gemäß § 68 Abs. 4 FamFG i.V.m. § 526 Abs. 1 Nr. 2 ZPO voraus, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist; dieser Maßstab bezieht sich jedoch nicht auf den zeitlichen Aufwand, den das Verfahren erfordert. Maßgeblich ist hier, dass sich durch parallele Rechtsmittel, Akteneinsichtsgesuche, die Anzeige der Vertrauensperson des Betroffenen und den gestellten Haftaufhebungsantrag der Verfahrensstoff schon für das Amtsgericht erheblich erweitert hat. Zu den eingereichten Schriftsätzen musste anderen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Beschwerdegericht das Verfahren durch umfangreiche richterliche Hinweise gefördert hat. Auch hatte das Beschwerdegericht aufzuklären, dass nach dem Vortrag der Vertrauensperson der Betroffene seinem Verfahrensbevollmächtigten möglicherweise das Mandat entzogen hatte. Diese - aus der Sphäre des Betroffenen - stammenden Umstände führten zu einem unvermeidbaren Zeitverzug im gerichtlichen Verfahrensgang. Das Beschwerdegericht konnte auch nicht nach Lage der Akten entscheiden, sondern hatte den Betroffenen zu den Ergänzungen erneut persönlich anzuhören. Eine sachwidrige Verzögerung lässt sich somit im Ergebnis nicht feststellen.
Rz. 25
3. Es stellen sich auch keine zweifelhaften Rechts- oder Tatsachenfragen, die unter dem Gesichtspunkt der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auch ohne Erfolgsaussicht im engeren Sinne gebieten würden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 16; BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2020 - 1 BvR 631/19, FamRZ 2020, 1559 Rn. 18 mwN).
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