Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsbefugnis des Streitgenossen auf Aufhebung der Aussetzung des Verfahrens
Leitsatz (redaktionell)
Eine analoge Anwendung von § 85 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. § 239 Abs. 2 ZPO auf Streitgenossen der insolventen Partei ist nicht gerechtfertigt.
Normenkette
InsO § 85 Abs. 1 S. 2; ZPO § 239 Abs. 2
Gründe
I.
Der Senat weist darauf hin, dass er dem Antrag der Klägerin zu 2) v. 24.4.2003, die Aussetzung des Verfahrens hinsichtlich der Klägerin zu 2) aufzuheben, auch unter Berücksichtigung des behaupteten Ausscheidens der Klägerin zu 1) aus der ARGE und der für diese abgegebenen Erledigungserklärung nach dem derzeitigen Verfahrensstand nicht zu entsprechen vermag.
1. Nach der Rechtsprechung des Senats bilden die Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Kläger eine notwendige Streitgenossenschaft aus bürgerlich-rechtlichen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO). Einen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Anspruch können sie deshalb nur gemeinsam geltend machen; eine in Bezug auf einzelne klagende Gesellschafter ergehende Entscheidung ist unzulässig (BGH, Urt. v. 20.12.1962 - VII ZR 264/60, WM 1963, 728). Der Senat musste daher nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin zu 1) das Verfahren insgesamt aussetzen.
2. Der Grund für die Aussetzung besteht fort. Die Beklagten haben den Insolvenzverwalter der Klägerin zu 1) zur Aufnahme aufgefordert, aber bisher nicht den Antrag nach § 85 Abs. 1 S. 2 InsO i. V. m. § 239 Abs. 2 ZPO gestellt. Die Klägerin zu 2) gehört nach dem Wortlaut von § 85 Abs. 1 S. 2 InsO, § 239 Abs. 2 ZPO nicht zu den Antragsberechtigten. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Vorschriften im Wege der Analogie ist wegen der abweichenden Interessenlage nicht gerechtfertigt. Der Gegner der einen Aktivprozess führenden insolventen Partei ist ohne seinen Willen in den Prozess gezwungen worden und soll daher eine Möglichkeit erhalten, diesen - schon zur Erlangung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs - zu beenden. In dieser Lage ist der Streitgenosse der insolventen Partei nicht; er hat sich freiwillig auf das Verfahren eingelassen.
3. Das von der Klägerin zu 2) unter Hinweis auf den ARGE-Vertrag behauptete Ausscheiden der Klägerin zu 1) aus der Gesellschaft ändert an deren Stellung als notwendiger Streitgenossin nichts. Im Fall eines zur Anwachsung führenden Ausscheidens greift nach der Rechtsprechung des BGH § 265 Abs. 2 ZPO mit der Folge ein, dass das Prozessrechtsverhältnis unverändert erhalten bleibt (BGH, Urt. v. 15.10.1999 - V ZR 141/98, MDR 2000, 46 = NJW 2000, 291). Es bedarf daher trotz der nach der Behauptung der Klägerin zu 2) veränderten materiell-rechtlichen Lage prozessual weiterhin einer Entscheidung im Verhältnis zu der Klägerin zu 1). Die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht damit auch weiterhin.
4. Der Senat sieht die für die Klägerin zu 1) abgegebene Erledigungserklärung unabhängig von der im Schreiben der Beklagten v. 18.7.2003 aufgeworfenen Frage einer wirksamen Vertretung nicht als wirksam an. Da eine Erledigungserklärung eine Verfügung über den prozessualen Anspruch darstellt, kann sie nicht ohne Aufnahme des Verfahrens abgegeben werden; zu einer solchen ist der Gemeinschuldner aber nur befugt, wenn der Insolvenzverwalter die Aufnahme ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten (§ 85 Abs. 2 InsO) ablehnt. Dazu verhält sich der Antrag v. 24.4.2003 nicht.
II.
Eine Fortsetzung des Verfahrens dürfte hiernach nur nach einer Verfahrensaufnahme durch den Insolvenzverwalter oder für die Beklagten unter den Voraussetzungen des § 85 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 InsO, für die Klägern zu 1) nach § 85 Abs. 2 InsO möglich sein. Die Parteien erhalten die Möglichkeit, dazu bis 1.9.2003 vorzutragen.
Fundstellen
Haufe-Index 1050026 |
BauR 2003, 1617 |
BauR 2003, 1758 |
IBR 2003, 580 |
ZfIR 2004, 703 |
ZfBR 2003, 766 |
BrBp 2004, 40 |
BauRB 2003, 203 |